Jerry Cotton - Folge 2942: Das letzte Level ist der Tod (German Edition)
zuschlenderten.
Ich konnte ihm nur beipflichten.
»Da weiß jemand ganz genau, dass das Geld auch in Zukunft fließen wird. Sonst hätte er sich den Umbau nicht so viel kosten lassen.«
Die gläsernen Türen standen sperrangelweit offen. Kein Pförtner, keine Rezeption, keine Einlasskontrolle. Hier schienen Gäste jederzeit willkommen zu sein.
Wir traten ein und standen in einem riesigen Raum, der in seinen Ausmaßen an das Innere einer Kathedrale erinnerte. Die Grundfläche schätzte ich auf gut 300 Quadratmeter, dazu kamen mehrere schwebende Zwischenebenen, die über Treppen und teilweise Strickleitern zu erreichen waren. Alle waren zum Innenraum hin offen, in dem von der Decke herab ein gigantischer Ventilator hing, dessen Flügel sich träge im Kreis drehten.
Ein junges Mädchen, das in einer blau-weiß gestreiften Hängematte in der Nähe des Eingangs schaukelte, bemerkte uns, schälte sich aus ihrer bequemen Lage und kam freundlich lächelnd auf uns zu. In der Hand hielt sie lässig ein Tablet, über das die bunte Grafik eines Computerspiels flimmerte.
»Hi. Kann ich Ihnen helfen?«
Wir zeigten ihr unsere Dienstmarken.
»Ich bin Special Agent Cotton, das ist mein Kollege Special Agent Decker. Wir würden gerne mit Matt Crown sprechen.«
Das Mädchen schüttelte lachend ihr feuerrotes Haar.
»Da sind Sie nicht die Einzigen. Aber ich muss Sie leider enttäuschen, ich habe keine Ahnung, wo er sich im Moment aufhält.«
»Er hat doch sicher eine Handynummer?«, forschte Phil weiter.
»Die hat er bestimmt, nur ich habe sie nicht«, erwiderte der Rotschopf und balancierte das Tablet in der rechten Hand. »Matt hat eine Geheimnummer, die nur einem handverlesenen Kreis von Eingeweihten bekannt ist.«
Phil sah mich mit einem Blick an, der so viel bedeutete wie: Hab ich es dir nicht gesagt?
»Wenn wir nicht mit dem Chef der Firma sprechen können, wer kann uns denn sonst ein paar Dinge über X-Games erzählen, die wir wissen müssen?«
»Am besten reden Sie mit meinem Bruder. Er ist der Creative Manager und so was wie Matts Stellvertreter.«
Sie drehte sich um und rief: »Colin! Kommst du mal? Hier sind zwei Typen, die mit dir sprechen wollen!«
Ein junger, hochgewachsener Mann mit schulterlangen, fettigen Haaren und einer schwarzen Nickelbrille löste sich von einem Flipper, an dem er mit drei anderen gerade eine Runde spielte, und schlenderte gemächlich auf uns zu.
»Was gibt’s, Cyn?«, wandte er sich an seine Schwester.
Sie deutete mit einem Kopfnicken in unsere Richtung.
»Das sind zwei Agents vom FBI. Sie wollen mit dir über die Firma sprechen.«
Der Nerd musterte uns skeptisch.
»Wir ermitteln im Mordfall Hu Dong«, erklärte ich. »In dem Zusammenhang hätten wir uns gerne einmal mit Matt Crown unterhalten. Da das offenbar nicht möglich ist, können Sie uns vielleicht weiterhelfen.«
»Na schön, kommen Sie.«
Er führte uns zu einer kleinen Sitzgruppe mitten im Raum. Eigentlich handelte es sich nur um drei alte, zerschlissene Ledersessel, die zufällig herumstanden. Von der Decke hing ein 60-Zoll-Plasma-Fernseher, über den die stummen Bilder einer Löschaktion der Feuerwehr flimmerten. Die Überreste eines abgebrannten Hauses waren zu erkennen, dazwischen wurden kurze Interviews mit aufgewühlten Nachbarn geschnitten. Offenbar handelte es sich um Aufnahmen von dem mysteriösen Anschlag auf Long Island von letzter Nacht.
»Krasse Sache«, kommentierte unser Gesprächspartner knapp.
Dem war nichts hinzuzufügen.
Er machte es sich in einem der Sessel bequem und blickte kurz zu zwei jungen Frauen hinüber, die auf einer Zwischenebene ein Tischtennismatch absolvierten. Sie nahmen keinerlei Notiz von uns.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Vielleicht indem Sie uns zuerst mal Ihren Namen verraten«, begann Phil.
»Sorry. Ich heiße Colin Hicks. Das eben war meine Schwester Cynthia. – Und Ihre Namen?«
»Ich bin Phil Decker, das ist mein Kollege Jerry Cotton.«
»Alles klar. Was wollen Sie wissen?«
»Kannten Sie Hu Dong persönlich?«, übernahm ich.
»Natürlich. Die Szene der Spieleentwickler ist nicht besonders groß. Man trifft sich auf Messen, auf Präsentationen. Aber der Kontakt war nicht besonders intensiv.«
»Wie intensiv?«
»Man sagt Hallo und Tschüss, tauscht vielleicht noch seine Meinung über ein neues Spiel aus, das war’s. Schließlich waren wir Konkurrenten, also war ein Austausch über die eigene Arbeit tabu.«
Plötzlich dröhnten MG-Salven durch den Raum,
Weitere Kostenlose Bücher