Jerusalem
neben den Hals des Pferdes, den Schwertarm schräg hinter sich ausgestreckt, die Augen knapp über dem Schildrand. Sein Pferd war schwerer und größer als die Tiere seiner Gegner, und da er früher angeritten war, auch schneller. Er galoppierte auf die Schwertkämpfer zu, beobachtete aus dem Augenwinkel aber auch den Bogenschützen, der sich, sein Ziel im Auge, langsam im Sattel drehte. Die Schwerter hoch über den Spitzen der Helme, drangen die Türken auf ihn ein. Sie waren offenbar sicher, dass er zwischen ihnen durchzubrechen versuchte. Kurz vor dem Zusammenprall lenkte er den Rappen nach rechts, ließ den Angreifer rechter Hand an sich vorbeigaloppieren und stieß in vollem Galopp mit dem anderen Türken zusammen.
Er duckte sich, riss den Schild in die Höhe und schlug mit voller Wucht, mit halber Körperdrehung, mit dem Schwert zu. Der Pfeil schlug mit trockenem Krachen in den Schild. Als Rutgar den Schild nach rechts herumschwenkte, traf die Spitze des gegnerischen Schwerts dessen Rand. Rutgars Schlag prellte den Schild des Türken an dessen Körper, rutschte über die metallenen Buckel und traf den Krieger zwei Handbreit unter der Halsgrube quer über die Brust. Von der Wucht des Schlags, den Rutgar bis in seinen Rücken hinein spürte, wurde der Türke aus dem Sattel gerissen. Sein Oberkörper schlug auf die Kruppe des Pferdes, das Krummschwert wirbelte schräg in die Luft, und der nächste Galoppsprung des Pferdes hebelte den Türken aus dem Sattel. Er schlug in voller Länge, obwohl er sich in der Luft schreiend zusammenkrümmte, mitten in die Felsen neben dem Pfad. Sein Schrei riss jäh ab.
Rutgar ritt in die linke Abzweigung der Pfade hinein, zügelte das Pferd und wendete. Er galoppierte zurück und griff mit ungezügelter Kraft an. Ihm war, als habe ein unhörbarer Sturm in seinem Inneren eine schäumende Woge aufgetürmt, die sich über ihm und den türkischen Reitern brach; das Tier zwischen seinen Schenkeln bewegte sich, als spüre es die Entschlossenheit seines Reiters. Neben seinem rechten Ohr zischte ein Pfeil vorbei. Der zweite Schwertkämpfer versperrte ihm, sein schäumendes Pferd quer über dem Pfad zügelnd, den Weg. Der Bogenschütze setzte den nächsten Pfeil auf die Sehne. Rutgar polterte heran, das Schwert tief neben dem Pferdebauch fest im Griff, alle Muskeln gespannt und die Klinge des anderen beobachtend.
Er ritt mit seiner ungeschützten Seite an den Schwertarm des Türken heran, schützte seinen Kopf mit dem Schild und riss das Schwert in einem Halbkreis nach vorn und nach oben. Beide Waffen klirrten in Schulterhöhe gegeneinander. Aus den Schneiden schienen Funken zu stieben. Jeden Augenblick konnte Rutgar der nächste Pfeil des Bogenschützen treffen, aber der Schütze zögerte, um nicht seinen Mitkämpfer zu treffen. Als die Waffe des Türken mit schauerlichem Klirren zur Seite geprellt war, stand Rutgars Pferd mit eingestemmten Vorderfüßen. Rutgars Schwert beschrieb eine Art Halbkreis, so schnell, dass er die Klinge selbst nicht sah, und traf den Türken im Nacken. In einer Blutfontäne kippte der Türke aus dem Sattel und wurde von seinem Pferd drei, vier Mannslängen weit mitgezerrt, ehe das Tier mit bebenden Flanken stehen blieb; der Zügel hatte sich um das Handgelenk des Toten gewickelt.
Wieder sauste ein Pfeil dicht an Rutgars Ohr vorbei. Aber als er sich, viel zu spät, aus der Bahn des Geschosses werfen wollte, sah er, dass der Pfeil unter dem Kinn des türkischen Bogenschützen steckte und der Krieger mit verwundertem Gesichtsausdruck aus dem Sattel kippte. Sein Mund war aufgerissen, sein Schrei erstarb in der zerfetzten Kehle.
Rutgar zog am Zügel und drehte sich herum. Zwischen zwei Büschen saß Berenger im Sattel seines Rappen, hielt mit der Linken den Bogen über den Kopf und vollführte mit dem rechten Arm eine seltsame Geste; gleichermaßen Anerkennung und Überheblichkeit.
»Gut gekämpft, Provençale!«, rief er. »Drei sind zu viele für einen! Wir treffen uns bald wieder.«
»Warte ...!« Berenger beachtete Rutgars Ruf nicht. Er ritt zum Pferd des ersten Toten, einem dunklen Schecken, griff nach dem Zügel und trabte auf dem linken Pfad davon. Nach fünf Atemzügen war er außer Sicht.
»Was tun?«, murmelte Rutgar, klopfte den Hals seines Pferdes, und zum ersten Mal wusste er mit Sicherheit, dass er zufällig ein Tier gekauft hatte, das ein erfahrener Ritter, allerdings auf rücksichtslose Art, als Schlachtross zugeritten hatte. Er lauschte,
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