Jerusalem
ihrer priesterlichen Vasallen schilderten. Nachdem fast alle Fürsten, nach langen Verhandlungen und mit kostbaren Geschenken überhäuft, ihre Lehenseide auf den Basileus abgelegt und Konstantinopel verlassen hatten, lautete sein Befehl, sie nach Antiochia zu führen und zusammen mit General Tatikios an ihrer Seite zu kämpfen; sie belagerten Nikaia auf eine Art, die ihre Unfähigkeit bestätigte, sich klug miteinander zu verständigen. Ihr erwählter Anführer Gottfried V. von Niederlothringen und seine beiden Brüder waren nicht in der Lage, so viele Männer mit harter Hand zu führen.
Gottfried, um die vierzig, hochgewachsen, mit langem, strähnigem, flachsgelbem Haar und ebensolchem Bart, hielt seinen schweren Schimmel an. Langsam ging ihm Butumites entgegen. Eustachius III. von Boulogne, der Ältere der Brüder, war Gottfrieds Aufruf nur widerwillig gefolgt; Balduin, der Jüngere, eine Handbreit größer als Gottfried, auffallend weißhäutig, mit wildem schwarzem Haar und Bart, schien das Gegenteil Gottfrieds zu sein. Butumites kannte ihn als hochfahrend, kalt, wollüstig und keineswegs fromm; seltsam war, dass ihn seine Gattin und ihre kleinen Kinder begleiteten.
Butumites winkte die Pferdeknechte zu den Reitern, verbeugte sich tief und begrüßte die Franken mit wenigen Worten in ihrer Sprache. Dann richtete er das Wort an den Dolmetscher, der in wohlgesetzten Worten zu reden begann.
»Basileus Alexios, Ihr Herren, bittet Euch durch mich, bei einem Becher Wein beieinanderzusitzen und zu bereden, wie die Stadt schnell und ohne Verluste zu berennen ist.«
»Danke, Heerführer«, antwortete Herzog Gottfried, packte Butumites' Handgelenk mit festem Griff und schüttelte es heftig. Der Franke roch nach Pferdeschweiß und ungewaschener Kleidung; übel riechender Atem entfuhr seinem Mund. »Es gibt viel zu besprechen. Was wisst Ihr über den Sultan und sein Heer?«
»Weniger, als mir lieb ist«, sagte der General. »Ihr habt ihn in die Flucht geschlagen. Später, wenn alle Eure Fürsten friedlich an meinem Tisch sitzen, reden wir darüber.«
Butumites grüßte das Gefolge des Herzogs und nickte dem Mundschenk zu. Die Franken wurden einzeln ins Zelt geleitet und bewirtet. Der General hasste es, Fragen beantworten zu müssen, auf die er nicht vorbereitet war. Er kannte kein Erbarmen seinen Untergebenen gegenüber, wenn sie ihn stotternd mit unvollständigen Berichten und Nachrichten belästigten. Jeden wichtigen Fürsten des Frankenheeres, ungefähr drei Dutzend Männer, glaubte er bis ins innerste Mark zu kennen. Einige von ihnen verachtete er, andere hasste er. Lange genug hatten er und seine Zuträger die Fremden beobachtet. Er wusste mehr über sie, als sie ahnten, aber er war klug genug, zu erkennen, dass es da in seinem Wissen große Lücken gab. Diese Fremden waren ihm, anders als viele andere große Krieger, fremd geblieben.
Während die Männer um Gottfried die Becher hoben, sprengte Bohemund von Tarent heran. Der Nächste, der anscheinend vom Teufel besessen ist, dachte der General. Sein Lächeln hinter dem tiefschwarz gefärbten Bart blieb unbewegt. Bohemund sah aus wie ein bleicher Riese aus einem Land, in dem kaum jemals die Sonne schien; der italienische Normanne, Sohn Robert Guiscards, war weißhäutig und fast so weißhaarig wie Manuel Butumites' bester Späher Berenger. Sein weizenfarbenes Haar, von einer goldenen Spange zusammengefasst, hing bis zwischen seine Schulterblätter; alle Anwesenden überragte er um mehr als eine Elle. Er strahlte die ungezügelte Kraft eines großen Wildtieres aus; seine Schultern waren breiter als der Bug seines Schlachtrosses. Muskeln spannten sich unter dem Wappenrock; der Ausdruck seines Gesichts versprach jedem Gegner Niederlage und schnellen Tod.
Er sprang aus dem Sattel, als müsse er mit gezogenem Schwert zwischen einem Dutzend Angreifern wüten. Seine Kraft schien größer zu sein als die dreier Männer. Seine wasserhellen Augen blitzten, als er mit langen Schritten auf den Gastgeber losstürmte und den Arm grüßend nach vorn stieß.
»Mein Pferd war schneller als der Gaul Raimunds!«, rief er. Auch der ranzige Geruch seines riesigen Körpers mischte sich mit dem Balsamduft, den Butumites verströmte. »Vetter Tancred ist dicht hinter mir.«
»Wir haben keine Eile, Herr Bohemund.« Der General deutete ins Innere des Zelts. Die Knechte schlugen eine Seitenwand in die Höhe und knoteten die Seile an Baumstämme. Goldschillernde Fliegen summten auf.
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