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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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niemand Schönes, kein Cowgirl oder so. Der nächste Bus nach San Antonio geht in zwanzig Minuten. Vielleicht sitzt es ja schon im Bus, das Cowgirl. Um nicht aufzufallen, reihe ich mich hinter zwei mexikanischen Ladys in die Schlange am Fahrkartenschalter ein. Sie sprechen spanisch. Das bringt mein Herz zum Klopfen, muß ich schon sagen - das und der würzige Geruch ihrer Kleidung. Ich denk an mein neues Strandhaus und an Taylors Wäsche, die an den Palmen draußen aufgehängt ist, ihre Höschen und so. Wahrscheinlich läuft sie im Haus nackt rum, weil alle ihre Höschen draußen zum Trocknen aufgehängt sind. Bikini höschen im Sonnenschein. Oder Tangas. Wahrscheinlich Bikinis.
    Ich laß meine Zunge ein bißchen Spucke rangieren und betrachte einen alten Mann, der hinten an der Wand im Martirio Clarion blättert, unserer sogenannten Zeitung. Die Haut hängt ihm in kleinen Säcken vom Gesicht, als ob er Implantate aus Blei hat. Die Leute nennen so was Charakter. Es ist aber kein Charakter, es sind Gefühle, die man da sieht. Verschleiß durch Wellen der Enttäuschung und der Traurigkeit. Ich hab mir die Gesichter der Leute genau angeschaut in den letzten Tagen, und ich weiß jetzt, daß sie überwiegend einseitig wirken, diese Wellen. Ein Leben lang kriegt man sie ab, immer wieder, und irgendwann bringt einen der allerkleinste Scheiß zum Heulen.
    So, wie ich hier in der Schlange stehe, allein mit meinen Grübeleien, fühle ich mich eigentlich ganz wohl. Dann blättert der Mann die Zeitung um, und auf der umgeschlagenen Seite erscheint mein Bild. »Schuldig?« fragt die Schlagzeile. Im Raum wird es plötzlich eiskalt. Mein Blick rast umher, und ich könnte schwören, daß ich Jesus' Sarg aufblitzen sehe, der hereingerollt wird, um mit dem Bus nach San Antonio transportiert zu werden. Ich schließe die Augen; als ich sie wieder öffne, ist kein Sarg zu sehen. Doch im Innersten meiner Seele rechne ich damit. Damit oder mit irgendeiner anderen fiesen Scheiße. Ihr kennt es ja, das Schicksal.
    Zentimeter für Zentimeter schlurfe ich hinter den mexikanischen Ladys zum Schalter. Mein Mut ist versickert. Ich beschließe, am Fahrkartenverkäufer meinen New Yorker Akzent auszuprobieren; ich stell ihm einfach ein paar Fragen, und wenn später jemand nach mir sucht, wird er sagen: »Niemand, nur so ein Brooklyn-Kid.« Die Ladys sind fertig und gehen. Der Angestellte klappert nicht länger auf seiner Tastatur herum und blickt auf. Mein Mund öffnet sich, doch er schaut mich gar nicht an - sein Blick schießt über meine Schulter hinweg.
    »Hallöchen, Palmyra!« sagt er.
    Pams Schatten legt sich über mich. »Vernie - was zum Teufel machst du denn hier?«
    »Äh - nach einem Job fragen.«
    »Herr im Himmel, kein Junge kann mit leerem Magen arbeiten - komm mit, ich bin auf dem Weg zu euch und fahre unterwegs beim Barn ran ...«
    Fuck. Jeder in dem beschissenen Raum blickt auf und guckt zu, wie mich Pam an der Hand nach draußen zerrt wie ein kleines Kind. Der Alte mit der Zeitung stößt seinen Nebenmann an und deutet auf mich. Ich spüre, wie sich die Schlinge dieser Stadt um meinen Hals zusammenzieht.
neun
    »Schußwaffen werden die Hunde auch ausfindig machen, dasselbe gilt für andere Hilfsmittel«, sagt der Sheriff im Fernsehen. »Sollte also eine Waffe gefunden werden, geht es nur noch darum, die Fingerabdrücke abzugleichen.«
    »Und wenn Sie eine Übereinstimmung feststellen, ist der Fall gelöst?« fragt der Reporter.
    »Sie sagen es.«
    Mom schaltet den Fernseher aus und huscht zurück zur Küche. »Mein Gott, Vernon, würdest du bitte nicht in diesen Schuhen zur Tragödientombola gehen, du weißt, was alle darüber denken. Bitte. Es muß doch irgendwo in der Stadt ein Paar Tumbledowns in deiner Größe geben.«
    »Timberlands, Ma.«
    »Oder so, ist ja auch egal. Äh, da ist ja auch schon der Pfarrer. Ich weiß, daß es nicht der tollste Job ist, aber wie Lally bereits gesagt hat - es ist wichtig, der Gemeinschaft zu zeigen, daß du Wiedergutmachung leistest.«
    »Wofür denn - ich hab verdammt noch mal nichts gemacht!«
    »Vernon Gergory!« sagt Lally. »Hör auf, deiner Mutter zu widersprechen.«
    Er hat heute seinen schicken Anzug an, mit Krawatte und so. Möchte bloß mal wissen, wo der auf einmal herkommt, dieser blöde schicke Anzug.
    Ich will einfach nur sterben oder wenigstens zurück in den verfluchten Knast und die Geborgenheit von Barry und seiner gruseligen Crew durchgeknallter Witzbolde spüren. Die Nacht

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