Jerusalem
Ritter.«
»Streitbar sind sie, in der Tat«, antwortete der Kaiser. »Zu streitbar und wenig zuchtvoll. Deine waffenlosen, viel zu vielen Pilgerkrieger sollten auf das Heer der Fürsten warten, Peter Einsiedel.«
»Nicht lange, Eure kaiserliche Majestät«, antwortete Peter ehrerbietig, aber mit fester Stimme. »Wir sind entschlossen, für freie Straßen nach Jerusalem zu kämpfen - wenn Eure stolzen Schiffe uns nach Asien übersetzen.«
Kaiser Alexios dachte lange nach, nickte dann schwer und sagte mit feinem Spott, der Peter aber völlig entging:
»Ich habe wenig Vertrauen zu bedauernswerten, kampfungewohnten dreißigtausend Bauern, Frauen, Alten, Kindern und Kranken.«
Er ließ eine Pause eintreten und beobachtete die Mienen der Umstehenden. Sie pflichteten seinen Worten nickend, schweigend und mit lebhaften Gesten in aller Deutlichkeit bei. Er musterte den Eremiten, hob dann den Kopf und blickte zum Vorhof.
»Als Anführer frommer Pilger aber vertraue ich dir. Wie lange willst du dein furchterregendes Heer rasten lassen?«
»Vier, fünf Tage reichen.« Peter nahm Alexios Worte für die Wirklichkeit; der Kaiser erkannte sicherlich mit der Erfahrung seiner Jahre als Krieger und Feldherr, dass er einen wahrhaft Glaubenden vor sich hatte, mit dem Gemüt und dem granitharten Gottvertrauen eines störrischen Kindes. Peters Blicke glitten über die leuchtenden Mosaiken unter seinen Sohlen und über die Bilder an den Wandflächen zwischen den hochstrebenden Säulen. »Oder bis die Heere unseres Papstes vor Euren Mauern lagern. Wenn uns Eure kaiserliche Güte den kurzen Aufenthalt erlaubt.«
»Wir erlauben es. Wir geben dir ein wenig Geld und etliche nützliche Geschenke, und wir sorgen für euren Proviant - auf dieser und auf jener Seite des Meeres. Man zahle ihm zweihundert Hyperpyrone, ein paar Krüge Tetarterone und einige Säckchen Trachis aus! In Nikomedia und Civetot werdet ihr auf das Heer warten, das Papst Urban zusammengerufen hat! Das ist Unser kaiserlicher Befehl!«
Peter dem Einsiedler, dem die Augen von der Pracht der Räume und vom Glanz des Bodens flimmern mussten, entgingen viele Bilder und deren Bedeutung; es war zu viel der strahlenden, nie gesehenen Schönheit, dachte Rutgar. Peter entging auch eine junge, dunkelhaarige Frau in ebenso kostbarem Gewand wie der Kaiser, die seinen Worten lauschte und ihn, jede seiner Bewegungen, mit großen Augen beobachtete. Sie schien, ohne auf das Pergament zu blicken, des Kaisers Worte mitzuschreiben. War sie etwa Irene Dukas, Alexios' junge Gemahlin?
»In der kurzen Wartezeit«, sagte der Kaiser, und seine Gesten bedeuteten, dass die Stunde der Gnade für Peter zu Ende ging, »sollt ihr die Schönheit unserer großen, alten Stadt kennenlernen. Drei Dutzend von euch und einige meiner Söldner, die eure Fragen beantworten werden, dürfen durch die Straßen wandern und unsere wunderbaren Bauwerke und die Hinterlassenschaften meiner Vorfahren bewundern.« Er erhob sich halb von seinem gepolsterten Sitz und wedelte mit der ringgeschmückten Hand. »Wenn die Flotte bereit ist, werden euch die Schiffe aufnehmen. Euch und das kleine Heer, das vor euch gekommen ist und das Graf Walter Habenichts anführt. Sage ihm, Peter von Amiens, dass ich erwarte, dass er und seine Ritter sich zügeln; der Basileus duldet nicht den geringsten Übergriff.«
»Er wird tun, was ich ihm sage«, antwortete Peter mit selbstsicherem Lächeln. »Denn er weiß so gut wie jeder Heerführer, dass mir Gottfried der Vierte, der Herzog von Niederlothringen, dazu den Befehl gab.« Er unterdrückte mit beiden Händen ein gewaltiges Rülpsen, das sich aus seinem Inneren den Weg zur Kehle hinaufkämpfte, verneigte sich und schlug langsam das Kreuzzeichen. Als er sich zurückzog, starrten ihn die Umstehenden wie eine dreiköpfige Seltsamkeit an; der Basileus redete leise mit einem seiner Würdenträger.
Die junge Frau, vielleicht war sie auch jene Prinzessin Anna, Tochter von Alexios, lächelte unergründlich, nicht anders als eine erfahrene Palastschönheit. Sie stand auf und verließ, von drei hünenhaften Wächtern begleitet, den Thronsaal. Neben Jean-Rutgar blieb sie stehen und sah einige Atemzüge lang zu, wie er Buchstaben aufs Pergament malte.
»Was schreibst du?«, fragte sie leise. Er blickte auf, als ihr Schatten auf sein Pergament fiel.
»Nicht mehr, als ich sehe und verstehen kann«, antwortete er und lächelte unsicher. Sie setzte sich neben ihn und tauchte die Hand in das ruhige
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