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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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im Gesandten – endgültig in seinem Sohn.
     
    „Ewiges Leben“ ist also ein Beziehungsereignis. Der Mensch hat es nicht aus sich selbst, für sich allein genommen. Durch die Beziehung zu dem, der selbst das Leben ist, wird auch er ein Lebender.
    Zu diesem zutiefst biblischen Gedanken kann man Vorstufen auch bei Platon finden, der sehr unterschiedliche Überlieferungen und Reflexionen zum Thema Unsterblichkeit in sein Werk aufgenommen hat. So gibt es bei ihm auch die Vorstellung, der Mensch könne unsterblich werden dadurch, dass er sich selbst dem Unsterblichen verbindet. Je mehr er Wahrheit in sich aufnimmt, sich der Wahrheit verbindet und ihr anhängt, desto mehr ist er auf das bezogen und von dem erfüllt, was nicht zerstört werden kann. Soweit er sich sozusagen selber an die Wahrheit anhängt, soweit er getragen wird durch das, was bleibt, darf er des Lebens nach dem Tod – eines heilvollen Lebens – sicher sein.
    Was hier nur tastend gesucht wird, erscheint in Jesu Wort in großartiger Eindeutigkeit. Der Mensch hat dasLeben gefunden, wenn er sich an den anhängt, der selbst das Leben ist. Dann kann vieles an ihm zerstört werden. Der Tod kann ihn aus der Biosphäre wegnehmen, aber das über sie hinausreichende Leben, das wirkliche Leben, das bleibt. In dieses Leben, das Johannes – im Unterschied zum
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nennt, muss er hineinleben. Die Beziehung zu Gott in Jesus Christus: Sie gibt jenes Leben, das kein Tod zu nehmen vermag.
    Es ist klar, dass mit diesem „Leben-in-Beziehung“ eine ganz konkrete Weise der Existenz gemeint ist; dass Glaube und Erkenntnis nicht irgendein im Menschen auch vorhandenes Wissen sind, sondern die Form seiner Existenz. Auch wenn an dieser Stelle von Liebe nicht die Rede ist, so ist doch eindeutig, dass die „Erkenntnis“ dessen, der selbst die Liebe ist, zu Liebe wird in der ganzen Weite ihrer Gabe und ihres Anspruchs.

„Heilige sie in der Wahrheit   …“
     
    A n zweiter Stelle möchte ich das Thema der Heiligung und des Heiligens herausgreifen, das am stärksten auf den Zusammenhang mit dem Versöhnungsgeschehen und mit dem Hohepriestertum hinweist.
    Im Gebet für die Jünger sagt Jesus: „Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit   … Ich heilige mich für sie, damit auch sie in Wahrheit geheiligt sind“ (Joh 17,17.19). Nehmen wir noch eine Stelle aus den Streitreden Jesu dazu, die in diesen Zusammenhang gehört: Jesus bezeichnet sich da als den, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat (10,36). Von einer dreifachen „Heiligung“ ist also die Rede: Der Vater hat den Sohngeheiligt und in die Welt gesandt; der Sohn heiligt sich selbst, und er bittet, dass von seiner Heiligung her die Jünger in der Wahrheit geheiligt seien.
    Was bedeutet das: „heiligen“? „Heilig“ (
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in der hebräischen Bibel) im vollständigen Sinn ist nach biblischem Verständnis nur Gott selbst. Heiligkeit ist der Ausdruck für seine besondere Seinsweise, für das göttliche Sein als solches. So bedeutet das Wort „heiligen“ die Übereignung einer Realität – einer Person oder auch einer Sache – an Gott, besonders die Bestimmung für den Kult. Das kann zum einen die Weihe zum Opfer sein (Ex 13,2; Dtn 15,19); es kann zum anderen die Priesterweihe bedeuten (Ex 28,41), die Bestimmung eines Menschen für Gott und für den göttlichen Kult.
    Der Vorgang der Weihe, der „Heiligung“, schließt zwei scheinbar einander widerstrebende, aber in Wirklichkeit von innen her zusammengehörige Aspekte ein. Zum einen ist „Weihung“ als „Heiligung“ Aussonderung aus dem übrigen, dem eigenen Leben des Menschen zugehörigen Bereich. Das Geweihte wird in eine neue, dem Menschen nicht mehr verfügbare Sphäre hineingehoben. Aber diese Aussonderung schließt zugleich das Moment des „Für“ ganz wesentlich ein. Gerade weil ganz Gott übergeben, ist diese Realität nun für die Welt, für die Menschen da, vertritt sie und soll sie heilen. Wir können auch sagen: Aussonderung und Sendung bilden ein einziges Ganzes.
    Ganz deutlich ist dieser Zusammenhang erkennbar, wenn wir an die besondere Berufung Israels denken: Es ist einerseits abgesondert aus allen anderen Völkern, aber gerade, um einen Auftrag für alle Völker, für die ganze Welt wahrzunehmen. Das ist gemeint, wenn Israel als „heiliges Volk“ bezeichnet wird.
     
    Kehren wir zurück zum Johannes-Evangelium. Was bedeuten die drei Heiligungen (Weihungen), von denen da die Rede ist? Da wird uns

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