Jerusalem
Ritter auf Schimmeln, mit weißen Flaggen, erschienen sei, die ihnen halfen - Sankt Georg, Sankt Demetrius und Sankt Mercurius.
Zuerst wandte sich Duqaq von Damaskus mit seinen Truppen zur Flucht. Die Pfeilwolken der muslimischen Reiter, vor denen sich die fränkischen Krieger fürchteten, waren nicht abgeschossen worden. In nackter Furcht ließ Kerboga das Gras vor seinem Heer anzünden. Die Heerhaufen der Franken wichen im Rauch und vor den prasselnden Flammen nach rechts und links aus. Der Ortoqide Soqman und der Emir von Homs versuchten, die Fliehenden aufzuhalten, aber unaufhaltsam drangen die Franken vor. Sie schwangen sich in die Sättel erbeuteter Muslimpferde und kämpften trotz der Pfeilschüsse mit rücksichtsloser Wut. Der Brand erlosch an der Grenze zum Morast und an den Bachufern.
Zuletzt wandte sich Kerboga zur Flucht. Die Christen gehorchten dem Ratschlag des heiligen Andreas, ließen das Plündern des Lagers sein und verfolgten die Muslime bis hinter die Eiserne Brücke. Normannische Bogen und Pfeile hielten furchtbare Ernte unter den berittenen Kriegern Kerbogas. Die Umgebung der Stadt hatte sich in ein Schlachtfeld verwandelt, das von den Leichen der Fliehenden bedeckt war. Eine Truppe, die in Tancreds Burg Schutz suchte, wurde bis zum letzten Mann erschlagen. Diejenigen, die dem Gemetzel entkommen waren, liefen auf dem offenen Land Armeniern und Syrern in die Hände. Kerboga indes gelang die Flucht nach Mosul.
Der Befehlshaber in der Zitadelle ergab sich Raimund, der ihm freien Abzug zusicherte. Als aber Raimunds Fahne auf der Festung aufgepflanzt werden sollte, weigerte sich Achmed ibn Merwan. Erst als Bohemunds Fahne herangeschafft war - mit ihm hatte Merwan einen Pakt geschlossen -, öffneten sich die Tore.
Die christlichen Fürsten hatten dank des Wunders der Heiligen Lanze endgültig gesiegt. Die Beute in dem riesigen verlassenen Lager war unermesslich. Von einer Stunde zur anderen war die Hungersnot zu Ende.
Bischof Adhemar beschloss, Hugo von Vermandois zu Basileus Alexios zu entsenden, dessen Heer, wie es allgemein hieß, von Philomelion aufgebrochen war, um den Christen zu helfen. Einem Priester, der in Rüstung und Waffen den Fürsten begleitete, gab Rutgar zwei Briefe an den Erzbischof zu Köln und einen an Odo in Cluny mit und hoffte, sie würden nicht verloren gehen.
Die Kundschafter des Tatikios hatten während der Verfolgungsritte Dutzende herrenloser Pferde eingefangen und diese danach zu den Ställen in der Stadt gebracht. Rutgar und ein Teil seiner Leute sattelten die Pferde ab, tränkten und striegelten sie und trieben sie auf die Weide. Chersala und einige der Männer wurden als Wachen abgestellt; die anderen suchten im muslimischen Lager Proviant und Vorräte zusammen und schleppten sie mit der Hilfe einer Gruppe Tafuren in ihre Unterkünfte.
Zwei Tage später stieß Thybold zu Rutgars Truppe. Nun blieb ihnen nur noch, auf Berenger oder einen anderen Befehlshaber von General Tatikios zu warten.
Kapitel XXVIII
A.D. 1098, A NFANG DES H EUMONDS (J ULI )
I M L AND UM A NTIOCHIA
»Nun aber genießt das, was ihr erbeutet habt, auf erlaubte und gute Weise und fürchtet Allah, denn Allah ist verzeihend und barmherzig.«
(Al-Qur'ān, 8. Sure [»Die Beute«], Vers 70)
Unter allen Fürsten, Bischöfen, Prälaten, Priestern und Pilgern, Knechten und Wundergläubigen herrschte die Ansicht, dass an den Fortgang der bewaffneten Pilgerfahrt nach Jerusalem in den nächsten Monden nicht zu denken war, noch weniger an eine Belagerung der Heiligen Stadt. Nur Stunden schienen verstrichen zu sein, als der Streit zwischen den Fürsten, der in der furchtbaren Not nur geschwelt hatte, aus dunkler Glut zu hellem Feuer aufflammte.
Jean-Rutgar, Chersala und Thybold lebten, umgeben von ungefähr dreihundert Kundschaftern, ruhig in den Häusern, die muslimischen Würdenträgern gehört hatten. Die Truppe des Basileus brauchte weder Bohemund noch dem Bischof von Le Puy zu gehorchen, obwohl sie seit Anbeginn an vielen Kampfhandlungen und jeder Art von Angriff und Verteidigung teilgenommen hatten; einundzwanzig Männer waren dabei gefallen. Zu Beginn des Heumonds hatte sich das Land rundum zwar in kräftiges, wucherndes Grün verfärbt, sodass alle Tiere tags und nachts weiden konnten, aber Bohemund und die anderen stritten sich und kämpften um die Herrschaft. Die sechs oder sieben Heeresteile ruhten sich aus und begannen sich an das Leben in Ruhe und Wohlsein zu gewöhnen.
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