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Jerusalem

Titel: Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Fürsten in so langen Abständen von Konstantinopel nach Nikaia gezogen waren, hatte ihn verärgert. Es war nicht Feigheit, das sie so handeln ließ, sondern verletzter Stolz und Eifersucht aufeinander. Der General setzte sich, stützte die Arme schwer auf die Platte und blickte in Gottfrieds bartumrahmtes Gesicht.
    »Wenn die Seldschuken der Garnison erfahren, dass wir einen Sturmangriff durchführen, werden sie sich vielleicht ergeben«, führte er aus. »Wenn nicht der Sultan vom Süden her wieder angreift. Auch wenn es den Anschein haben mag, sind innerhalb der Mauern nicht so viele heidnische Krieger, dass sie uns lange widerstehen könnten.«
    »Die meisten Bewohner der Stadt sind romanische Christen, keine Ungläubigen, nicht wahr? Sie haben Kreuze und Kirchen in der Stadt?«, sagte Adhemar und verschränkte die Finger.
    Butumites' Blicke glitten über die Hände der Fürsten an den Bechern. Die Finger, ausnahmslos kräftig und derb, trugen zersplitterte, schmutzige Nägel; auf verstörende Weise glichen sie dem Ausdruck der Gesichter vieler Ritter, deren kleine Wunden entzündet waren und denen manche Zähne fehlten. Butumites betrachtete stirnrunzelnd seine gepflegten Finger und die glänzenden Nägel. Als Einzige trugen er und Adhemar wertvolle Ringe. Abermals nickte der General bedachtsam.
    »Sie waren einst treue Untertanen des Basileus, und wenn Nikaia eingenommen ist, werden sie es wieder sein. Ihr werdet mir zustimmen, edle Herren, dass es sinnlos und verlustreich wäre, Euer Leben für alte Mauern zu opfern, die Ihr auf dem Weg nach Jerusalem ohnehin verlassen müsst.«
    »Und die Schätze des Sultans in der Stadt?«, rief Tancred. »Die vielen Sarazenen? Die Weiber der Emire?«
    »Das wird sich zeigen«, antwortete Butumites. »Wie ich schon sagte, die Emire und ihre Soldaten sind nicht so zahlreich, wie Ihr befürchtet. Die Gefallenen unter den Verteidigern hat bislang keiner gezählt, ebenso wenig wie die unter dem christlichen Heer, die auf dem Weg hierher und unter den Mauern von Nikaia gestorben sind.«
    »Das ist Gottes Wille und daher nicht zu ändern«, warf Bischof Adhemar streitlustig ein. Der Kaplan von Aguilers nickte emsig. »Wenn erst einmal der Hauptturm gefallen ist, ändert sich alles.«
    »Wann rechnet Ihr mit diesem gottgefälligen Zusammenbruch?«, erkundigte sich Butumites unbewegten Gesichts.
    »Morgen noch. Vor Anbruch der Nacht. Oder einen Tag später.«
    »Wenn dies gelingt«, sagte der General und versuchte kaiserliche Bedeutung in seine Stimme zu legen, »könnten wir in die Stadt eindringen. Die Seldschuken werden es eilig haben, sich zu ergeben.«
    »Seid Ihr dessen sicher, General Butumites?«
    Die Mauern Nikaias waren fünf Jahrhunderte alt; Kaiser Justinian hatte sie auftürmen lassen. Butumites zweifelte daran, dass der Einsturz eines einzigen Turms die Verteidiger in Furcht und Schrecken versetzen würde. Was Nikaia anging, so hatte der Basileus andere Pläne.
    »Ich habe Boten geschickt. Wir verhandeln mit den Emiren in der Stadt. Ihr wisst, dass der Basileus befohlen hat, Boote und Schiffe zum See zu schaffen. In einigen Tagen ankern sie in der Lagune und können das Seetor sperren. Kampferfahrene Waräger und petschenegische Söldner werden an Bord sein.« Butumites machte eine Pause. Seine Mundschenke füllten die Becher mit kühlem, gemischtem Wein. »Der andere General meines Kaisers, Tatikios, trifft mit zweitausend Bewaffneten hier ein, um uns zu helfen. Alexios hat ihm befohlen, in Eurer Nähe zu lagern, Bischof Adhemar.«
    »Dort schuften meine Männer an den Fundamenten des Gonates-Turms.«
    »Tatikios wird Euch dabei helfen«, meinte Butumides.
    »Wann sind wir so weit?«, rief Bohemund. Er schien den Sturm und das Gemetzel nicht abwarten zu können.
    »Ich schlage vor, in acht Tagen. Am 19. Tag des Johannismonds. So sollten wir es beschließen«, sagte der General rasch. »An mir und Tatikios soll's nicht liegen. Mit Gottes Hilfe werden wir es vollbringen.«
    Längst hatte er Spione hinter den Mauern. Von den Stadtbewohnern wusste er, welche Schätze der Sultan in seinem Palast hortete. Er hatte das Einverständnis des Basileus, die Fürsten an der Beute reich zu beteiligen, aber dieses Versprechen würde er erst nach den Verhandlungen machen - und er dachte daran, es zu halten, selbst dem hitzköpfigen Tancred gegenüber.
 
    Während die Heerführer berieten, ging die Belagerung weiter. Aus den Wäldern wurden Bäume herangeschleppt, und die Belagerer

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