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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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sollen, müßt ihr euch an Van Damme wenden. Bei mir seid ihr da falsch.
    Lally ruft mich zu sich heran. »Siehst du die Cops? Sie waren schon bei euch - spring rein.«
    Wir bahnen uns einen frischen Pfad in Richtung Heimat. Auf dem Boden klimpern die Ginseng-Ampullen.
    »Wo hast du den Rest deines Kopfes gelassen?« Lally streicht sich im Rückspiegel die Augenbrauen glatt. Man hat so eine Ahnung, daß der Spiegel schon eine Weile nicht mehr auf die Straße eingestellt war.
    »Fragen Sie nicht«, sage ich.
    »Willst du gerade irgendwo hin?«
    »Surinam.«
    Er lacht. »Wie bist du eigentlich hierhergekommen? Ich hab gar kein Auto gesehen heut morgen ...«
    »Wir sind gelaufen.« Eigentlich soll ich sagen, daß Moms Auto bei der Reparatur ist. Es ist bloß nicht bei der Reparatur. Das Auto mußte für den neuen Läufer im Wohnzimmer herhalten - der, an dem Brad seine Finger abwischt.
    »Was glaubst du, was die Cops von dir wollen?«
    »Mich durchsuchen.«
    »Tss.« Lally schüttelt den Kopf. »Es wird alles nicht leichter werden, das ist dir klar, oder? Ich geb dir einen Rat - bis Sonnenuntergang könnte ich einen Bericht geschnitten haben, er könnte heut abend noch laufen - Vern? Ich finde, es ist an der Zeit, daß du deine Geschichte erzählst. Deine wirkliche, wahre Geschichte.«
    »Kann schon sein«, sage ich und laß mich tief im Sitz hin abrutschen. Ich spüre, wie mich Lally beobachtet. »Du mußt nicht mal zu sehen sein, ich kann ihn auch zusammenschneiden aus Aufnahmen von Freunden und Angehörigen. Die Kamera ist bereit, Großer. Gib mir einfach das Signal.« Ich behalte Lallys Angebot im Kopf, aber viel lieber war mir, Marion Nuckles würde seine verdammte Geschichte erzählen. Er weiß, daß ich eine reine Weste hab, er war schließlich dabei. Ich kann einfach nicht glauben, daß ich alles abkriege - ich, der ich an Familiengeheimnisse denken muß - , während er sich in aller Ruhe entspannt. Ich meine, was hat er denn zu verbergen?
    Ein falscher Ton der Fleischwerkskapelle hustet uns in einem Wirbelwind aus Laub auf den Beulah Drive. Um den Pumpenbock herum haben sie in der Zwischenzeit einen Miniaturmarktplatz aus dem Boden gestampft. An einem Stand gibt es Grillschürzen mit Martirio-Aufdruck, Pam hat auch so eine. Nebenan geben ein paar Medienleute einen Dollar für ein Stück Fudge aus Houston aus. Einer der Fudge-Verkäufer bindet sich niedergeschlagen eine Schürze um. Die Schürzenverkäufer mampfen niedergeschlagen Fudge. Ich dagegen glotz nur wie ein geteerter Affe - wie man eben so glotzt, wenn das Leben um einen herum in Hundejahren rast, während man selber dasteht wie festgefroren. Wenn zum Beispiel um die Pumpe herum ein mittleres Einkaufszentrum entsteht, während ich noch genau dieselben Probleme habe, mit denen ich am Morgen hier weggegangen bin. Ich schaue nach unten und schiebe mit dem Fuß Ginseng-Ampullen zusammen.
    »Nimm dir eine«, sagt Lally.
    »Was?«
    »Nimm dir was von dem Ginseng, kannst du was für deine Kräfte tun.«
    Als er das sagt, fällt mir auf, daß der Ginseng dieselbe Pissefarbe hat wie die Acid-Micros in meiner Hand. Kein Hund dieser Welt würde sie durch den Ginseng wittern. Als ich mich runterbeuge, um nach einem Fläschchen zu greifen, bremst Lally, weil er einem Strohteddy unter Lechugas Weide ausweichen muß; ich verliere das Gleichgewicht, und die Dopezigaretten fallen mir aus der Hand.
    Lally stellt den Motor ab, betrachtet die Joints, hebt einen auf, schnuppert dran und grinst. Dann schaut er mich an. »Tss - hättest du mir ruhig sagen können, daß du nicht teilen willst.«
    »Ähm, ehrlich gesagt, die gehören mir gar nicht.«
    »Zumindest nicht mehr lange«, sagt er und blickt finster in den Rückspiegel.
    Ich fahre herum und sehe, wie eine Querstraße weiter der Smith-County-Transporter seine Schnauze auf den Beulah Drive schiebt. Ameisenstraßen aus Klettbändern schnüren meine Gedärme ein.
    »Komm, gib sie mir«, sagt Lally. Er hebt sich aus seinem Sitz und stopft die Joints in einen Schlitz im Polster.
    »Danke - bin gleich zurück.« Ich fliege über unseren Rasen ins Haus, weiter durch den Flur und in mein Zimmer, wo ich die Verschlußkappe von der Ginseng-Ampulle ziehe. Ich nehme Taylors LSD-Micros und laß sie hineinfallen. In der Pisse sind sie nicht mehr zu sehen, und die Kappe paßt auch wieder wie neu. Ich lege das Fläschchen in den Nike-Karton, zu meinem Schlüssel vom Vorhängeschloß, und verstecke das Ganze wieder im Schrank. Dann

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