Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Haskamp
Vom Netzwerk:
verstanden habe, nicht. Er lebt jedenfalls in einem Dorf. Ich bin selbst total neugierig, wie es ihm ergangen ist und ob er heute noch Kontakt zu Wölfen hat.« Wie das wohl war, jahrelang ganz allein inmitten von Wölfen und anderem Getier zu leben, fragte ich mich. Furchtbare Vorstellung. »Das muss phantastisch sein, so ein Leben in der Natur, ab von allem«, sagte Tim.
    Wir selbst fuhren durch eine karge Sumpflandschaft. Ein paar Minuten später tauchten rechts und links der Straße Wasserbecken auf. »Was ist das?« – »Das sind Salinen. Hier wird im Sommer Salz gewonnen.« Ich suchte nach dem elektrischen Fensterheber, fand stattdessen eine Kurbel und steckte kurz darauf die Nase an die Luft. Salzige Luft und Fischgeruch. Ich roch die Nähe des Meeres. »Wenn du willst, essen wir nachher am Hafen, da gibt es sehr urige Fischerkneipen.« – »Gerne.« Tim hielt nicht an, sondern fuhr durch die Stadt hindurch und wieder hinaus. Drei, vier Kilometer weiter bog er auf einen von Pinien beschatteten unbefestigten Parkplatz ein. »So, Madame, bitte aussteigen.«
    Ich war froh, dass ich mich heute für Jeans, T-Shirt und Sportschuhe entschieden hatte. Wir stapften ein paar Meter durch Sand, dann führte ein Holzweg durch flache Dünen ans Wasser. Und endlich lag er mir zu Füßen. Der Atlantik. Tiefes Saphirblau mit kleinen weißen Schaumkronen. Darüber erstreckte sich endlos der lichtblaue Himmel, mit kleinen vom Wind zerzausten Wolken. Ich lachte wie ein Kind und hätte fast vor Begeisterung in die Hände geklatscht. »O Tim, ist das schön!« Kilometerweit erstreckte sich rechts und links der helle Strand, und wir waren die einzigen Menschen weit und breit.
    Ich rannte vor zum Wasser, zog mir Schuhe und Socken aus, krempelte die Jeans hoch und ließ kleine kalte Wellen meine Füße umspülen. »Gehen wir ein Stück?«, fragte Tim. Auch er hatte seine Schuhe ausgezogen. Trotz des kalten Wassers liefen wir barfuß an der Wasserkante entlang. »Es ist ewig her, dass ich an einem Strand war, also jetzt mal von der Elbe abgesehen.« – »Ich komme auch viel zu selten her, meistens bleibe ich in Ayamonte auf der Finca, wenn ich in Spanien bin. Ganz schön dumm eigentlich.«
    Es war nicht einfach, mit Tims langen Beinen Schritt zu halten. Oft blieb ich hinter ihm zurück. Ob es an seinem Gang lag oder an dem schwarzen Sweatshirt und den schwarzen Jeans, die er trug, kann ich nicht sagen, wieder musste ich an einen Panther denken. Aber ich fühlte mich heute nicht wie eine Maus. Eher wie ein junger Hund, der zum ersten Mal am Wasser spielt. Oder wie ein Kind. Hätte mir vorher jemand erzählt, dass ich in meinem Alter mit vom Wind zerrauftem Haar am Strand Muscheln suchen würde, ich hätte ihn ausgelacht. »Schau mal, ein Helm!« Das Meer hatte den ramponierten Kopfschutz ausgespuckt. Ich setzte Tim das Ding auf den Kopf und machte mit meinem Handy ein Foto. Wann hatte ich mich zum letzten Mal so unbeschwert gefühlt, war so albern gewesen?
    Erst als unsere Füße eiskalt waren, zogen wir Socken und Schuhe wieder an und setzten uns vor einer Düne in die Sonne. Vor uns stürzten sich Möwen auf Seesterne und kleinen Quallen, am Horizont zogen Fischerboote vorbei. »Vermisst du eigentlich deinen Mann?« Die Frage kam aus dem Nichts und erwischte mich wie ein Geschoss. Tim sah mich nicht an, sondern starrte in die Ferne und drehte eine Muschel zwischen seinen Fingern. »Wieso fragst du das?« Erst jetzt drehte er mir das Gesicht zu, die Augen hinter der Sonnenbrille versteckt. »Seit dem Abend, an dem ich dich nach Hause gebracht habe, hast du nicht mehr von ihm geredet. Ich frage mich halt, was das zu bedeuten hat. Ob er zum Beispiel zurückgekommen ist.« – »Dann wäre ich nicht hier.« Ich malte Muster in den Sand. Ich wollte nicht mit ihm über Knut reden. Schon gar nicht heute, nicht hier. »Können wir es dabei belassen? Das ist nicht gerade mein Lieblingsthema.« – »Wie du willst.« – »Tim?« – »Ja?« – »Was ist so schrecklich an dem Hotel, dass du da nicht reingehst?« Er zögerte, machte dann aber doch den Mund auf. »Michaela hatte vor drei Jahren ein Verhältnis mit dem Nachtportier. Und das ist etwas, worüber ich nicht reden möchte.« Eine Weile saßen wir noch im Sand, jeder in seine eigenen Gedanken versunken. Bis laut und vernehmlich mein Magen knurrte. »Da hat aber jemand Hunger.« Ich grinste. »Wie ein Wolf.« – »Na, dann komm.«
    Ich sah das Loch im Sand zu spät. »Au!« Ein

Weitere Kostenlose Bücher