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Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Titel: Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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Galiläa. Als Zeugen traten laut Bibel die Repräsentanten des Hohen Rates auf, einen Verteidiger gab es nicht. Dass er ihn im Austausch gegen den Mörder Barabbas vor dem Kreuz bewahren wollte, berichten zwar alle vier Evangelien. Allerdings halten Historiker und Theologen diese Deutung für falsch. Denn damals gab es offenbar keine Feiertagsamnestie, und ein Begnadigungsrecht hätte, bei einem Kapitalverbrechen wie Hochverrat, nur dem Kaiser zugestanden. Auch das angebliche Händewaschen als Geste der Unschuld war unter Römern nicht üblich.
    Wahrscheinlich an einem Freitag, im April des Jahres 30, wird in Jerusalem also ein Mann namens Jesus von Nazareth hingerichtet. Römische Soldaten schlagen ihn brutal ans Kreuz. Verantwortlich für das Urteil ist der kaiserliche Präfekt Pontius Pilatus. Und sicher wäre der römische Statthalter heute vergessen, hätte er nicht den Mann hinrichten lassen, durch den später eine Weltreligion begründet wurde.
    Wie ging es weiter mit Pilatus? Ein neuer Konflikt wurde ihm zum Verhängnis. Im Norden der Provinz tauchte einige Jahre später ein samaritanischer Prophet auf, der das Volk aufwiegelte. Pilatus ließ seine Truppen aufmarschieren und knüppelte die Leute brutal nieder, die Anführer wurden hingerichtet. Auf eine Beschwerde beim syrischen Legaten Vitellius hin sollte sich Pilatus in Rom rechtfertigen. Als er im Jahr 37 in der Hauptstadt eintraf, war Kaiser Tiberius bereits gestorben. Ob es zu einem Verfahren gegen Pilatus kam, ob er verbannt wurde oder Selbstmord beging – all diese Legenden sind historisch unsicher. Tatsächlich hat man von dem amtsenthobenen Statthalter in Judäa nichts mehr gehört.
    Die Frage bleibt: Hat Pilatus sich schuldig gemacht? Im Neuen Testament ist er für die Kreuzigung Jesu verantwortlich, moralisch sehen die Evangelisten jedoch mehr Schuld bei den jüdischen Hohepriestern, die machtbesessen die wahre Größe des Gottessohns verkannten. In der äthiopischen und koptischen Kirche wird Pilatus gar als Heiliger verehrt, weil er seinen Teil dazu beigetragen habe, dass Jesus durch seinen Opfertod die Menschheit erlöste.
    Pontius Pilatus stehe »nicht umsonst im Credo«, schreibt denn auch der Historiker Alexander Demandt in seinem klugen Buch »Hände in Unschuld«: »Hätte er geahnt, dass der Name jenes ›Judenkönigs‹ dreihundert Jahre später auf den Standarten der Legionen stehen würde, dass dessen Anhänger die Macht im Reiche übernehmen und die Jupiter-Tempel in Abstellräume verwandeln würden, dann hätte Pilatus diesen Jesus bestimmt laufenlassen.« So gesehen findet Demandt: Pilatus wusste nicht, was er tat. Deshalb konnte er seine Hände in Unschuld waschen.

Mordsache Jesus Christus
    Das berühmteste Kreuzigungsopfer der Antike starb unter mysteriösen Umständen.
    Von Frank Thadeusz
    Zwischen neun Uhr morgens und zwölf Uhr mittags nagelte ein fünfköpfiges Exekutionskommando den Delinquenten an einen grob behauenen Holzbalken. Anschließend hievten ihn die Soldaten hoch und befestigten ihn als Querbalken an einem Pfosten von etwa 2,50 Meter Höhe. Drei bis sechs Stunden hing der Todgeweihte in dieser ausweglosen Lage bei sengender Hitze. Dann hob Jesus den Kopf und sagte: »Mich dürstet.« Ein Soldat hielt ihm einen in Essig getränkten Schwamm hin, der auf einem Ysopzweig steckte, und Jesus trank. Anschließend rief er mehrfach: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« Seine letzten Worte waren: »Es ist vollbracht!« So ungefähr stellen sich Bibelleser das grausige Geschehen am Stadtrand von Jerusalem vor. Künstler und Kitschproduzenten haben den Foltertod in zahllose Bilder übersetzt.
    Für die Christenheit war das Ende erst der Anfang: Nach drei Tagen ist Jesus demnach von den Toten auferstanden und schließlich zu Gott, seinem Vater, in den Himmel aufgefahren. Weniger Glaubensfeste forschen nach dem wahren Kern in der Passionsgeschichte und versuchen, die tatsächlichen Begebenheiten von der Mythologie zu trennen. Die Evangelien sind die einzige Quelle für jenes Martyrium, das sich auf dem Kalvarienberg zugetragen hat. »Knapp und sehr uninformativ« nennt der Religionswissenschaftler Gunnar Samuelsson von der Universität Göteborg die Textpassagen, welche die Evangelisten den letzten Stunden Christi widmeten. Der Forscher fragt sich, ob jemals ein so wichtiger Moment derart kurz und karg formuliert wurde.
    Was wissen wir also wirklich über den Kreuzestod von Jesus? Einziger archäologischer

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