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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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die Jahre mit ihrer Tochter hatte, dachte Gabriel darüber nach, dass Familien eine weitere skurrile Erfindung Gottes waren. Nichts bereitete den Menschen mehr Freude und zugleich mehr Kummer, mehr Frohlocken und zugleich mehr Tollwutschaum vor dem Mund als so eine Familie. Das Leben der Menschen wäre doch sehr viel einfacher, dachte Gabriel, wenn Gott sie in Sachen Fortpflanzung und Aufzucht so konzipiert hätte wie den Regenwurm.
    Wenigstens musste Gabriel sich jetzt nicht mehr die Familienprobleme seiner Gemeindeschäfchen anhören, denn er hatte sich für den Rest der Zeit, die der Welt noch verblieb, krankgemeldet. Sein Nachfolger namens Dennis hatte daher seine Stelle bereits etwas früher, nämlich heute Morgen angetreten. Dennis war einer jener durchtrainierten Turnschuhpfarrer, die Gemeindefeste und Gospelsongs liebten, aber gleichzeitig im Laufe des Theologiestudiums jeglichen Glauben verloren hatten und sich fragten,
warum sie nicht etwas Lukrativeres wie Investmentbanker geworden waren.
    Gabriel selbst mochte Feste und Kaffeetrinken mit der Gemeinde so wenig wie die Tatsache, dass er als Mensch gewordener Mann eine Prostata besaß. Seiner Meinung nach hatte noch kein einziger Mensch übers Kuchenessen zu Gott gefunden.
    Als es nun an der Tür klingelte, dachte Gabriel, dass es der Turnschuhpfarrer war, und beschloss, für den atheistischen Kerl nicht aus der Badewanne zu steigen. Da hörte er die Haustür aufgehen und eine Stimme «Gabriel!» rufen. Es war die Stimme Jesu.
    «Dein Zimmermann ist wieder da» , stellte Silvia sachlich fest. Selbstverständlich begriff sie nicht, was das bedeutete. Gabriel begriff es allerdings auch nicht: Jesus hätte doch jetzt schon längst auf dem offenen Meer gen Israel sein müssen?
    Er hörte, wie die Schritte des Gottessohnes sich näherten. Jeden Augenblick würde Jesus ihn mit Silvia in der Wanne ertappen.
    «Du schaust wie ein Ehemann, der gleich beim Betrügen erwischt wird» , grinste Silvia amüsiert.
    «Der Zimmermann ist Jesus» , platzte es aus ihm heraus. Silvia sah ihn kurz erschrocken an, dann bekam sie einen Lachanfall.
    Jesus betrat das Bad und sah Gabriel in der Badewanne. Gemeinsam mit Silvia. Die vor Lachen rot anlief.
    Gabriel fragte sich, ob es Sinn machen würde, einfach in der Badewanne unterzutauchen und dort so lange unter Wasser zu bleiben, bis das Jüngste Gericht vorbei war.
    Doch Jesus entschuldigte sich bei ihm: «Verzeih, mein Freund.»
    Gabriel hatte ja keine Ehe gebrochen und auch nicht gegen die Badevorschriften des dritten Buchs Mose verstoßen (die den
Sohn Gottes sowieso nicht interessierten, er war ein Mann, der den Glauben über Regeln stellte) , daher wurde er von Jesus auch nicht gescholten. Der Messias bat Gabriel lediglich um ein dringendes Gespräch und verließ dann das Badezimmer, um in der Küche auf ihn zu warten. Gabriel sprang sofort aus der Wanne und trocknete sich hastig ab. Silvia war erstaunt: «Du benimmst dich so, als ob der Mann wirklich Jesus ist und ich Satan.»
    «Satan?» Gabriel blickte zu Silvia.
    War es eine Möglichkeit, dass der seine Hände im Spiel hatte?
    Bei Marie?
    Und bei Silvia?
    Es gab abwegigere Gedanken: zum Beispiel, dass Jesus sich – ohne Satans Einfluss – in jemanden wie Marie hatte verlieben können.
     
    Nachdem Gabriel sich angezogen hatte, lief er mit nassen Haaren in die Küche. Jesus berichtete ihm, was im Hafen passiert war und dass in dem Kopf von Maries Schwester kein Tumor wohnte, obwohl Marie es behauptet hatte.
    «Glaubst du, sie hat mich absichtlich belogen?» , fragte Jesus seinen alten Freund.
    Gabriel rang kurz mit sich, dann erzählte er Jesus von seinem Verdacht: «Wir müssen die Möglichkeit in Erwägung ziehen, dass Satan seine Hände im Spiel hat.»
    «Er will mich in Versuchung führen?» , fragte Jesus erstaunt.
    «Du fühlst dich von Marie in Versuchung geführt?» Gabriels schlimmste Befürchtungen schienen wahr zu werden.
    Jesus hielt inne, führte ihn Marie tatsächlich in Versuchung? Er fühlte sich zu ihr hingezogen, ja, aber war da mehr?
    «Ich werde womöglich auch verführt» , erklärte Gabriel. «Satan
gab uns, was wir am meisten begehren. Mir die Frau, die ich schon immer liebte. Und dir eine Frau, die in dir den Menschen sieht.»
    Gabriel erwähnte nicht, dass er es besonders perfide von Satan fand, ausgerechnet so eine Frau wie Marie auszuwählen, von der man sich gar nicht vorstellen konnte, dass sie überhaupt irgendeinen Mann verführen konnte,

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