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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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schlendere ich ganz lässig auf die Veranda, abgekühlt von einem Schweißausbruch der Erleichterung; ich komme rechtzeitig, um zu sehen, wie Vaine Gurie, Mom und ein Beamter aus Smith County im Polizeitransporter vorfahren. Im Luftzug der Klimaanlage wehen ihre Haare wie Seegras unter Wasser, außer Moms, die sich mehr so ruckartig bewegen wie diese reizbaren Anemonentierchen. Lally sitzt ganz ruhig im Schatten von Lechugas Weide. Scheint so, als sei er doch ganz okay, Ol' Lally, alles in allem. »Ein Guter«, wie der früher mal recht gesprächige Mr. Nuckles sagen würde.
    Plötzlich spielt das Schicksal seine übliche Karte: Majestätisch rollt Leonas Eldorado am Pumpenbock vorbei, darin lauter muffige, vertrocknete Schöße und dringliche, bittere Bedürfnisse. Mom fällt in sich zusammen. Das Timing dieser Ladys ist erstaunlich, das muß ich sagen; als hätten sie einen Skandalradar oder so was. Sie schäumen aus dem Auto heraus wie Seifenblasen aus einer Sitcom -Waschmaschine, außer Brad, der hinten sitzen bleibt. Er ist damit beschäftigt, einen Popel zu essen, man sieht's ihm an. Betty Pritchard steigt aus und beginnt, wie ein bescheuertes Huhn auf dem Rasen rumzustaksen.
    »Ich glaub, ich muß zur Toilette - man weiß einfach nie genau bei dieser Infektion.«
    Leona und George gehen neben unserer Weide in überlegene Stellung. »Hi, Doris«, winken sie. Ich schaffe es fast ins Haus zurück, doch Vaine Gurie hat sich schneller aus der Fahrerkabine gequält, als man denkt. »Vernon Little, komm mal bitte zu mir.«
    »Schon wieder ein Rückschlag, Doris?« fragt Leona voller Hoffnung.
    »Ach nein, gar nichts, Mädchen«, sagt Mom. »Kommt rein, drinnen gibt's Fudge.«
    »Wir können nur kurz bleiben«, sagt Leona, »um drei kommen sie vorbei, um die Tiefterrasse zu verlegen.«
    »Ach, und ich dachte, es ist meine Special Edition«, sagt Mom und eilt mit kleinen Schritten über die schmutzige Erde. »Ich hab das Auto gesehen, und da dachte ich, der neue Kühlschrank ist da ...«
    »Ma?« rufe ich. Sie hört mich nicht.
    George plaziert einen Arm auf ihren Schultern, und so verschwinden sie im Haus. »Schätzchen, ist doch ganz klar, daß sie sich ihn vornehmen, wenn er unbedingt so rumlaufen muß - dieser Haarschnitt ist das Allerletzte.«
    Klappernd fällt die Fliegengittertür zu, und Moms Stimme verliert sich im Dunkeln. »Ich konnte ihn einfach nicht zur Vernunft bringen, ihr wißt ja, wie Jungs sind ...«
    »Komm, Vernon«, sagt Gurie. »Wir machen einen kleinen Ausflug.«
    Ich suche in ihrem Gesicht nach Anzeichen dafür, daß die Wahrheit aufgedeckt wurde und die Entschuldigung unmittelbar bevorsteht. Doch ich finde keine.
    »Ma'am, ich war noch nicht mal dort ...«
    »Soso. Dann wird es schwierig, die Fingerabdrücke zu erklären, die wir entdeckt haben, meinst du nicht auch?«
    Stellt euch einen Smith-County-Polizeitransporter vor, der still an einer Straße zwischen drei Holzhäusern steht. Stellt euch mich darin vor. In den Weiden zirpen die Insekten und wissen von nichts. Hinter Marktständen aus Küchentischen, errichtet auf einem Fleckchen des hohen Grases, das die Ränder von Martirio streift und ohne Unterbrechung bis nach Austin fließt, rattert die Gottesanbeterin. Dann taucht Brad Pritchard an meinem Fenster auf - die Nase zum Himmel gestreckt, mit dem Finger auf seine Schuhe deutend.
    »Air Maxes«, belehrt er mich. »Neu.«
    Er steht mit geschlossenen Augen da und wartet darauf, daß ich ihm eine verdammte Kußhand zuwerfe oder in Tränen ausbreche oder sonst was. Arschloch.
    Ich hebe mein Bein ans Fenster. »Jordan New Jacks.«
    Er verdreht kurz die Augen und deutet dann auf meine Nikes. »Alt«, erklärt er geduldig. Dann zeigt er auf seine. »NEU.«
    Ich zeige auf seine - »Preis von einem Barbie-Camper«. Dann auf meine - »Preis eines Firmenjets mittlerer Reichweite«.
    »Stimmt nicht.«
    »Stimmt doch.«
    »Viel Spaß im Gefängnis.«
    Er schlurft über den Rasen und hopst die Stufen zur Veranda hoch. Von meiner eigenen Haustür grüßt hämisch ein einzelner durchgedrückter Finger, dann knallt die Gittertür zu. Einen Moment später, als die Polizisten gerade den Wagen anlassen, fliegt sie wieder auf. Meine alte Dame stürzt raus und hechelt zur Straße runter.
    »Vernon, ich liebe dich! Vergiß, was ich vorhin gesagt hab - du weißt doch, selbst Mörder werden von ihren Familien geliebt ...«
    »Verdammt, Mom, ich bin kein Mörder!«
    »Das weiß ich doch - es ist nur ein

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