Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Zorn, fällt wunderschöner Ehefrau spontan um den Hals, verspeist ergriffen dargereichte Gaumenfreuden, vergisst fremde blonde Frau, küsst bezaubernder Gattin zärtlich die Hand und trägt sie ins Schlafzimmer. Dort bester Sex seit langem, dann gehauchte Geständnisse als Beginn eines alles klärenden Gespräches.
Um eine Minute nach acht fragte Knut: »Neues Nachthemd?«
Kommentarlos ging er an dem festlich gedeckten Tisch vorbei und machte den Fernseher an.
Um drei nach acht lagen die Scherben der Kristallgläser vor der Wand, an die ich sie geschmettert hatte, und ich zog mir im Schlafzimmer heulend das Kleid aus. Dieser Scheißkerl! Kurz darauf verließ ich mit Herkules die Wohnung. Ich musste hier raus. Knut saß noch immer mit versteinerter Miene vor dem Fernsehgerät.
Lange kauerte ich fröstelnd auf der Bank am Rand der Hundewiese. Außer mir war kein Mensch hier draußen in der Kälte. Von der A7 wehte das Rauschen der Autos herüber, sonst hörte ich nur mein eigenes Schniefen. Was war bloß los mit Knut? Stur hatte er schon immer sein können. Aber nicht so kalt, so abweisend. Wie sollte ich mit einem Eisklotz weiterleben? Wahrscheinlich hatte Marie-Anne recht. Wir brauchten eine Auszeit. Vielleicht für immer. Und wieder flossen meine Tränen. Als ich schließlich nach Hause kam, waren die Fenster unserer Wohnung dunkel.
»Moin Lilli, was ist denn mit dir los? Grippe?« Sven kam mit einem Haufen Unterlagen für die Ablage in mein Büro. »Ist wohl eine Allergie«, schniefte ich. Warum meine Augen in Wahrheit rot waren, ging Sven nichts an. »Katzen?« – »Affen«. Ich ignorierte seinen verwirrten Blick und nahm ihm die Unterlagen ab. Nur diesen Arbeitstag hinter mich bringen und mich dann wieder in Julias Zimmer verkriechen, mehr wollte ich nicht.
Sven blieb stehen. »Hast du einen Tee für mich?« In meinem Büro fanden sich stets eine Thermoskanne mit heißem Wasser und ein Sortiment von Kräuterteebeuteln. Sven machte die Tür zu, die eigentlich immer offen stand, wenn ich da war. Der wollte doch nicht nur einen Tee. Er setzte sich auf den Stuhl neben meinem Schreibtisch, nahm die Tasse entgegen und beugte sich zu mir. »Du warst ja gestern nicht hier – hast du schon gehört?« – »Was denn?« – »Unsere allseits geschätzte Chefin läuft Amok!« – »Was soll das denn heißen?« – »Sie behauptet, wir würden sie mobben. Angeblich hat ihr jemand einen Slip untergeschoben, und sie will sich beim Personalrat beschweren.« – »Was?!« – »Ja, wirklich, Guido von der Haustechnik hat das Teil unter ihrem Schreibtisch gefunden. Die Berger ist echt auf hundertachtzig.« Sven wollte sich totlachen. »Ich seh schon die Gesichter der Kollegen vom Personalrat vor mir, wenn sie denen das Corpus Delicti vor die Nasen hält.« Sven sprach jetzt mit verstellter Stimme: »Können Sie beweisen, Frau Kollegin, dass dieser Schlüpfer nicht Ihnen gehört?« Wir kicherten beide albern. »So blöd, da wirklich hinzugehen, kann sie doch nicht sein, oder?«, meinte ich. Sven zuckte mit den Schultern. »Aber sauer genug schon.«
Sobald er wieder weg war, atmete ich tief durch. Mein Herzschlag beruhigte sich. Wenn die Berger wirklich zum Personalrat ging, wurde das garantiert ein Eigentor. Mir konnte nichts passieren. Niemand hatte mich mit dem Tanga gesehen. Und niemand hier würde mir so etwas zutrauen. Ich war schließlich nur Lilli, die graue Maus. Und außerdem hatte ich ganz andere Sorgen. Ich griff zum Telefon.
»Ich begreife nicht, dass eine Frau wie Sie so mutlos sein kann, wenn es um das eigene Leben geht.« Marie-Annes Stimme drang mit strengem Klang aus dem Hörer. »Eine Frau wie ich?« – »Ja, eine Frau wie Sie – intelligent, gutaussehend, mit Stil und noch dazu mit einem Batzen Geld in der Hinterhand. Eine Frau mit allen Möglichkeiten. Und was machen Sie? Sie jammern über Ihren Mann.« Sie seufzte. »Wenn es um Ihr Privatleben geht, könnte man glauben, Sie wären das verhuschte Lieschen Müller von nebenan.« Ich musste trocken schlucken. »Das täuscht«, sagte ich trotzig, »immerhin habe ich mich schon mal im Internet nach Immobilien umgesehen.« Am Vorabend hatte ich eine gute Stunde im Netz verbracht, allerdings mit sehr ernüchterndem Ergebnis. »Aber die schönen Wohnungen in guter Lage sind völlig unbezahlbar. Dafür bräuchte ich noch einen Lottogewinn.« Das klang schon wieder jammerig. Marie-Anne ging nicht auf meinen Ton ein. »Ich kann mich ja mal umhören.« –
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