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Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Titel: Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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umliegender Sippen, insbesondere von den Launen der Natur ab. War die Ernte im Spätsommer schlecht, knurrten im Winter die Mägen. Wissenschaftliche Untersuchungen von erhaltenden Skeletten zeugen von äußerst harten Lebensbedingungen: Die Menschen litten oft an Wachstumsstillständen, kranken Zähnen und Arthrose – schon in frühen Jahren. Es waren keine Zeiten, um alt zu werden. Die auf zahlreichen germanischen Friedhöfen Bestatteten waren im Durchschnitt gerade einmal Mitte zwanzig oder kaum älter. Viele Tote wurden bekleidet und geschmückt auf Scheiterhaufen verbrannt, die Asche wurde in Urnen gepackt. Die Kindersterblichkeit war dramatisch hoch. Auf manchem Gräberfeld beherbergt jede dritte Urne die Überreste eines Babys oder Kleinkindes.

    Über den Glauben der Germanen zur Zeit Jesu ist nur wenig Verlässliches bekannt. Tempelbauten oder andere zentrale Heiligtümer wurden bis heute nicht gefunden. Sicher ist, dass die Nordmänner eine Vielzahl von Göttern verehrten. Tacitus spricht von drei Groß-Göttern, die gedeutet werden als der Kriegs- und Totengott Wodan (Odin), als Donnergott Donar (Thor) und als Himmelsgott Ziu (Tyr). Ausgrabungen belegen, dass die Germanen für ihre Kulte bevorzugt Waldlichtungen, geweihte Gewässer oder Moore nutzten. Sie waren überzeugt, dass Orakel und rituelle Gaben ihnen halfen. So opferten sie zu vielerlei Anlässen verschiedene Tiere, bekannt ist etwa aus dänischen Mooren der Brauch, abgeschlagene Pferdeköpfe mitsamt der Felle auf Stöcke zu spießen. Mitunter wurden sogar Menschenopfer vollzogen. Waren die Völker Germaniens aus der Sicht des damaligen Weltreichs Rom auch primitiv und rückständig – sie verstrickten die Römer dennoch in den »größten und furchtbarsten Krieg«, wie der spätantike Historiker und Theologe Orosius (um 385 bis 418) in der Rückschau urteilt. Über drei Jahrzehnte lang, ungefähr von 16 v. bis 16 n. Chr., bekämpften sich Germanen und Römer in zahlreichen verheerenden Schlachten, oft mit Tausenden von Toten.
    Seinen Anfang nahm das Unheil unter Julius Caesar. 58 v. Chr. beginnt der römische Feldherr, Gallien zu erobern, und erklärt den Rhein zur Grenze zwischen dem Reich Roms und den germanischen Stämmen. Etwa vier Jahre später lässt er beim heutigen Bonn eine erste Brücke über den Rhein errichten, um Strafexpeditionen gegen einfallende Barbaren durchzuführen. Spätestens um 12 v. Chr. trifft Kaiser Augustus eine folgenschwere Entscheidung: Er will das Reich bis zur Elbe ausdehnen. Unter den Heerführern Drusus und Tiberius fallen römische Soldaten in zahlreichen Feldzügen in das feindliche Germanien ein und erreichen 9 v. Chr. die Elbe. Der damals modernsten Armee der Welt – topp trainiert, diszipliniert, taktisch geschult, jeder einzelne Soldat bestens ausgestattet mit Wurfspeer (pilum), Kurzschwert (gladius) und Schutzpanzer – haben die Germanen erst mal wenig entgegenzusetzen. Einzelne Stämme begehren zwar immer wieder auf, doch ohne sich zusammenzuschließen. Die Krieger, bewaffnet mit Speeren und Holzschilden – nicht alle besaßen Schwerter –, rennen meist wild in einem Pulk gegen den Gegner an. Den Römern, gut organisiert mit Reitern für Aufklärung und Flankenschutz, einem Kampfblock in der Mitte, einem Versorgungstross und einer Nachhut, ist so aber nicht beizukommen.
    Um die Zeitenwende versuchten die Römer, die Germanen nicht nur militärisch zu besiegen, sondern das Gebiet östlich des Rheins auch mit Hilfe diplomatischer Mittel zu befrieden. Deshalb gingen sie mit einzelnen Stämmen Bündnisse ein. Es war die Strategie des Herrschens und Teilens. Die Römer verliehen freundlich gesinnten germanischen Führern bedeutende Titel und belohnten sie mit Gold, Silber und allerlei Schmuck. Zahlreiche »Barbaren« traten in den Dienst der römischen Armee. Den römischen Legionären folgten Händler und Beamte nach Germanien. Die Römer errichteten zwischen Rhein und Elbe Kastelle und Städte, beispielsweise beim heutigen Waldgirmes an der Lahn, Waffenmanufakturen, Töpfereien und Lazarette, sie bauten Straßen und Wege.
    Zu Verbündeten der Römer wurden insbesondere die Cherusker. Um deren Führer eng an sich zu binden, schickten die Römer Kinder hochrangiger Cherusker zur Ausbildung nach Rom – eine Mischung aus Geiselhaft und Chance zum gesellschaftlichen Aufstieg. Einer dieser Jünglinge war Arminius, geboren wahrscheinlich um das Jahr 17 v. Chr. als Sohn des Cheruskerfürsten Segimer. Er wurde

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