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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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alle aufnimmt und zu Gott zurückträgt – der wahre Kult, das wahre Opfer.
    Insofern muss im Mittelpunkt des apostolischen Dienstes und der zum Glauben führenden Evangeliumsverkündigung das Hineintreten in das Geheimnis des Kreuzes stehen. Wenn wir demgemäß in der Feier der Eucharistie, in der je neuen Teilhabe am priesterlichen Geheimnis Jesu Christi die Mitte des christlichen Kults sehen dürfen, so bleibt doch immer seine ganze Erstreckung festzuhalten: Immer geht es darum, jeden Einzelnen und die Welt so in Christi Liebe hineinzuziehen, dass alle mit ihm zusammen „Opfergabe werden, die Gott wohlgefällt im Heiligen Geist“ (Röm 15,16).
     
    Von diesen Betrachtungen her öffnet sich schließlich noch der Blick auf eine weitere Dimension des christlichen Kult- und Opfergedankens. Sie wird deutlich sichtbar in dem folgenden Vers des Philipper-Briefs, in dem Paulus auf sein Martyrium vorausblickt und es zugleich theologisch auslegt: „Wenn ich auch als Opfergabe und bei der Liturgie eures Glaubens ausgegossen werde, so freue ich mich dennoch und freue mich mit euch allen“ (2,17; vgl. 2   Tim 4,6). Paulus sieht sein erwartetes Martyrium als Liturgie und als Opfergeschehen an. Auch dies wiederum ist nicht einfach Allegorie und uneigentliche Redeweise. Nein, im Martyrium wird er voll hineingezogen in den Gehorsam Christi, in die Liturgie des Kreuzes und so in den wahren Gottesdienst.
    Von diesem Verständnis her hat die Alte Kirche das Martyrium in seiner wahren Tiefe und Größe begreifen können. So hat der Überlieferung nach zum Beispiel Ignatius von Antiochien sich selbst als Weizen Christi bezeichnet, der im Martyrium gemahlen wird, um zu Brot Christi werden zu können (vgl.
Ign. Rom
. 4.1). Im Bericht über das Martyrium des heiligen Polykarp wird erzählt, dass die Flammen, in denen er verbrannt werden sollte, sich zur Gestalt eines vom Wind geschwellten Segels formten; es „umwallte so den Leib des Märtyrers; dieser aber stand in der Mitte nicht wie bratendes Fleisch, sondern wie Brot, das gebacken wird“ und verbreitete „einen Wohlgeruch wie von duftendem Weihrauch“ (
Mart. Polyc
. 15). Ähnlich haben die Christen von Rom auch das Martyrium des heiligen Laurentius ausgelegt, der auf dem Rost verbrannt wurde: Sie sahen darin nicht nur seine vollkommene Einigung mit dem Geheimnis Christi, der im Martyrium zu Brot für uns wurde, sondern auch ein Bild der christlichenExistenz überhaupt: In den Drangsalen des Lebens werden wir langsam reingebrannt, können gleichsam zu Brot werden, insofern sich in unserem Leben und Leiden das Geheimnis Christi mitteilt und seine Liebe uns selber zur Gabe an Gott und die Menschen werden lässt.
     
    Im Leben und Erleiden des Evangeliums hat die Kirche unter der Führung der apostolischen Botschaft immer mehr das Geheimnis des Kreuzes zu verstehen gelernt, auch wenn es sich letztlich nicht in Formeln unseres Verstands zerlegen lässt: Das Dunkel, die Unlogik der Sünde und die für unsere Augen übergroße Helligkeit Gottes treffen sich im Kreuz, und das übersteigt unsere Logik. Und doch ist in der Botschaft des Neuen Testaments und in seiner Verifizierung im Leben der Heiligen das große Geheimnis ganz Licht geworden.
    Das Geheimnis der Sühne darf keinem besserwisserischen Rationalismus geopfert werden. Was der Herr im Anschluss an die Bitte der Zebedäus-Söhne um Thronsitze zu seiner Seite geantwortet hat, bleibt ein Schlüsselwort des christlichen Glaubens überhaupt: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele zu geben“ (Mk 10,45).

9.   KAPITEL
DIE AUFERSTEHUNG
JESU AUS DEM TOD
     

WORUM ES BEI DER AUFERSTEHUNG JESU GEHT
     
     
    I st aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos. Wir werden dann auch als falsche Zeugen Gottes entlarvt, weil wir im Widerspruch zu Gott das Zeugnis abgelegt haben: Er hat Christus auferweckt“ (1   Kor 15,14f). Mit diesen Worten stellt der heilige Paulus ganz drastisch heraus, welche Bedeutung der Glaube an die Auferstehung Jesu Christi für die christliche Botschaft als Ganze hat: Er ist ihre Grundlage. Der christliche Glaube steht und fällt mit der Wahrheit des Zeugnisses, dass Christus von den Toten auferstanden ist.
    Wenn man dies wegnimmt, dann kann man aus der christlichen Überlieferung zwar immer noch eine Reihe bedenkenswerter Vorstellungen über Gott und den Menschen, über

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