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Jessica

Jessica

Titel: Jessica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Träume und Liza war das nur ein schwacher Trost.
    Aus den Augenwinkeln sah er Jessicas strahlendes Gesicht. Wenn sie schon seine Gesellschaft nicht genoss, so doch ganz sicher die der anderen, und er wusste, dass sie sich in Springwater schon bald ganz zu Hause fühlen würde. Schon bald würde sie die geliebte Frau irgendeines Mannes hier sein.
    Der Gedanke hinterließ ein schales Gefühl in ihm.
    Jacob saß auf dem Bock und hielt die Zügel locker in der Hand, und als er einmal zurücksah, lächelte er Gage und Jessica aus seinen dunklen Augen an, auch wenn er nichts sagte.
    Als sie den Teich erreichten, wurden die Babys von einer Gruppe schwatzender Frauen mitgenommen. Jetzt, wo Gage die Arme wieder freihatte, konnte er sie dazu benutzen, um Jessica um die schmale Taille zu fassen und ihr vom Schlitten zu helfen — sie wog nicht viel mehr als ein Reisekoffer. Jessica machte ein überraschtes Gesicht, aber er gab ihr keine Gelegenheit zu einem Kommentar. Er ergriff einfach nur ihren Arm und führte sie zu dem großen, flackernden Lagerfeuer, das Toby und die Kildare-Jungen schon vorher errichtet hatten.
    Dabei fragte er sich die ganze Zeit, was zum Teufel er da eigentlich machte. Jessica hatte es deutlich genug gemacht, dass sie ihn nicht mochte, und er forderte den Ärger praktisch heraus, wenn er jetzt bei ihr blieb. Das Entmutigende war, dass er anscheinend nicht anders konnte. Es war, als würde die Geschichte sich wiederholen: Er verliebte sich schon wieder in eine Frau, die ihn lieber brennen sah als die Flamme auszuspucken.
     
    »Das ist Rachel Hargreaves«, stellte Junebug vor und zupfte Jessica am Mantel, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken. Jessica wandte sich um und sah sich einer schmalen, dunkelhaarigen Frau gegenüber, die sie freundlich anlächelte. »Rachel, das ist Jessica Barnes, Michaels Schwester.«
    Es gab ein kurzes, respektvolles Schweigen bei der Erwähnung von Michael, aber dann ging die Unterhaltung zu Jessicas großer Erleichterung weiter.
    »Das ist Savannah Parrish«, fuhr Junebug fort und zeigte auf eine sehr schöne Frau mit rotgoldenen Haaren. Neben ihr stand ein kleines Mädchen auf winzigen Schlittschuhen und klammerte sich an den Rock der Mutter. Das Kind war entzückend, sah aus wie eine Puppe und war ganz und gar in dunkelblauem Samt gekleidet.
    Das also war die Frau, die Eleanor und Mary Catherine hatte adoptieren wollen. Jessica verspürte einen Stich, denn es war klar, dass Mrs. Parrish ihr eigenes Kind sehr liebte und den Zwillingen sicher eine sehr gute Mutter gewesen wäre.
    Jessica nickte ihr höflich zu, fasziniert von dem Kind, das den dunklen Hautton ihres Vaters und die schönen Gesichtszüge ihrer Mutter hatte.
    »Ich bin vier«, verkündete das Mädchen.
    Jessica lächelte. »Du liebe Güte«, sagte sie bewundernd.
    »Und ich kann schon zählen!«
    Savannah beugte sich hinunter und drückte ihrer Tochter einen Kuss auf die dunklen Haare, die unter einer weißen Pelzkappe hervorlugten. »Das reicht, Beatrice«, mahnte sie sanft.
    Jessica wurden noch andere Leute vorgestellt, aber sie wusste schon bald nicht mehr, wer wer war. Es gab so viele Gesichter und Namen, die sie behalten sollte. Außerdem machte es sich schrecklich nervös, dass Mr. Calloway so nahe bei ihr stand. Sie war sich mit jeder Faser ihres Seins seiner Gegenwart bewusst.
    In der Tat empfand sie es als Erleichterung, als sie endlich den Teich erreichten, auf dem der Eislauf stattfinden sollte. Ein schlaksiger blonder Junge war dabei, das Eis mit einem Strohbesen freizufegen. Das Licht des Feuers tanzte orangefarben auf der Eisfläche, und Qualm stieg in den schwarzen Nachthimmel auf, an dem die Sterne hell funkelten.
    Später hatte Jessica das Gefühl, dass ein zufäl li g vorüberfliegender Engel sie in jener Nacht verzaubert hatte. Es war, als hätte sie die gewohnte Welt verlassen und alle ihre Sorgen und ihren Kummer zu Hause gelassen.
    Als Jessica sich auf einen Baumstumpf hockte, um ihre Schlittschuhe anzuziehen, erschien Gage und kniete sich vor sie in den Schnee. Sie wusste, dass sie ihn dran hindern sollte, ihr die Schuhe aufzuschnüren und mit der Hand leicht ihre Fesseln zu liebkosen, aber sie konnte es nicht. Irgendein dummer und wundervoller Zauber hielt sie gefangen, und weil es nur kurz dauern würde, wollte sie es genießen.
    Sie liefen zusammen, Arm in Arm, über das Eis, und J essica lachte sogar. Sie fühlte sich, als ob sie dazugehörte - zu Springwater, zur Welt, zum Universum ...

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