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Jessica

Jessica

Titel: Jessica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Bruders nach.
    »Sie werden den beiden Kleinen eine gute Mutter sein«, sagte Junebug ruhig und legte Jessica eine Hand auf die Schulter. »Warten Sie nur ab.«

4
     
    Victoria und Michael hatten zwar nicht viel Geld gehabt, aber Victoria hatte in der Tat Schlittschuhe besessen. Wahrscheinlich hatte sie sie von zu Hause mitgebracht, als sie nach Westen gezogen waren. Jessica fand sie auf dem Boden einer Truhe zwischen allerlei traurigen Erinnerungsstücken - welken Blüten aus Victorias Brautstrauß, ein paar Briefen auf dünnem Papier, die in vergilbten Umschlägen steckten, ein paar anderen Kleinigkeiten -, und die Kufen waren verschrammt und angerostet.
    Allein der Anblick der traurigen kleinen Sammlung, die doch so hoch in Ehren gehalten worden war, erfüllte Jessica mit Schuldgefühlen. Sie hatte so sehr um Michael getrauert, dass sie Victoria ganz vergessen hatte. Eine junge Frau, die nie das Heranwachsen ihrer Kinder erleben würde und sie nie lachen hören würde...
    Jessica holte tief Luft und dachte schnell an etwa s anderes. Sie drückte die Schlittschuhe an ihre Brust und erinnerte sich an ihre eigene Kindheit, in der Michael und sie und ein Haufen Freunde im Winter immer auf dem Teich nahe des Hauses ihres Onkels Schlittschuh gelaufen waren. Das war eine der glücklichsten Zeiten ihres Lebens gewesen, denn sie hatte sich beim Dahingleiten so frei gefühlt, hatte ihre Geschwindigkeit und das Gefühl des Windes auf den Wangen genossen.
    Aber schon bald mus ste sie wieder an Victoria den ken, der so vieles entging. Ruhe in Frieden, versicherte sie ihrer Schwägerin stumm, ich werde gut auf Mary Catherine und Eleanor aufpassen, solange sie mich brauchen. Das verspreche ich dir.
    Die Babys lagen hinter ihr auf dem Bett, gurrten, krähten und strampelten und waren sehr zufrieden, weil sie gerade gefüttert und frisch gewickelt worden waren. Als Jessica sie ansah, die Schlittschuhe ihrer Mutter in der Hand, empfand sie ein solches Glücksgefühl, dass sie sich zurückhalten musste, ihre Nichten nicht zu packen und heftig an sich zu drücken.
    Junebug hatte Recht, sie waren etwas Kostbares. E in Reichtum, für den sie alles auf sich nehmen und überall hingehen würde.
    »Ich habe euch li eb«, verkündete sie ihnen, und sie krähten glücklich als Antwort.
    Die Schlittschuhe passten so gut, als wären sie extra für Jessica angefertigt worden, aber sie war gründlich aus der Übung. Zittrig stellte sie sich hin und streckte die Arme aus, um das Gleichgewicht zu halten wie ein Akrobat beim Seiltanz im Zirkus. Sie sah die Babys an, die sie verwundert betrachteten und dabei vollkommen gleich aussahen, obwohl sie nicht eine ii g waren.
    »Was ist, wenn ich ins Eis einbreche und an einer Lungenentzündung sterbe und euch beide alleine in der Welt zurücklasse?«, fragte sie.
    Aber das war keine ausreichende Entschuldigung, um nicht zu der Schlittschuhparty zu gehen. Denn wenn sie dort tatsächlich ein so trauriges und dramatisches Schicksal erl itt, gab es immer noch die Par rishs, die ihre Nichten mit Freuden auf n ehmen und großziehen würden.
    »Also gut«, überlegte sie, »für ein Paar ganz frischer Babys wie ihr es seid, ist es dort draußen sicher noch zu kalt. Was ist, wenn ihr krank würdet? Das könnte ich nicht ertragen.«
    Aber die Babys würden nicht krank werden, sagte sie sich vernünftig. Junebug hatte ihr versichert, dass für die Kinder immer eine geschützte Stelle in der Nähe des Feuers hergerichtet wurde, w o sie beaufsichtigt wurden. In all den Jahren, die sie dieses Fest schon feierten, war noch nie ein Kind hinterher erkrankt.
    Jessica trat ans Bett und legte den Kindern je eine Hand auf die Stirn. Beide waren kühl und glatt.
    Damit war die Entscheidung gefallen. Sie würde sich zu den Leuten von Springwater gesellen, um eine sicher bitterlich kalte Nacht draußen zu verbringen. Vielleicht würde es ihr ja sogar Spaß machen, wenn sie einen Moment lang damit aufhören konnte, sich Sorgen zu machen.
    Jessica schnallte die Schlittschuhe ab und legte die Kinder wieder in die Wiege, wo sie prompt einschliefen, denn sie hatten an diesem interessanten Vormittag die Zeit damit ve rbracht, sich an Junebug McCaf frey zu gewöhnen. Jessica ging ohne Schuhe in die Küche hinunter, um sich eine Kanne Tee zu kochen.
    Der Tee duftete wunderbar, und sie machte sich dazu ein wenig Milch warm. Sie hatte zwar Sorgen genug, was die Zukunft anging, aber im Moment erfüllte sie auch ein tiefes Gefühl der

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