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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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Ich hätte auch ein paar Heavy-Metal-Sachen behalten können, aber die würden mich wahrscheinlich in den Selbstmord treiben. Was von Eminem könnte ich gebrauchen, ein bißchen wütende Poesie, aber so was gibt's ja in Martirio nicht zu kaufen. Wütende Poesie ist hier nicht erhältlich, da kriegt man eher noch eine aufblasbare Tiersexpuppe oder so. Wenn man hier bei uns Gangsta sagt, denken immer noch alle an scheiß Bonnie und Clyde. Nee, wollt ihr wissen, was ich behalten hab? Meine alten Country-Alben - Waylon Jennings, Willie Nelson, Johnny Paycheck, sogar die alte Hank-Williams-Compilation von meinem Daddy. Ich hab sie behalten, weil diese Jungs 'ne Menge Scheiße erlebt haben; ich meine, sie singen über nichts anderes als die ganze Scheiße, die sie erlebt haben. Man weiß einfach, daß sie oft genug auf irgendeinem harten Holzboden aufgewacht sind, mit neunzig Sorgen im Nacken. Die Slide-Gitarre versteht deine Probleme. Alles, was du dann noch brauchst, sind ein paar Biere.
    Silas Benn hat 'ne alte Waschmaschine als Briefkasten, darauf muß man achtgeben, wenn man aus dieser Richtung den Calavera Drive langkommt und auf dem Weg zu ihm ist; das Ding wird nämlich von ein paar Bäumen verdeckt. Ich erwähn das nur, falls jemand mal in die Situation kommt, daß er mit vollem Tempo in Silas' Auffahrt biegen will; paßt bloß auf die verdammte Waschmaschine auf. Ol' Silas ist ein echt komischer Vogel, und das ist nur eine von vielen Macken. Es ist zwar ziemlich früh für einen Besuch, aber er schaltet nie das Wohnzimmerlicht aus, weil's sicherer ist, nehm ich an, und deshalb kann man immer sagen: »Mist, Silas - dein Licht war an.« Er kennt das schon, aber er spielt trotzdem mit. Ich steuere mein Rad vorsichtig zu seiner Einfahrt hoch, gehe ums Haus zu seinem Schlafzimmerfenster und klopfe auf die übliche Weise an die Scheibe. Dann trete ich zurück und halte den Atem an. Der Vorhang öffnet sich einen Spaltbreit; leise stapfe ich zur Hintertür. Es klappert und scharrt, dann macht Silas auf und schaut aus verkrusteten Augen nach draußen.
    »Hank und Hinkebein, Junge, nennst du das etwa eine anständige Uhrzeit?«
    »Mist, Silas - dein Licht war an.«
    »Bestimmt nicht mein verfluchtes Schlafzimmerlicht. Verflixt noch mal, Deibel und Natterkraut ...« Silas hatte keine Zeit, sein Bein anzuschnallen. Er hängt bloß auf einer Art Krücke. Sie haben ihm ein Bein amputiert, muß man wissen.
    »Si, ich hab da ein echt fettes Geschäft, das ich dir vorschlagen will.«
    Hastig kramt er in seinem Bademantel nach seiner Brille. »Laß sehen, Junge, was hast du denn für mich ...«
    »Na ja, die Sache ist die - ich hab nichts zum Anschauen dabei, also ausgedruckt oder so, weil sie meinen Computer mitgenommen haben.«
    »Was zum Teufel ...«
    »Aber ich hab einen Plan, wie du alle Bilder kriegen kannst, auf die du scharf bist, Hunderte - heute noch, wenn du willst, sobald Harris offen hat.«
    »Teufel noch mal, Junge, ist das die Möglichkeit? Sag bloß, du hast mich für nichts aus dem Bett gezerrt?«
    »Hier, schau mal«, sage ich und falte das Blatt Papier auseinander. »Das hier sind Internetadressen - da sind die ganzen harten Fotos gespeichert, alles umsonst, sogar die Ampu-Galore Sachen, die du so gern hast. Mit der Beschreibung hier kannst du zu Harris in den Laden gehen, dich in die Computerkabine setzen und alles ausdrucken, worauf du Lust hast. Kein Scheiß. Mit dieser Liste mußt du nie wieder was für die Bilder bezahlen.«
    »Scheiße noch mal, ich weiß nicht - mit diesen Com-Puder-Maschinen hatt' ich's noch nie so.«
    »Ach was, ist ganz einfach. Alles, was du wissen mußt, steht hier drauf.«
    »Hmm, also, ich weiß nicht«, sagt er und streicht sich übers Kinn. »Was willst'n dafür?«
    »Einen Kasten.«
    »Vergiß es, Junge.«
    »Ehrlich, Si, mit dieser Liste sparst du den Sommer über 'ne ganze Wagenladung Bier, 'ne ganze verfluchte Wagenladung, wenn nicht noch mehr.«
    »Ich geb dir 'n Sixpack.«
    »Hmm«, zögere ich. Man muß zögern bei Silas. »Hmmmm. Ich weiß nicht, Si. 'ne Menge Jungs werden mich um bringen wollen, weil ich ihnen das Geschäft versaut hab.« »Sixpack Coors, ich geh ihn holen.« Er schwingt sich ins Haus wie ein einbeiniger Affe. Man muß einundzwanzig sein, wenn man hier in der Gegend trinken will. Ich bin keine einundzwanzig. Ol' Silas hat immer Bier auf Lager, um es gegen spezielle Bilder einzutauschen. Die Kids aus Martino sind so was wie sein persönliches Internet,

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