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Jessica

Jessica

Titel: Jessica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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gehört das große Haus gegenüber dem Arzt, und er wohnt ganz alleine dort. Man sagt, er habe das Haus für eine Frau gebaut, die ihm das Herz gebrochen hat.«
    Vom gebrochenen Herzen einmal abgesehen - das war etwas, was jedem passieren konnte -, passte es, dass Gage aus einer guten Familie stammte. Er war an Privilegien gewöhnt und auch daran, Leute zu vernichten, die ihm im Weg standen, wie es bei Michael gewesen war. Hatte sie dasselbe nicht immer wieder bei Mr. Covington und seinen Freunden gesehen? Jessicas Wut erwachte erneut, und sie ließ sie bewusst nicht verebben, denn sonst wäre sie in Melancholie und Verzweiflung versunken.
    »Und?«, drängte sie, obwohl sie wusste, dass Alma ohnehin weitersprechen würde, ob man sie nun fragte oder nicht.
    »Du könntest es schlechter treffen«, fuhr Alma rundheraus fort. Wenn sie ihren Standpunkt erst einmal klargemacht hatte, war sie nicht zu stoppen. »Als mit Gage Calloway, meine ich.«
    Jessica legte eine Hand auf die Brust. »Gütiger Himmel, Alma«, rief sie aus, hielt die Stimme aber wegen der Babys gesenkt. »Ich kenne den Mann doc h kaum.« Aber was ich weiß, reicht. Almas Gesicht verriet ihr, dass sie nicht überzeugt war. »Außerdem hat er nicht im Mindesten zu erkennen gegeben, dass er mir den Hof oder sogar einen Antrag machen will. Das ist dir doch wohl nicht entgangen.«
    »Unsinn. Es ist doch ganz kl ar, dass er dich mag. Hat er nicht gestern die Kuh gemolken und heute das Holz gehackt?«
    Jessica verlor allmählich die Geduld. »Um Himmels willen, Alma, er wollte nur freundlich sein.« Gage Calloway konnte tausend Jahre lang Kühe melken und Holz hacken, aber das würde nicht wieder gutmachen, was er Michael angetan hatte.
    »Jeder Mann in dieser Stadt ist freundlich«, er klär te Alma. In diesem Augenblick fingen die Babys nacheinander an, sich über ihre leeren Mägen und vollen Windeln zu be kl agen. »Aber von ihnen war keiner hier, um dir seine Hilfe anzubieten, oder?«
    Er will die Zeitung haben, sagte sich Jessica innerlich, denn sie spürte, dass sie angesichts Almas Argumenten ein wenig schwach wurde. »Mach bitte die Fläschchen fertig«, sagte sie, als die Babys lauter weinten, »den Rest erledige ich selbst.«
    In der nächsten Stunde waren sie mit Kinderpflege beschäftigt, aber nachdem die Babys ihr Bäuerchen gemacht hatten und gebadet und gewickelt waren, wollten sie weiterschlafen. Jetzt konnte Jessica sich nicht weiter ablenken. Sie legte einen Sc h al um und stieg die Treppe hinunter in die Räume der Zeitung.
    Hier war es staubig und bitterkalt, aber das Büro erweckte immer noch den Eindruck, als sei Michael nur zu einer kurzen Erledigung hinausgegangen. Seine tintenbeschmierte Schürze hing an einem Haken an der Wand, wo er sie zuletzt hingehängt hatte. Bleibuchstaben und seine Brille lagen auf dem Schreibtisch.
    Jessica blinzelte und fuhr mit den Fingerspitzen leicht über die glatten Metallbüchstaben, den Rest von der letzten Ausgabe der Springwater Gazette, geschrieben und veröffentlicht von Michael Barnes. Sie brauchte eine Weile, um die Schlagzeile entziffern zu können, denn sie musste rückwärts lesen; und danach hätte sie am liebsten geweint.
    CALLOWAY: DER MANN, DER SPRINGWATER EROBERT. Jessica drehte die Seite um und las den Artikel, in dem Michael die Bürger warnte, sich nicht von Calloways freundlichem Wesen hinters Licht führen zu lassen. Er sei, so Michael, ein Wolf im Schafspelz, und das Amt des Bürgermeisters bedeute für ihn nur den ersten Schritt in einem Plan, der ihn in das Büro des Gouverneurs der Gegend bringen sollte.
    Jessica runzelte die Stirn. Gage Calloway hatte politischen Ehrgeiz, der über Springwater hinausging. Hatte er Michael nur aus dem Geschäft drängen wollen, um eine unbequeme Stimme zum Schweigen zu bringen und Artikel wie diesen zu verhindern?
    Wieder rief sich Jessica ins Bewusstsein, dass Calloway hoffte, sie überreden zu können, ihm die Gazette zu verkaufen, auch wenn sie das klar abgelehnt hatte. Eine Zeitung würde ihm auch in so einem dünn besiedelten Gebiet viel Einfluss geben, denn die Leute neigten dazu, das zu glauben, was sie lasen, nur weil es schwarz auf weiß gedruckt dastand. Sie musste gut aufpassen, dass sie sich nicht von seinem Charme einwickeln ließ.
    Jessica seufzte. Sie hatte keinen blassen Schimmer, wie die alte Maschine funktionierte, die Michael so viel bedeutet hatte, aber sie war klug und würde es mit der Zeit schon herausfinden. Jessica

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