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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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feuchte Hand auf meiner. Sie drückt sie. »Du bist alles, was ich hab auf der Welt. Wenn du das Gesicht deines Vaters gesehen hättest, als er erfahren hat, daß es ein Junge ist - in ganz Texas gab es keinen stattlicheren Mann an dem Tag. Was aus dir später einmal werden würde, wenn du erst mal groß bist ...« Ihre geschwollenen Augen verengen den Blick, der auf einen Ort jenseits von Mrs. Porters Haus gerichtet ist, einen Ort jenseits der ganzen Welt - auf das Land aus Buttercreme, wo auch immer das liegt, in der Zukunft, in der Vergangenheit oder sonstwo. Dann wirft sie mir dieses mutige kleine Lächeln zu, ein unverfälschtes Lächeln, das direkt vom Herzen kommt, zu schnell für sie, um eine Opferperformance draus zu machen. Im selben Moment steigen irgendwo in der Stadt Geigen in den Himmel, genau wie im Film. Selbst Kurt schweigt gebannt, als eine Gitarre vor das Orchester tritt und eine texanische Stimme aus einer anderen Zeit unsere Seelen zusammentreibt, damit wir ihr in die Nacht folgen. Christopher Cross beginnt, »Sailing« zu singen. Es ist Moms Lieblingslied von früher, bevor ich auf der Welt war, lange bevor sich ihre Tage verdunkelten. Die Art von Lied, die man hört, wenn man glaubt, daß niemand einen mag. Ein gebrochenes Seufzen entfährt ihr. Ich weiß sofort, daß mich dieses Lied bis in alle Ewigkeit an sie erinnern wird.
    It's not far down to paradise, at least it's not for me
And if the wind is right you can
sail away
And find tranquility ...
    Schicksalslieder. Dieses hier bricht mir mein verdammtes Herz. Wir sitzen da und hören so lange zu, wie wir es aushalten, doch ich weiß, daß das Lied einen Brunnen in Moms emotionale Lichtung gebohrt hat, in meine auch, nehm ich an. Wahrscheinlich sprudelt schon in diesem Moment tief unten schmutziges Blut empor. Das Piano lockt es hervor.
    »Also«, sagt sie, »George meinte, sie kann den Sheriff nur bis morgen hinhalten. Und da ist die Sache mit den Drogen noch nicht mal eingerechnet.«
    »Wenigstens bin ich unschuldig.«
    »Ach Vernon - ich meine, ha-haahh ...« Sie lacht auf diese ungläubige, piffige Art, mit der man jemandem zu verstehen gibt, daß er der einzige Idiot auf der ganzen Welt ist, der den Scheiß glaubt, den er eben erzählt hat. Schon mal aufgefallen, wie beliebt dieses beschissene piffige Lachen heutzutage ist? Da kannst du zu jedem beliebigen Arschloch hingehen und irgendwas sagen, egal was, der Himmel ist blau oder so - du wirst sehen, daß er einen dieser scheiß Lacher auffährt, jede Wette. So bringen die Leute heutzutage den Paradickmann auf ihre Seite, das wird mir so langsam klar. Sie erledigen dich nicht mit Fakten, sie kommen dir einfach nur mit diesem piffigen Lachen, so nach dem Motto: Ja, genau.
    »Ich meine, der Schaden ist unbestreitbar«, sagt sie. »Du hattest diesen furchtbaren Katalog, und jetzt auch noch diese illegalen Drogen ...«
    Furchtbarer Katalog, zieht euch das rein. Ihr Kleiderschrank ist höchstwahrscheinlich voll mit dem Zeug, aber auf einmal ist es ein furchtbarer Katalog. Ich laß ihn außen vor und komme direkt zu den Drogen. »Ach was, 'ne Menge Jungs fahren darauf ab. Außerdem war das Zeug nicht mal von mir.«
    »Ja, ich weiß, es war mein Katalog. Was in aller Welt ist in dich gefahren? Hat dich der Navarro-Junge darauf gebracht?«
    »Nein, verdammt!«
    »Ich will ja nicht schlecht über ihn reden, aber ...«
    »Ich weiß, Ma, Bohnenfresser sind freizügiger.«
    »Extravaganter - das war alles, was ich sagen wollte. Und Vernon, es sind Mexikaner, keine Bohnenfresser - hab gefälligst ein wenig Respekt.«
    Das Gespräch ist Nanometer vom Wort »Höschen« entfernt, und das ist nichts, was man mit seiner Mom besprechen will. Wie ich sie kenne, würde sie wahrscheinlich »Unterhosen« oder »innere Kleidung« oder irgend so was total Verqueres sagen. Ich werde von einer neuen Resignation ergriffen: Solange meine alten Dame so drauf ist, kann ich ihr nicht weglaufen. Nicht sofort, nicht heute nacht. Ich muß jetzt nachdenken, allein.
    »Ich glaub, ich schnapp noch ein bißchen frische Luft«, sage ich und strecke mich von der Bank hoch.
    Mom hebt ihre Handflächen. »Und wie nennst du das hier?«
    »Ich meine, im Park oder so.«
    »Vernon, es ist gleich elf.«
    »Ma, ich werd angeklagt wegen Beihilfe zu Mord, verdammt noch mal ...«
    »Hör auf, deine Mutter zu beschimpfen, nach allem, was ich durchgemacht hab!«
    »Ich beschimpf dich nicht!«
    Einen Moment lang sagt keiner was. Sie

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