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Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Titel: Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI.,
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innerlich nicht weit zum Kind gewordenen Gott. Damit fügt sich zusammen, dass sie zu den Armen gehörten, zu den einfachen Seelen, die Jesus gepriesen hat, weil vor allem ihnen der Zugang zu Gottes Geheimnis gegeben ist (vgl. Lk 10,21 f). Sie vertreten die Armen Israels, die Armen überhaupt: Gottes erste Liebe.
    Vor allem die Mönchstradition hat noch einen weiteren Akzent gesetzt: Sie waren Wachende. Die Mönche wollten in dieser Welt wachend sein – zunächst durch ihr nächtliches Gebet, aber vor allem innerlich wachend, offen für den Zuruf Gottes durch die Zeichen seiner Gegenwart.
    Schließlich kann man noch an die Geschichte der Erwählung Davids zum König denken. Saul ist von Gott als König verworfen; Samuel wird nach Bethlehem zu Isai geschickt, um einen von dessen Söhnen, den der Herr ihm zeigen wird, zum König zu salben. Keiner der Söhne, die vor ihn treten, ist es. Der Jüngste fehlt noch, aber der hütet gerade die Schafe, erklärt Isai dem Propheten. Samuel lässt ihn von der Weide holen, und auf Gottes Weisunghin salbt er den jungen David „mitten unter seinen Brüdern“ (1 Sam 16,1–13). David kommt von den Schafen, die er hütet, und wird nun zum Hirten Israels bestellt (vgl. 2 Sam 5,2). Der Prophet Micha schaut eine ferne Zukunft und verkündet, aus Bethlehem werde der hervorgehen, der einst das Volk Israel weiden werde (vgl. Mi 5,1–3; Mt 2,6). – Jesus wird unter Hirten geboren. Er ist der große Hirt der Menschen (vgl. 1 Petr 2,25; Hebr 13,20).
    Kehren wir zurück zum Text der Weihnachtsgeschichte. Der Engel des Herrn tritt unter die Hirten, und der Glanz des Herrn umstrahlt sie. „Sie fürchteten sich sehr“ (Lk 2,9). Der Engel aber vertreibt ihre Furcht und verkündet ihnen „eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias (Christus), der Herr“ (Lk 2,10 f). Ihnen wird gesagt, dass sie als Zeichen ein Kind finden werden, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend.
    „Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Herrlichkeit Gott in der Höhe und auf Erden Friede den Menschen des Wohlgefallens“ (Lk 2,12–14). Der Evangelist sagt, dass die Engel „sprechen“. Aber der Christenheit war von Anfang an klar, dass das Sprechen der Engel ein Singen ist, in dem der ganze Glanz der großen Freude, die von ihnen verkündet wurde, spürbar Gegenwart wird. Und so ist der Lobgesang der Engel von jener Stunde an nicht mehr verstummt. Er geht die Jahrhunderte hindurch in immer neuen Formen weiter und ertönt in der Feier der Geburt Jesu immer neu. Es versteht sich von selbst, dass das einfache glaubende Volk dann auch die Hirten singen hörte und bis heute in der Heiligen Nacht in ihre Weisen einstimmt, singend diegroße Freude aussagt, die allen seither und bis zum Ende der Zeiten geschenkt ist.
    Aber was haben die Engel – gemäß dem Bericht des heiligen Lukas – gesungen? Sie verknüpfen Gottes Herrlichkeit „in der Höhe“ mit dem Frieden der Menschen „auf Erden“. Die Kirche hat diese Worte aufgenommen und einen ganzen Hymnus daraus gestaltet. Im Einzelnen freilich ist die Übersetzung der Engelworte strittig.
    Der uns geläufige lateinische Text wurde bis vor kurzem so wiedergegeben: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die eines guten Willens sind.“ Diese Übersetzung wird von den modernen Auslegern – nicht ohne gute Gründe – als einseitig moralisierend verworfen. Die „Ehre Gottes“ ist nicht etwas, was von den Menschen zu bewirken ist („Ehre sei Gott“). Die „Herrlichkeit“ Gottes ist da, Gott ist herrlich, und dies ist wahrhaft Grund zur Freude: Es gibt die Wahrheit, es gibt das Gute, es gibt die Schönheit. Sie ist da – in Gott –, unzerstörbar.
    Schwerwiegender ist die Differenz in der Übersetzung der zweiten Hälfte der Engelworte. Was bisher übersetzt worden war: „Menschen, die guten Willens sind“, lautet nun in der Übersetzung der Deutschen Bischofskonferenz: „Menschen seiner Gnade“. In der Übersetzung der Italienischen Bischofskonferenz ist die Rede von den „uomini che egli ama“ – von den „Menschen, die Gott liebt“. Da fragt man sich freilich: Welche Menschen liebt Gott? Gibt es solche, die er nicht liebt? Liebt er nicht alle als seine Geschöpfe? Was sagt dann der Zusatz „die Gott liebt“? Eine ähnliche Frage kann man auch an die deutsche

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