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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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verschränkt ihre Arme und zieht eine Schulter hoch, um sich das Auge zu reiben. Bei den schnalzenden Geräuschen, die die Nachtinsekten um uns herum verursachen, könnte man denken, ihre Haut reißt. »Ganz ehrlich, Vernon Gregory, wenn dein Vater hier wäre ...«
    »Was hab ich denn gemacht? Ich will doch nur in den Park gehen.«
    »Und ich sage lediglich, daß man als erwachsener Mensch Geld verdient und einen Beitrag leistet, und das bedeutet, daß man morgens aufsteht - ich meine, es muß tausend Kids in dieser Stadt geben, aber die sind nicht alle im Park mitten in der Nacht.«
    Auf diese Weise legt sie beiläufig und voller Liebe meine Nerven frei, bis zur letzten Faser, bis die so überreizt sind, daß man sich plötzlich dabei zuhört, wie man sich zu irgendeiner total absurden Sache verpflichtet.
    »Ach ja?« sage ich. »Ach ja? Dann hab ich brandaktuelle und exklusive Nachrichten für dich!«
    »Ach.«
    »Ich wollte es eigentlich nicht gleich sagen, aber wenn es unbedingt sein muß - ich war schon bei Mr. Lasseen wegen einem Job, zufrieden?«
    »Aha, und wann fängst du an?« Der Schatten eines Lächelns umspielt ihre Lippen. Sie weiß, daß ich gerade Holz für ein Kreuz zugeschnitten habe. Doch ihre über Gott und die Welt erhabenen Augenbrauen stacheln mich genug an, daß ich weitermache.
    »Morgen vielleicht.«
    »Und was wirst du machen?«
    »Aushelfen eben, so was in der Art.«
    »Hildegard, Tyries Frau, ist eine alte Bekannte von mir.« Sie erhöht den Einsatz; ich soll denken, daß sie jederzeit Tyries Frau über den Weg laufen könnte. Ich geb aber nicht klein bei, ich würde jetzt alles sagen, um bloß nicht noch ein Messergefecht zu verlieren. Meine alte Dame weiß, wie man mit dem Messer umgeht; auch diese Runde hat sie noch nicht verloren. »Aber was ist mit Dr. Goosens? Ich sterbe, wenn ich noch mal die Polizei hier sehe ...«
    »Ich kann vormittags arbeiten.«
    »Aber was soll Tyrie Lasseen denn denken, wenn du nicht ganztägig arbeitest?«
    »Hab ich alles schon mit ihm besprochen.«
    »Na ja, wenn du jetzt plötzlich so erwachsen bist, dann kannst du mir ja ein bißchen Unterhalt zahlen.«
    »Klar, kein Problem, du kannst das meiste haben - alles, wenn du willst.«
    Sie seufzt, als ob ich jetzt schon mit der Miete im Rückstand bin. »Also, als erstes steht die Stromrechnung an, Vernon - wann wirst du denn bezahlt?«
    »Äh - ich kann bestimmt einen Vorschuß kriegen.«
    »Ohne jede Arbeitserfahrung?«
    »Klar doch«, sage ich und schaue zum Himmel hoch. »Darf ich jetzt in den Park gehen?«
    Sie zwinkert träumerisch, während ihre ach so unschuldigen Augenbrauen zu den Engeln entschweben. »Ich hab nie gesagt, daß du nicht in den Park darfst...«
    Überflüssig zu erwähnen, daß ich keinen verdammten Job hab. Da stehe ich nun mit schwirrendem Schädel im Tequila-Dunst dessen, was ich angerichtet hab, abgeschnitten von meinem eigenen Leben. Lügen wuseln um mich herum wie Ameisen.
    »Dann muß ich dir ab jetzt wohl Lunchpakete zurechtmachen.«
    »Brauchst du nicht, ich komm mittags nach Hause.«
    »Von Keeter's? Das sind ein paar Kilometer.« »Zwanzig Minuten, länger brauch ich nicht.« »Na dann viel Spaß, mit dem Auto sind es ja fast schon zwanzig Minuten ...«
    »Aber ich kenn die ganzen Abkürzungen.« »Also ich weiß nicht, vielleicht sollte ich besser mal Hildegard Lasseen anrufen und mit ihr darüber sprechen, was sie von dir erwarten - ich meine, so geht das doch nicht ...« »Also gut, gib mir ein Lunchpaket mit.«
    »Seid ihr gestorben, ohne mir Bescheid zu sagen?« Pam stößt die Tür ihres Mercurys auf; sie sitzt da, atmet eine Weile durch und stemmt sich dann aus dem Sitz hoch. Irgendwas von der Größe eines Ochsenfrosches hüpft durch ihre Beine nach draußen, kein Scheiß. »Vernie, hilf doch mal deiner alten Palmyra mit diesen Tüten - ich ruf schon seit einer halben Ewigkeit unter eurer verdammten Nummer an.« Sie läßt ein paar Papiersäcke in die Auffahrt fallen, ackert sich zur Weide rüber und schiebt die Zweige beiseite wie einen Vorhang; darunter sitzt Mom und heult. »Lalito ist weg«, schnieft sie.
    »Das hat ja gedauert«, sagt Pam. »Komm schon, das Essen wird matschig.« Sie nimmt den langen, beschwerlichen Marsch zur Veranda in Angriff. Ich sammle die Bar-B-Chew-Barn- Tüten ein und trödele neben ihr her.
    »Vernie, guck mal!« sagt sie und deutet auf den Himmel. Ich schaue hoch. Sie sagt »tsch« und gibt mir einen Klaps auf den Bauch. Sie macht

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