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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Horizont – und seine nahezu kontinentalen Kriege, die von Europa und Nordafrika bis in den Irak und an den Indischen Ozean, von den Toren Wiens bis nach Bagdad reichten. In Jerusalem betätigte er sich so erfolgreich, dass die Altstadt ihm heute mehr zu verdanken hat als jedem anderen: Die uralt wirkenden Mauern prägen das Stadtbild für viele ebenso stark wie der Felsendom, die Westmauer und die Grabeskirche – dabei sind sie wie auch die meisten Stadttore das Werk dieses Zeitgenossen Heinrichs VIII. und dienten zugleich der Befestigung der Stadt und seinem eigenen Ansehen. Der Sultan erweiterte die Zitadelle um eine Moschee, einen Eingang und einen Turm, baute ein Aquädukt und neun Brunnen – drei auf dem Tempelberg – für die Trinkwasserversorgung der Stadt und ersetzte schließlich die abgenutzten Mosaiken des Felsendoms durch glasierte Kacheln mit Lilien- und Lotusmotiven in Türkis, Kobaltblau, Weiß und Gelb, die ihn noch heute zieren. [171]
    In der Nähe der Bauprojekte ihres Mannes schuf Roxelana gern wohltätige Stiftungen, so nutzte sie einen Mameluckenpalast für ihre Stiftung al-Imara al-Amira al-Khasaki al-Sultan, auch der Blühende Bau genannt, der eine Moschee, eine Bäckerei, eine Herberge mit 55 Zimmern und eine Suppenküche für die Armen umfasste. So eigneten die beiden sich den Tempelberg und Jerusalem an.
    Süleyman, der sogenannte zweite Salomo und König der Welt, beschloss 1553, Jerusalem zu inspizieren, aber seine weitreichenden Kriege verhinderten diese Reise. So bekam der Mann, der die Stadt grundlegend veränderte, die Ergebnisse seines Wirkens wie vor ihm schon Konstantin nie zu sehen. Süleymans Bauvorhaben waren ein imperiales Projekt, das er sicher aus der Ferne überwachte. Während die Stadtmauern unter der Aufsicht des Vizekönigs von Syrien wuchsen, inspizierte Süleymans Hofarchitekt Sinan den Fortschritt der Arbeiten vermutlich auf seiner Heimreise aus Mekka: Tausende Arbeiter waren im Einsatz, Steinbrüche lieferten neue Steine, alte nahm man aus den Ruinen von Kirchen und herodianischen Palästen und verband Wälle und Tore sorgfältig mit den herodianischen und omaijadischen Mauern um den Tempelberg. Da für die neue Verkleidung des Felsendoms 450 000 Kacheln benötigt wurden, errichteten Süleymans Männer eigens für diesen Zweck eine Kachelfabrik neben der al-Aqsa-Moschee; einige der beauftragten Handwerker und Baumeister bauten sich herrschaftliche Häuser und blieben in der Stadt. Der ortsansässige Architekt gründete eine Erbdynastie von Architekten, die in den folgenden zweihundert Jahren vorherrschte. Die Stadt muss vom ungewohnten Hämmern der Steinmetze und dem Geklingel von Geld widergehallt haben. Die Einwohnerzahl verdreifachte sich auf 16 000 und die Zahl der Juden auf 2000, da ständig neue Flüchtlinge aus dem Westen kamen. Es war eine große, leidvolle Wanderung von Juden im Gange, und manche dieser Neuankömmlinge waren unmittelbar an Süleymans Bauvorhaben beteiligt. [129]

32
    Mystiker und Messiasse
    1550 – 1705
    Der jüdische Herzog des Sultans: Protestanten, Franziskaner und die Klagemauer
    Süleyman finanzierte sein umgestaltetes Jerusalem mit den Steuereinnahmen aus Ägypten, und für die Verwaltung dieser Einkünfte war Abraham de Castro zuständig, der Leiter des Münzamtes und Steuerpächter, der seine Loyalität unter Beweis gestellt hatte, als er den Sultan vor einer geplanten Rebellion des syrischen Vizekönigs gewarnt hatte. Wie sein Name bereits vermuten lässt, war Castro ein jüdischer Flüchtling aus Portugal, allerdings spielte er nicht annähernd eine so bedeutende Rolle wie der superreiche portugiesische Jude, der Süleymans Berater und letztlich Beschützer von Palästina und Jerusalem wurde.
    Die jüdische Migration stellte das letzte Kapitel der Religionskriege dar. Am 2. Januar 1492 hatten König Ferdinand von Aragon und Sizilien und seine Frau, Königin Isabella von Kastilien, Granada erobert, das letzte islamische Fürstentum auf dem europäischen Festland. Nach diesem Triumph feierten die Monarchen voller Selbstbewusstsein ihren erfolgreichen Kreuzzug mit zwei für die Weltgeschichte folgenreichen Entscheidungen. Als Erstes ließen sie einen weißhaarigen Außenseiter und Sohn eines Genueser Wirtshausbesitzers namens Christobal Kolon kommen, der sich seit Jahren bemühte, ihre Unterstützung für die Suche nach einem Seeweg über den Atlantik nach Indien und China zu gewinnen. Dieser Seeweg nach Indien war einer seiner

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