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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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von Martirio« steht, und andere mit reingerissenen Löchern und dem Schriftzug »Ich fuhr nach Martirio, und alles, was ich bekam, war diese lausige Austrittswunde«. Pfarrer Gibbons schnauft empört und schüttelt den Kopf.
    »Zwanzig Dollar«, sagt er. »Zwanzig Dollar für ein einfaches Baumwoll-T-Shirt!«
    Ich rutsche tief in meinen Sitz, aber Emile Lozano hat mich schon gesehen. »Yo, Vermin! Vermin Little!« johlt er und salutiert mir wie einem bescheuerten Helden oder so. Schönen Dank, Emile, du Blödmann. Am Ende bin ich einfach bloß froh, daß sich irgendwann Bahnschienen an die Straße zum New Life Center drängeln. Das Radio geht mir langsam auch auf die Eier, wenn ich ehrlich bin. Eben gings darum, daß Bar-B-Chew Barn sich hinter die Kampagne für ein örtliches SWAT-Team stellt. Und jetzt machen sie einen Haufen Wirbel um die Jagd nach der zweiten Schußwaffe. Keiner sagt, wo sie jetzt genau suchen wollen; ob sie zum Beispiel speziell bei Keeter's oder so vorhaben zu suchen. Ich meine, wenn sie vorhätten, bei Keeter's in der Gegend zu suchen, würden sie's ja wohl sagen, sollte man zumindest annehmen.
    Das New Life Center ist in Wirklichkeit unsere alte Kirche. Rasen und Parkfläche sind für heute in einen Marktplatz verwandelt worden. Es sieht aus wie am Waschtag: lauter zerknitterte Weißwäsche, die im Sonnenschein flattert. Auf den Transparenten, die wir damals in der Sonntagsschule gemalt haben, ist »Jesus« mit »Herr« überpinselt worden. Ich helfe dem Pfarrer, den Wagen auszuladen und Sachen zu einem Stand direkt neben den Bahnschienen zu tragen. Dort werde ich von ihm stationiert, als Verwalter des Kuchenstandes. Und jetzt haltet euch fest: Ich muß einen Talar anziehen. Vernon Gucci Little in seinen unmodernen Jordan New Jacks und einem beschissenen Talar. Zehn Minuten später rumpelt hinter mir der morgendliche Güterzug vorbei und ist die ganze Zeit am Hupen. Er hupt sonst nie, es sei denn, man steht in einem beschissenen Talar neben den Gleisen.
    Glaubt mir, mein Kopf ist voll mit Fluchtplänen. Das Problem ist nur, daß mich Pam in der Busstation identifiziert hat, so daß sie dort wahrscheinlich nur darauf warten, daß ich meine Visage noch mal zeige. Ganz im Ernst, wahrscheinlich haben sie dort einen verdammten Panikschalter installiert, mit 'ner direkten Verbindung zu Vaine Guries Arsch. Oder Goosens' Schwanz oder so. Das heißt also, ich muß mich querfeldein zur Interstate durchschlagen und einen Lastwagen finden, der nach Surinam unterwegs ist, oder einen Fahrer, der sich keine Nachrichten anschaut. Also einen Fahrer, der blind und taub ist. Gibt's massenweise, laut Pam zumindest.
    Je senkrechter die Sonne steht, je schriller die Hitze kreischt, desto mehr Leute trudeln auf den Markt. Man sieht ihnen an, daß sie sich bemühen, nicht ausgelaugt und betrübt zu wirken. Ausgelaugt und betrübt wie die ganze Stadt im Moment, Joy Cakes hin oder her. Sie brechen nicht gerade Verkaufsrekorde, muß ich sagen. Alle halten sich in sicherer Entfernung zu meinen Joy Cakes. Beziehungsweise zu mir, nehm ich an. Mr. Lechuga, der drüben beim Tombolazelt Lose verkauft, dreht sogar seinen Tisch in eine andere Richtung. Nach einer Weile trifft Lally zusammen mit meiner alten Dame ein. Sie sind zwar noch nicht zu sehen, aber irgendwo läuft Moms Burt-Bacharach-CD. Die Musik bohrt sich durch die düstere Stimmung wie ein Bleistift durch eine Lunge. Vollkommen ausgeschlossen, daß sonst jemand diese scheiß Platte besitzt, mit diesen Jingle-Sängern und ihrem debilen Klim-per-Klapper-Geplätscher, auf das sie so abfährt: »Something big is what I'm livin for« - eine dieser typischen Streicheleinheiten aus musikalischen Lügen, mit denen sie alle aufgewachsen sind, damals, als es in jedem Lied eine dieser Trompeten gab, die so klingen, als ob sie jemand mit dem Arsch geblasen hätte.
    »Ach, hi Bobbie, hi Margaret!« Mit einem karierten Oberteil über einer nackten Bauchrolle weht meine alte Dame aus Lallys neuem Mietwagen heraus. Ich nehm mal an, sie ist schon fertig mit Trauern. Außerdem trägt sie eine funkelnde rote Sonnenbrille. Fehlt nur noch der Pudel zum Rumtragen, ohne Scheiß. Jemand muß das Vakuum aus ihrem Arsch gelassen haben, jedenfalls sitzen ihre Haare heute nicht in dieser helmartigen Dauerwelle auf dem Kopf wie sonst; sie fallen jetzt wild und frei.
    Lally schlendert zu meinem Stand und schnipst gegen einen Joy Cake. »Wieviel?«
    »Vier fünfzig«, sage ich.
    »Nicht mal das

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