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Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Titel: Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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Zustand, aufgerollt und in Leinen gewickelt, blieben nur zehn Schriften erhalten. Dazu kamen mehrere zehntausend Fragmente. Die als »Schriftrollen vom Toten Meer« bekannt gewordenen spektakulären Funde enthalten Niederschriften fast aller Bücher des Alten Testaments sowie bis dahin unbekannte jüdische Literatur. Entstanden sind sie zwischen 200 vor Christus und dem Jahr 70 unserer Zeitrechnung, als der zweite jüdische Tempel von den Römern zerstört wurde.
    »Sein Bart wehte hinter ihm her«: Claus-Hunno Hunzinger, damals 27-jähriger Neutestamentler aus Göttingen, sieht noch den französischen Geistlichen in der weißen Dominikanerkutte den bis heute letzten Fund, aus der Höhle elf, verkünden: Pater de Vaux, der berühmte Qumran-Ausgräber und Leiter der Ecole biblique in Jerusalem, »konnte sehr emotional auftreten«, erinnert sich Emeritus Hunzinger. Als Erste durften der junge Deutsche und sein britischer Kollege, der Linguist John Marco Allegro, eine gelbbraune Psalmenrolle studieren – genau eine Stunde lang. Die anderen Wissenschaftler beschäftigten sich indessen mit den Fragmenten: Die Texte und Teilchen, die Beduinen in der Höhle zusammengetragen hatten, waren noch nicht aufgekauft, die Wüstenbewohner hatten dem Museum ihren Schatz nur kurzfristig ausgeliehen.
    »Das war ein großartiges Dokument, gut lesbar«, erinnert sich Hunzinger. Die mehr als 2000 Jahre alten hebräischen Handschriften des Psalters, in Kolumnen ohne Satzzeichen auf Pergament geschrieben, erwiesen sich als »fast identisch mit unserem heutigen, gedruckten Text«. Die früheste bekannte Bibelhandschrift stammte bis dahin aus dem 9. Jahrhundert. Die antiken Abschreiber der Psalmen-Sammlung hatten also, über einen immensen Zeitraum hinweg, präzise Arbeit geleistet. Die ledrigen Schriftbahnen verströmten einen ganz besonderen Geruch. Nachdem 1947 ein arabischer Hirte die ersten Schriftrollen zutage gefördert hatte, erkundeten Beduinen und später dann auch de Vaux und seine Leute das Gelände um Qumran systematisch. Auch in die elfte Höhle waren die Archäologen bereits vorgedrungen – und schnell wieder umgekehrt: Meterhoch lagerten hier die Exkremente von Fledermäusen, der ätzende Gestank verscheuchte die Forscher, nicht jedoch die Nomaden, die nach ihnen kamen.
    Schätzungsweise 16000 bis 20000 Bruchstücke von 870 Rollen aus dem spätantiken Judentum wurden aus den Berghängen am Toten Meer geborgen. Weitgehend unversehrt wie der Psalter blieb auch das Prunkstück der Sammlung, die 7,34 Meter lange Jesajarolle aus Höhle eins. Nahezu lückenlos gibt sie den Text des Prophetenbuchs wieder, mitsamt der Friedensvision einer Wandlung von »Schwertern zu Pflugscharen«. Auf Leder von Ziegen, Rindern, Schafen oder auch Gazellen, seltener auf Papyrus waren mindestens 500 verschiedene Schreiber tätig, die meisten in der heute noch im Druck üblichen hebräischen Quadratschrift. Ein Datum hinterließen sie nicht. Das Alter der Rollen wurde erst mit Hilfe der Radiokarbonmessung ermittelt. Es handelt sich um die wohl bedeutendste archäologische Entdeckung des 20. Jahrhunderts.
    Fünf Jahre lang hat der evangelische Theologe Hunzinger Schnipsel und Fetzen sortiert, teils waren die Fragmente nicht größer als eine halbe Briefmarke. »Furchtbare Fummeleien«, bei denen er auch mit Hilfe der Maserung des Papyrus mehrdeutige Zeichen enträtselte, ergaben schließlich faszinierende Einblicke: Unter der Lupe, so war der Forscher überzeugt, hatte er auf der Psalmenrolle auch Gebetstexte und Friedensformeln der strenggläubigen jüdischen Gemeinde vor sich, die einst Qumran besiedelte, praktisch das Gesangbuch der sogenannten Essener.
    Beim wissenschaftlichen Streit ging es bald hoch her: Waren die Essener die Verfasser und ursprünglichen Besitzer der reichen Bibliothek? Kopierten sie Hunderte von Texten, um die heiligen Schriften in der Abgeschiedenheit zu studieren?
    Die Sekte der Essener, mönchisch und radikal, über die schon antike Autoren wie Josephus Flavius und Plinius der Ältere berichtet hatten, wurde von de Vaux sogleich in Zusammenhang mit den Höhlenfunden gebracht. Der Archäologe deutete die nahe gelegene Ruinenstätte als eine Art Kloster der asketischen Gruppe. Er fand Becken für rituelle Waschungen, einen Speisesaal, Tintenfässer und ein Skriptorium, in dem die Texte und Rollen entstanden seien. Hier, in Qumran, hätten die Essener abseits von Jerusalem ihren reineren »neuen Bund« gegründet. Als »Söhne

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