Jerusalem
erreichten die Reiter und die hinterherrennenden Ritterknechte die Dörfer. Sie drangen in die friedlichen Siedlungen ein, ohne auf bewaffneten Widerstand zu stoßen. Einigen Bewohnern gelang es, sich in die Kirchen zu flüchten und die Glocken in den Türmen zu läuten. Auch als das Geläut über die Felder hallte, wussten die Bewohner der weiter entfernt liegenden Weiler nicht, dass sie von christlichen Pilgern überfallen wurden. Der Rauch der ersten brennenden Dächer quoll vor dem Bild der Stadt in die heiße Luft.
Die wehrlosen Siedler waren den Franken ausgeliefert. Die Ritter stürzten in den Häusern das Unterste zuoberst, erschlugen die Männer, zerbrachen Truhen und Krüge, zerrten Frauen und Mädchen aus den Türen und überließen sie den Fußkämpfern; schnell waren sie gefesselt und auf dem Kirchplatz zusammengetrieben.
In den schönsten Häusern, in den Trümmern der Verwüstung, schlugen die Franken ihr Lager auf. Die Ritter zwangen die Bewohner, ihre Weinfässer heranzurollen und die Krüge zu öffnen. Wer nicht gehorchte, starb unter Schwerthieben. Über der Glut briet das Fleisch der geschlachteten Rinder. Mit Pfeilen schossen die betrunkenen Franken nach den Hühnern, es stank nach schmorenden Schaffellen und dem Federvieh, das im Feuer verbrannte.
Die Betrunkenen zwangen die Frauen der Bauern, sich ihnen hinzugeben. Aus den Häusern drangen Grölen, Geschrei und Klirren; die Eroberer hatten Musikinstrumente gefunden und suchten nach Christen, die spielen und singen konnten. Bis spät in die Nacht, während die erbeuteten Herden nach Civetot getrieben wurden, zechten die Ritter und schändeten die Bauersfrauern und ihre Töchter, sangen schauerlich und laut zur Musik ihrer Gefangenen, löschten aufflackernde Brände mit Wasser, Wein und Urin und stolperten lachend aus den Häusern, wenn die Flammen um sich griffen und Dächer aufloderten.
Betrunken, satt und überheblich, die Taschen voller Beute, schliefen die Ritter in den Betten und auf den Strohlagern der Überfallenen. Niemand wagte es, sich ihnen entgegenzustellen. Nachts gelang einigen der geschundenen Frauen und Töchtern die Flucht; sie zerstreuten sich und versuchten, die Stadttore Nikaias zu erreichen.
Zwei, drei Tage lang wüteten die Franken; die Herren Grafen trieben es am schlimmsten. Zwei Dutzend Häuser brannten bis zum Boden nieder, die aufgedunsenen Leichen der Erschlagenen begannen zu stinken. Wenn die türkische Besatzung der Stadt oder streifende Seldschuken-Reiter die Gräuel sahen oder von Flüchtlingen davon erfuhren, so unternahmen sie nichts, um die Franken zu vertreiben - die Zahl der Angreifer war zu groß.
Nacheinander räumten sie die Dörfer und ließen sie ausgeplündert, verwüstet, halb verbrannt und voller Leichen und tödlich Verwundeter zurück; die schönsten weiblichen Gefangenen wurden gezwungen, ihnen zu folgen. Auf dem Weg zurück nach Civetot verließen manche Ritter den Zug, zerrten ihre schluchzende Beute ins Gebüsch und vergewaltigten sie. Über dem Weg von den Dörfern zum Meeresufer schwebte der Ruch von Verzweiflung und dem Zorn eines Gottes, der sein Antlitz abgewandt hatte.
Seit einigen Stunden versuchte Rutgar abseits der Straße, wo vor einem Tag das Fußvolk der Franken seine vielköpfigen Beuteherden geräuschvoll vorbeigetrieben hatten, den richtigen Pfad durch die Felsen, die Eichenwirrnis und das Gebüsch zu finden. Als er auf der jenseitigen Seite des Tales in gleicher Höhe mit der Straße war, hörte er das Lärmen der zurückkehrenden gräflichen Reiterei.
Er drängte den Rappen in den Schutz hinter moosüberwucherte Baumstämme, vergewisserte sich, dass kein Sonnenstrahl sich auf einem Stück Metall seiner Ausrüstung spiegelte, und beruhigte das Pferd. Seine Satteltaschen waren prall gefüllt; er hatte gelernt, nur das Wichtigste zum Überleben mit sich zu führen, was aber jede scheinbar unbedeutende Kleinigkeit einschloss. Wein und Wasser gluckerten in gefüllten Ziegenbälgen hinter seinem Sattel.
Er wartete unruhig, während das dumpf dröhnende Poltern von Hunderten Pferdehufen lauter wurde und den Boden erschütterte. Dann sah er die ersten Reiter zwischen den Krüppeleichen hervorkommen. Er wünschte sie alle in die tiefsten Feuer der Hölle. Sie ritten hintereinander, manche drängten sich auf dem schmalen Weg paarweise zusammen, und er erkannte Gottfried Burel und Fulk von Orléans an den Bildern auf den Schilden.
Dahinter kauerten andere Ritter in den
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