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Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Titel: Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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lobte. Im Jahr 6 n. Chr. wurde Cäsarea zur Hauptstadt der römischen Provinz Judäa. Im Palast des Herodes residierte später Pontius Pilatus.

Das Urteil
    Als Richter über Jesus ist Pontius Pilatus in die Geschichte eingegangen. Der Statthalter Roms war ein treuer Diener seines Kaisers.
    Von Angela Gatterburg
    Auf diesen Mann konnte sich der Kaiser verlassen. Pontius Pilatus stammte aus ritterlichem Amtsadel, darauf deutet der Name Pontius hin. Sein Beiname Pilatus geht wahrscheinlich auf »pilum« zurück, das ist die Bezeichnung für den Speer, den das Fußvolk im römischen Heer bei sich trug. Pilatus zeigte Einsatz, vor allem an den nördlichen Grenzen des Imperiums. Zur Belohnung für treue Dienste machte ihn Kaiser Tiberius zum Statthalter in der südöstlichen Ecke des Mittelmeers. So trat Pontius Pilatus im Jahr 26 als fünfter römischer Präfekt in der Provinz Judäa an, die wegen der heiklen politischen und sozialen Verhältnisse eine Sonderstellung einnahm. Die historischen Belege über seine Arbeit als Statthalter sind spärlich, aber sie ergeben ein gewisses Bild: Offenbar hat er seine Aufgabe aus römischer Sicht gut gemeistert.
    Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus Flavius beschrieb ihn als einen Mann, der bei den immer wieder auftretenden Unruhen umsichtig und angemessen vorging. Allerdings malt Josephus alles Römische in hellen Farben. Ganz anders sein Kollege Philo von Alexandria, der ebenfalls Jude war: Bei ihm erscheint Pilatus als herrschsüchtiger, judenfeindlicher Machtmensch, korrupt und zu jeder Gewalttat bereit. Das dürfte überzogen sein. Einiges spricht dafür, dass der oberste Repräsentant in Judäa während seiner zehnjährigen Amtszeit das Wort seines Herrschers befolgte: »Ein guter Hirte schert seine Schafe, er schindet sie nicht«, mahnte Tiberius seine Statthalter.
    Um dem Kaiser zu genügen, musste Pilatus Steuern eintreiben und gleichzeitig die oft rebellischen Juden einbinden, die sich als auserwähltes Volk mit der römischen Besatzung nicht abfinden konnten. Dabei war er offenbar nicht gerade zimperlich, mit Protestlern und Aufwieglern machte er kurzen Prozess. Der britische Bestsellerautor Nick Page beschreibt Pilatus in seinem Buch »Die letzten Tage Jesu« als einen gewieften Taktiker, »der die Menschen politisch zu manipulieren weiß«. Wahrscheinlich war Pilatus ein Pragmatiker, der auf Konfrontation ging, wenn es ihm nötig erschien, sich sonst aber nicht in jüdische Belange einmischte. Mal benahm er sich wie ein Unterdrücker, mal war er ganz der kluge Administrator und verbesserte die Lebensverhältnisse in den ihm anvertrauten Landstrichen.
    So ließ Pilatus mit den Mitteln des Tempels von Jerusalem eine Wasserleitung in die Stadt bauen. Ein steinernes Denkmal setzte er sich im Hafen der Verwaltungshauptstadt Cäsarea, wo er Tiberius zu Ehren ein Tiberieum, einen Leuchtturm, errichten ließ. Das bezeugt eine Steintafel mit antiker Inschrift, die Pontius Pilatus als »praefectus Iudaeae« benennt. Italienische Archäologen entdeckten sie 1961 bei Ausgrabungen. Für seine Politik musste sich Pilatus nicht nur gegenüber Kaiser Tiberius verantworten, sondern auch gegenüber dem Oberstatthalter der Provinz Syrien, von dem er abhängig war, und gegenüber den jüdischen Würdenträgern. Pilatus respektierte den Glauben der Juden, obwohl er viele ihrer religiösen Gebräuche nicht verstand. Gleichzeitig musste er sicherstellen, dass die Juden den römischen Kaiser und seine Gesetze achteten. Bei dieser Gratwanderung arbeitete er eng mit dem Hohepriester Kaiphas zusammen, dem obersten Repräsentanten der jüdischen Theokratie.
    Zur Erfüllung seiner heiklen Aufgaben hatte Pilatus nur rund 3000 Soldaten, zumeist Hilfstruppen aus der Region, zur Verfügung. Einen Aufstand der Juden gegen die römische Besatzung durfte er keinesfalls riskieren. Er wäre hoffnungslos unterlegen gewesen. Pilatus residierte am Meer in Cäsarea Maritima. Während des Pessachfestes wollte er jedoch vor Ort in Jerusalem sein. Wie jedes Jahr rechnete er mit einem Massenansturm jüdischer Pilger und mit entsprechenden Unruhen. Wovon Pilatus noch nichts ahnte: In Jerusalem predigte in diesen Tagen ein Mann namens Jesus vor einer wachsenden Anzahl von Menschen, die ihm Wundertaten zuschrieben und ihn innig verehrten. Das war nichts Besonderes – seit dem Tod des Herodes tauchten immer wieder Prediger, Aufrührer, selbsternannte Propheten auf, die vom Ende der Welt kündeten und die Ankunft

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