Jessica
Herd in die Wanne geleert hatte, verschwand sie nach unten. Jessica, die sich durch das Essen gestärkt fühlte, half ihr und trug dampfende Kessel zur Wanne.
Schließlich war das Bad bereit. Ein Handtuch und ein Stück Seife mit Fliederduft lagen bereit. Jessica schraubte die Lampe hinunter, zog sich aus und stieg in die Wanne, wo sie sich mit einem zufriedenen Seufzer in das warme Wasser gleiten ließ. In diesem behaglichen Zustand erschien ihr der Tag, der vor ihr lag, nicht mehr ganz so bedrohlich. Sie wusste, dass sie vielleicht nicht gerade großen Erfolg haben würde, war sich aber sicher, dass sie zumindest zurechtkommen würde. Sie würde sich und den Kindern ein angenehmes Leben bereiten — unabhängig von der Tatsache, dass sie nicht wusste wie.
Sie würde über Michaels Feind triumphieren. Ihr Bruder, dachte sie, würde stolz auf sie sein.
In der Tür des bescheidenen Büros der Gazette stand Emma Hargreave, die gerade aus der Schule gekommen war. Sie war ein schönes Mädchen, fünfzehn J ahre alt oder sechzehn, sc hätzte Jessica, und ihre leb endige Art zeigte sich in ihren dunklen Augen und dem ausdrucksvollen Gesicht, in dem jede Regung abzulesen war.
»Ich bin gekommen, um Ihnen beim Druck der Zeitung zu helfen«, verkündete das Mädchen, zog den Mantel aus und griff nach der Schürze. Sie schien gar nicht auf die Idee zu kommen, dass Jessica ihr Angebot vielleicht zurückweisen könnte.
Jessica hatte keinen Grund, das Unausweichliche hinauszuzöge rn , aber sie sprach behutsam, denn das Mädchen gefiel ihr, und sie wollte es nicht entmutigen. »Es tut mir leid«, sagte Jessica, »aber ich fürchte, ich kann mir im Moment keine Hilfe leisten.«
Emma strahlte sie unbeeindruckt an. »Oh, Sie brauchen mich nicht zu bezahlen«, erwiderte sie fröhlich. »Mein Vater hat Anteile an einer Silbermine, deshalb habe ich genug Geld. Ich möchte nur helfen, die Artikel zu schreiben und die Maschine zu bedienen und so...«
Jessica brauchte einen Moment, um dieses Angebot ganz zu verstehen. Das Mädchen war sicher nicht unwissender als sie selbst, also würden sie beide zusammen es vielleicht schaffen, tatsächlich eine Zeitung zu drucken, Anzeigen zu verkaufen und dem Geschäft zu einem Erfolg zu verhelfen.
Emma wartete eine Antwort nicht ab, sondern beugte sich bereits über die Maschine, wo sich das Papier verfangen hatte. Jessica war mit dieser Sache noch nicht weitergekommen.
»Ich glaube, dieses kleine Teil hier hat sich verklemmt«, sagte Emma und steckte einen Finger in das Teil mit den vielen, verwirrenden Hebeln. Ein metallisches Klicken ertönte, und dann richtete Emma sich strahlend wieder auf. »Das dürfte es gewesen sein, denke ich. Darf ich die Kurbel bedienen?«
Jessica bedeutete ihr mit einer Geste fortzufahren und empfand plötzlich Hoffnung, Skepsis und auch ein wenig Ärger.
Ein schrilles Geräusch ertönte, und dann begann die Maschine damit, einen Abdruck der Seite, die Michael noch selber ges etzt hatte, auf Papier zu brin gen.
Jessica ergriff die Seite und sah sie mit entzückter Belustigung an. »Wie hast du das gemacht?«
Emma zuckte bescheiden die Achseln. »Ich bin oft hier gewesen und habe zugesehen, wie Mr. Barnes die Zeitung gedruckt hat. Er hat einmal eines meiner Gedichte veröffentlicht - eines über einen Wolf.«
Jessica streckte eine tintenbefleckte Hand aus. »Du bist engagiert«, sagte sie.
Am Ende der Woche traf Almas Mann ein, um sie abzuholen. Alma strahlte bei der Aussicht, nach Hause zu kommen, vor Glück, auch wenn sie weinte, als sie von den Babys Abschied nahm.
»Oh, sie sind wahrscheinlich erwachsene Frauen, ehe ich sie wiedersehe«, schniefte sie und kletterte in den Wagen hinein.
»Aber Alma, nun hör aber auf!«, schalt Peter freundlich. Er war ein großer, etwas massiver Mann, der früher sicher gut ausgesehen hatte und seine Frau sichtlich liebte.
»Ich komme mit ihnen zu dir, um dich zu besuchen«, versprach Jessica, die keine Ahnung hatte, wie sie das schaffen sollte. »Ich schwöre es dir «
Alma nahm sie beim Wort, und schon bald war sie verschwunden.
Jessica schaffte es nicht, gleich den ersten Nachmittag alleine zu sein, und so zog sie ihr bestes Nachmittagskleid an, steckte sich d i e Haare hoch und machte sich auf, um den versprochenen Besuch bei Junebug McCaffrey in der Springwater Station zu machen. Da sie die Zwillinge mitnahm, war das ein ziemlich aufwändiges Unternehmen. Mit zwei dick eingepackten Bündeln im Arm
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