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an. »Voila!« ruft der Verkäufer. »Hier ist Mrs. Porter, gesund und unversehrt von ihrer Reise in die Vergangenheit zurückgekehrt.« Er reißt die Tür der Zeitmaschine auf. Das Innere ist leer. Das Gesicht des Verkäufers verfällt. »Mrs. Porter?« schreit er entsetzt. »Mrs. Porter? Das begreife ich nicht! Wie kann es einen Defekt gegeben haben? Das ist unmöglich! Mrs. Porter?«
Sie eilt durch die schmutzige Straße zu dem hohen Backsteingebäude. Das ist es. Hinauf. Fünfter Stock, Wohnung 5 J. Als sie läutet, tritt ein hochgewachsener, schlanker Mann aus den Schatten im Flur und packt sie beim Handgelenk. »Zeitpatrouille«, sagt er scharf und zeigt eine Dienstmarke. »Sie sind festgenommen wegen geplanten temponautischen Mordes, Mrs. Porter.«
»Aber ich habe doch gar keinen Enkel«, stößt er hervor. »Ich bin nicht einmal verh–« Sie lacht. »Keine Sorge!« sagt sie. »Sie werden eine Tochter namens Martha bekommen, und sie wird einen Sohn namens Ted haben, und ich werde Ted heiraten, und wir werden zwei Kinder namens Bobby und Tink bekommen. Und Sie werden sehr, sehr alt werden. Und das ist alles, was Sie zu wissen brauchen. Und jetzt wollen wir uns ein bißchen amüsieren.« Sie berührt einen Verschluß an der Seite ihrer Tunika, und das Kleidungsstück fließt an ihr herunter auf den Boden. Darunter ist sie nackt. Ihre Brustwarzen starren ihn an wie blinde, rosige Augen. Sie winkt ihm. »Komm!« sagt sie heiser. »Zieh dich aus, Martin! Du verschwendest Zeit!«
Alice kichert nervös. »Nun ja, um genau zu sein«, sagt sie zu dem Verkäufer, »ich glaube, es ist mir lieber, wenn mein Mann das Versuchskaninchen spielt. Wie war’s damit, Ted?« Sie wendet sich ihm zu. Der Verkäufer ebenfalls. »Gewiß, Mr. Porter. Ich weiß, daß Sie unsere Maschine unbedingt ausprobieren wollen, nicht?« Nein, denkt Ted, aber er fühlt, wie der Druck der Ereignisse ihn einfach mitreißt. Er steigt in die Maschine. Als die Tür sich schließt, glaubt er, von Platzangst übermannt zu werden; der Anblick einer Klinke an der Innenseite der Tür beruhigt ihn aber. Er drückt sie nieder, und die Tür geht auf, und er verläßt die Maschine gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sein voriges Ich mit Alice den Laden betritt. Der Verkäufer geht auf sie zu. Ted befindet sich jetzt achtzehn Minuten in seiner Vergangenheit. Alice und der andere Ted starren ihn entgeistert an. Der Verkäufer fährt herum und stößt hervor: »Augenblick, Sie sollen doch nicht herauskommen aus –« Wie dumm sie alle dreinsehen! Wie verwirrt! Ted lacht ihnen ins Gesicht. Dann stürzt er an ihnen vorbei, reißt sein anderes Ich dabei fast um, und stürmt hinaus. Er hetzt in Hochstimmung zum Parkplatz. Frei, denkt er. Endlich bin ich frei. Und ich habe keinen Menschen umbringen müssen.
Angenommen, ich miete eine Maschine, denkt Alice, kehre ins Jahr 1947 zurück und töte Martin. Angenommen, ich mache das wirklich. Wenn es nun einen Weg gibt, mir die Tat nachzuweisen? Schließlich wird ein Verbrechen, begangen von einer Person aus dem Jahr 2006, die nach 1947 zurückkehrt, in unserer Gegenwart Folgen haben. Dadurch könnte sich alles mögliche verändern. Man wird den Verbrecher also fassen und bestrafen wollen, oder noch besser, versuchen, das Verbrechen von vornherein zu verhindern. Und die Zeitmaschinen-Firma weiß ja, in welches Jahr ich mich habe zurückschicken lassen wollen. Es ist also vielleicht doch keine so einfache Methode, ein perfektes Verbrechen zu begehen. Ich weiß es nicht. Guter Gott, ich verstehe das alles nicht. Aber vielleicht kann ich damit durchkommen. Jedenfalls werde ich es versuchen. Ich werde Ted zeigen, daß er mich nicht wie den letzten Dreck behandeln kann.
Sie liegen friedlich nebeneinander, verschwitzt, schläfrig, erschöpft auf die angenehme Weise, die körperliche Liebe mit sich bringt. Martin streichelt zärtlich ihren Bauch und ihre Schenkel. Wie glatt ihre Haut ist, wie hell, wie durchsichtig! Die kleinen, blauen Äderchen so deutlich sichtbar. »He!« sagt er plötzlich. »Mir ist eben etwas eingefallen. Ich hatte kein Kondom und nichts. Wenn ich dich nun geschwängert habe? Und wenn du wirklich bist, was du behauptest. Dann gehst du ins Jahr 2006 zurück und bekommst ein Kind, und es wird sein eigener Großvater sein, nicht wahr?« Sie lacht. »Mach dir keine großen Gedanken darüber«, sagt sie.
Eine Welle der Schüchternheit überflutet sie, als sie das Büro von ›Temponautik‹ betritt. Das
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