Jesus von Nazaret
Amphitheater, Pferderennbahn und künstlichen Seen ausgebaut hatte. Die Stadt war voll von Pilgern, die frühzeitig zum Passahfest nach Jerusalem wollten, um vorher die gebotenen Reinigungen vorzunehmen. Das Gedränge in den Gassen war groÃ, und wo Jesus mit seinem Anhang vorüberkam, bildeten sich Trauben von Schaulustigen, die einen Blick werfen wollten auf den Mann aus Nazaret, über den so viele Geschichten im Umlauf waren.
Als Jesus an einem Maulbeerbaum vorbeiging, sah er in den Zweigen einen Mann, der neugierig zu ihm hinunterspähte. (Lk 19, 1-10) Es war der Oberzöllner Zachäus, der auch schon viel von Jesus gehört hatte und ihn unbedingt sehen wollte. Weil Zachäus sehr klein war, war er auf die Idee gekommen, auf den Baum zu steigen, um eine bessere Sicht zu haben. Als Jesus ihn bemerkte, rief er zu ihm hoch: »Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.« Man kann sich vorstellen, wie der kleine, gut genährte Zöllner hastig vom Baum kletterte. Er war überglücklich, dass der bekannte Rabbi gerade bei ihm einkehren wollte. Die bösen Zungen blieben natürlich nicht aus. Dass Jesus in das Haus eines verhassten Zöllners ging, bestätigte wieder all jene, die ihn für einen gottlosen Hochstapler hielten.
Am nächsten Morgen brachen Jesus und sein Gefolge auf zur letzten Etappe nach Jerusalem, das 25 Kilometer von Jericho entfernt war. Im Strom der Pilger wanderten sie durch die tief eingeschnittene Schlucht des Wadi Qelt hinauf zum Wüstengebirge Judäas. Am Ende des anstrengenden und gefährlichen Weges erreichten sie einen Ort vor den Toren der Heiligen Stadt, der wie die Taufstelle am Jordan auch Betanien hieÃ. Hier hatte Jesus viele gute Freunde wie Lazarus und dessen Schwestern Maria und Marta, bei denen er während der Festtage, die in sechs Tagen beginnen sollten, eine Bleibe fand.
In Betanien lebte auch ein Mann namens Simon, dervermutlich ein Pharisäer war. So schlecht Jesus auf die Pharisäer zu sprechen war â immer wieder warnte er vor ihrer Verlogenheit und Doppelzüngigkeit â, so scherte er doch nicht alle über einen Kamm, sondern urteilte von Person zu Person. Simon hatte er von seiner Krankheit, dem Aussatz geheilt, und seitdem waren sie freundschaftlich verbunden. Als Simon hörte, dass Jesus sich in Betanien aufhielt, war er so erfreut, dass er ihn und seine Freunde zu einem groÃen Festessen einlud. (Mt 26, 6-13 parr) Lazarus saà mit am Tisch, und sicher wurde auch über ein Ereignis gesprochen, das immer noch in aller Munde war und weit über Betanien hinaus für Aufsehen gesorgt hatte.
Der Evangelist Johannes erzählt, dass Lazarus schwer erkrankt war und Maria und Marta eine Nachricht an Jesus gesandt hatten, damit er komme und ihren Bruder heile. Doch als Jesus in Betanien ankam, war Lazarus schon gestorben und in einer Felsenhöhle begraben. Doch Jesus hat ihn wieder zum Leben erweckt. (Joh 11, 1-44)
Nun sitzt Lazarus am Tisch im Haus des Simon und feiert fröhlich mit den anderen Gästen. Aber natürlich ist er kein Zombie, kein lebender Toter. Was sich genau im Hause des Lazarus ereignet hat, das lässt sich nicht mehr sagen. Aber die Bibel gibt zahlreiche Hinweise dafür, was unter Tod und Auferstehung zu verstehen ist. Der Schlüssel liegt dabei im Begriff der Sünde. Tod und Sünde gehören zusammen. 85 Sünde bedeutet die Trennungvon Gott und damit für jeden Menschen den Verlust seiner Ganzheit. Diese Trennung bewirkt auch, dass der Tod als das absolute Ende erscheint. Dieses Ende ist nicht wie der Schluss eines Buches oder eines Films, sondern das Bewusstsein davon durchzieht das ganze Leben, das nun wie von einem Stachel angetrieben wird auf dieses Ende zu. Erst wenn der Tod einen Sinn erhält und nicht mehr das Ende ist, wird auch das Leben ein ganz anderes.
Man könnte auch sagen, dass die Sünde darin besteht, dass ein Mensch mit sich selbst entzweit ist. Und das heiÃt, Leben bedeutet für ihn nur noch Ãberleben. Er ist nur noch auf Tatsachen fixiert, von den Sorgen um seinen Beruf, die Familie und die Zukunft wird er schier erdrückt. Danach zu fragen, was für einen Sinn das Ganze haben soll, hat er längst aufgegeben. Wodurch er diesen Sinn finden kann, was also seine »Wiedergeburt« oder Auferstehung bewirkt, ist die Liebe. So heiÃt es an einer Stelle im Neuen
Weitere Kostenlose Bücher