Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
Vom Netzwerk:
schon den mit dem Karnickel?« Nee, Mann - der ist höchstens sechs Millionen Jahre alt.
    Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Mom heulend zu den Toiletten hinter dem New Life Center rennt, aber ich kann mir jetzt keine Wellen leisten. Ich muß mein Rad holen und zu Keeter's fliegen. Am Liberty Drive drängen sich Leute von außerhalb um ein neu aufgestelltes Schild vor dem Barmherzigkeitshospiz. »Hier entsteht demnächst ein La Elegancia Tagungszentrum«, steht auf der Tafel. Ein uralter Mann blickt finster von der Veranda des Hospizes herab. Ich ziehe meinen Kopf ein und will die Straße überqueren, als eine fremde Stimme nach mir ruft.
    »Little!« Ich beschleunige, aber er ruft noch einmal. »Little, es geht nicht um dich!« Der Typ muß Reporter sein. Er löst sich aus einer Meute von Medienleuten und kommt auf mich zu. »Der rote Van, der bei euch vorm Haus geparkt war - weißt du, wo der ist?«
    »Ja, bei Willard Down.«
    »Ich meine, der Typ, der ihn gefahren hat...«
    »Eulalio, der von CNN?«
    »Genau, der Typ aus Nacogdoches - hast du ihn gesehen?«
    »Äh - Nacogdoches?«
    »H-hmm, genau, dieser Typ hier, der Fernsehmechaniker.« Er zieht eine zerknitterte Geschäftskarte aus seiner Hemdtasche. »Eulalio Ledesma Gutierrez«, steht da drauf, »Präsident & Cheftechniker, Care Media Nacogdoches«.
    Der Fremde schüttelt den Kopf. »Der Bastard schuldet mir noch Geld.«
    »O Eulalio, yo! Lalio, yo! Lalio, jetzt sitzen wir im selben Boot.« Das ist es, was ich auf dem Weg raus zu Keeter's singe. An meiner Seite rauscht Jesus durch den Wind, ich kann ihn spüren, er ist glücklicher als sonst, nicht so kalt und leblos; vielleicht liegt das daran, daß ich endlich meine Chance bekomme. Ich werde die Nummer auf dieser Karte anrufen und die ganze schleimige Wahrheit über Yoo-hoolalio erfahren. Und dann, wenn der Reporter bei uns auftaucht, um seine Knete abzuholen, wird der Mistkerl vor aller Augen entlarvt, und ich kann die Stadt mit der Gewißheit verlassen, daß es meiner alten Dame gut geht. Diese Geschäftskarte ist alles an Geschützen, was ich brauche. Denn eins hab ich bei Gericht gelernt: Man braucht Artillerie.
    Zum Trocknen aufgehängte Wäsche und Antennenmasten winden sich durch Crockett Park wie Schlangen im Käfig. Wir reden hier über eine Gegend, in der die Unterwäsche ziemlich ausgebeult an den Beinen baumelt. Ol' Mr. Deutschman zum Beispiel wohnt hier draußen, der früher mal ehrbar und anständig war. Wenn man früher mal weniger schlimm war, dann landet man in Crockett's. Hier leben Typen, die sich gegenseitig die Fresse polieren und ihre Vergaser eigenhändig reinigen. Es ist anders als da, wo ich wohne, näher an der Stadt, wo die Leute alles totschweigen und in sich reinfressen. Das machen sie so lange, bis mal jemand explodiert, weshalb man die ganze Zeit gespannt daraufwartet, bei wem's als nächstes knallt. Wahrscheinlich ist es so 'ne Art streng riechende Ehrlichkeit, die man hier in Crockett's findet. Streng riechende Ehrlichkeit und saubere Vergaser.
    Neben einem Wellblechzaun an der Ecke bei Keeter's, am äußersten Rand der Stadt, steht Martirios letztes Münztelefon. Wenn du in Crockett's wohnst, ist das dein privater Anschluß. Dahinter erstreckt sich ödes Land in die Hänge des Balcones Escarpment hinein, so weit, wie die Vorstellung reicht. Zwanzig Meter weiter, an der Johnson Road, steht das Schild mit der Aufschrift »Welcome to Martirio«. Jemand hat die Bevölkerungszahl durchgestrichen und »schwankt« darüber geschrieben. Das ist Crockett's. Streng riechende Ehrlichkeit und ein Sinn für Humor.
    Ich lehne mein Rad gegen den Zaun und gehe zum Telefon. Es ist neunundzwanzig Minuten nach zwei. Ich darf auf keinen Fall vergessen, daß die Metallfresse nach einer Stunde anfangen wird, nach mir zu schreien. Ich wisch die Sprechmuschel an meinem Hosenbein ab, so was lehrt einen das Leben an diesem Ende der Stadt. Dann wähle ich die Nummer von CMN in Nacogdoches. CMN, CNN - alles klar? Lally, du miese Ratte. New York? So siehst du aus.
    Es klingelt. Eine uralte Frau meldet sich. »Ha-llo?«
    »Äh, hallo - können Sie mir sagen, ob Eulalio Ledesma bei Ihnen arbeitet?«
    Man hört, wie das alte Mädchen nach Luft schnappt. »Wer ist dort?«
    »Hier ist, äh - Bradley Pritchard, in Martino.«
    »Ich hab nur noch, was in meiner Geldbörse ist ...« Klappernd fallen bei ihr Münzen auf eine Tischplatte. Ich hab so eine Ahnung, das Gespräch könnte länger dauern.
    »Ma'am, ich

Weitere Kostenlose Bücher