Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
Vom Netzwerk:
der immer samstags geöffnet hat. Nur Mr. Deutschman, der alte Knacker, und ich sind an diesem Morgen hier. Und Mom.
    »Hören Sie einfach nicht auf Vernon, beim Unisex schneiden sie meistens auch ziemlich kurz.«
    Mit ihrem Kopftuch und ihrer Sonnenbrille ist sie vermeintlich unsichtbar. Die unsichtbare zuckende Frau. Ich dagegen hab das knallroteste T-Shirt an, das die Welt je gesehen hat, wie ein blöder Sechsjähriger oder so. Ich wollte es nicht anziehen. Sie kontrolliert, was man anzieht, indem sie alles andere naß in der Wäsche behält.
    »Machen Sie ruhig, Sir, es wächst ja wieder nach.«
    »Scheiße, Ma ...«
    »Vernon, ich versuch dir bloß zu helfen. Ein Paar vernünftige Schuhe müssen wir dir auch besorgen.«
    In meinem Arsch sammelt sich Schweiß. Die Lampen sind ausgeschaltet, ein einzelner Lichtstrahl fällt schräg durch die Tür auf die grünen Fliesen. Die Luft stinkt nach Fleisch. In der Mitte des Raumes stehen, von Fliegen bewacht, zwei historische Friseurstühle; ihr Leder war mal weiß, jetzt ist es braun und zu Plastik verhärtet. Ich guck vorsichtshalber nach, ob Armzwingen dran sind. In einem der Stühle sitz ich, im anderen Mr. Deutschman; unter seinem Umhang krabbeln seine Hände umher. Scheinbar hat er kein Problem damit zu warten. Dann schrillt draußen eine Pfeife, und auf dem Schotter des Betriebshofes formiert sich die Marschkapelle der Fleischwerke. »Braaap, barp, bap«, beginnt die Probe. Durch die Tür kann ich eine Majorette sehen, die ungefähr achtzigtausend Jahre alt ist; ihre Hinterbacken klatschen beim Marschieren gegen die Rückseiten ihrer Schenkel. Mein Blick nimmt Zuflucht beim Fernseher in der Ecke des Raumes.
    »Guck mal, Vernon, er hat weder Arme noch Beine, aber er ist ordentlich und gepflegt. Und er hat einen Job, guck mal - er spekuliert sogar an der Börse.«
    Sie fragen den Jungen im Fernsehen, wie es ist, so talentiert zu sein. Er zuckt bloß mit den Schultern und sagt: »Ist das nicht jeder?«
    Der Friseur zerschneidet hauptsächlich Luft; zwei Hälften einer Fliege fallen zu Boden. »Barry war hier. Meinte, es könnte eine Drogenspur geben.«
    »Drogen pur, jaja«, sagt Mr. Deutschman.
    »Eine Drogenspur, vielleicht auch eine zweite Waffe.«
    »Eine zu weite Waffe, ah ja. Ich habe gehört, es war ein Höschenkult - haben Sie das auch gehört? Ein Höschenkult?«
    Ein beschissener Tag, alles in allem. Besser, man ist weit weg, wenn sie irgendwelche Drogen finden. Ich sitz also hier rum mit zwei Spliffs und zwei Acid-Micros in meiner Hosentasche; »fiese Gelatine« hat Taylor das Zeug genannt - klang so, als ob dein Gehirn zur Nase rauskatapultiert wird, wenn du davon probierst. Ich hab versucht, sie auf dem Weg hierher loszuwerden, aber das Schicksal war gegen mich. Das blöde Schicksal ist neuerdings nur noch gegen mich.
    Mein Bündel packen und Land gewinnen, das ist es, was ich tun werde - mürrisch und einsam, wie im Fernsehen. Taylors Stoff loswerden und Land gewinnen, und zwar mit mehr Erfolg als letzte Nacht, als Lally und die Weltmedien vor der Tür kampierten. Ich hab's genau vier Schritte weit nach draußen geschafft, bis sie angeschnüffelt kamen. Jetzt denken sie, ich bringe den Müll im Rucksack raus. Vergangene Nacht war verdammt lang, Mann - lang und bevölkert von Gespenstern und Einsichten. Sie haben mir gesagt, daß ich handeln muß.
    »Vaine will mit diesen Hunden hier vorbeikommen«, sagt der Friseur. »Werd ich ihr gleich mal sagen, was wir brauchen: ein SWAT-Team mit 'n paar von diesen Schnellfeuergewehren, die 'nem Kriminellen das Fleisch von den Knochen fetzen. Und nicht irgendwelche blöden Hunde.« Klick-schnapp, schert er über meinen Schädel. Ich laß meinen Blick über den Boden wandern, um zu sehen, ob irgendwo Ohren rumliegen.
    »Fleisch is besser als Hunde«, sagt Deutschman.
    »Sitz still, Vernon«, sagt Mom.
    »Ich muß was erledigen.«
    »Weißt du was, vielleicht nimmt dich Harris' Store.«
    »Was?«
    »Vielleicht könntest du da einen Job kriegen - Seb Harris hat sich sogar einen Transporter gekauft!«
    »Ich red von was ganz anderem. Außerdem gehört Sebs Vater zufällig der ganze Laden.«
    »Ich mein ja nur- du bist jetzt der Mann im Haus, Vernon, und da erwarte ich, daß ich mich auf dich verlassen kann. Alle Jungs, die ich kenne, haben Jobs, das ist alles.«
    »Welche Jungs zum Beispiel, Mom - wer denn?«
    »Zum Beispiel Randy und Eric?«
    »Randy und Eric sind tot.«
    »Vernon Gregory, ich will damit nur sagen,

Weitere Kostenlose Bücher