Jetzt Reichts Mir
miteinander auszukommen. Wer ständig seine Kritik runterschluckt, weil der andere damit nicht umgehen kann, wird unfreiwillig zum Rabattmarkensammler. Und in welche explosive Sackgasse das Rabattmarkensammeln führt, habe ich bereits beschrieben.
So bleiben Sie selbstsicher, während Sie mit einem hypersensiblen Menschen reden
Ich darf Ihnen gleich verraten, dass es hier besonders auf Ihre innere Einstellung ankommt. Sie brauchen im Umgang mit kritikempfindlichen Menschen sehr klare eigene Grenzen. Anders ausgedrückt: Ihnen ist vollkommen klar, wofür Sie zuständig sind und wofür Ihr Gegenüber zuständig ist. Sie halten sich raus aus den Dingen, die nur den anderen etwas angehen, und bleiben streng bei dem, worum es in Ihrer Rückmeldung geht.
Hier sind zwei Tipps, die Ihnen helfen, diese klaren Grenzen zu ziehen.
1. Erlauben Sie Ihrem Gegenüber seine hohe Empfindsamkeit. Jeder Mensch hat das Recht, so zu sein, wie er ist. Dennoch: Schlucken Sie nicht alles runter, was Sie stört. So wie der andere das Recht hat, hypersensibel zu sein, so haben Sie auch das Recht, Ihre Interessen zu vertreten.
2. Nehmen Sie die Emotionalität des anderen nicht persönlich. Es ist erlaubt und vollkommen in Ordnung, dass Ihr Gegenüber seine Gefühle zeigt. Lassen Sie die Person ruhig weinen, wütend oder beleidigt sein. Aber es ist auch in Ordnung, dass Sie sich davon nicht beeindrucken lassen. Der andere kann seine Gefühle fühlen, während Sie sagen, was Ihnen wichtig ist.
Fühlen Sie sich frei, das Gespräch notfalls zu unterbrechen und zu vertagen, wenn die Emotionen zu sehr hochkochen. Manchmal sind hypersensible Menschen so tief getroffen, dass sie nicht mehr zuhören können. In dem Fall ist es sinnlos, das Gespräch noch fortzusetzen. Das gilt auch, wenn Sie sich von Ihrem Gesprächspartner bedroht fühlen, weil er sehr wütend wird. Geben Sie Ihrem Gegenüber Zeit, sich zu
beruhigen. Es ist gut möglich, dass Sie für einen Kritikpunkt mehrere Gespräche brauchen.
In der Fachliteratur steht nichts darüber, wie man mit sehr kritikempfindlichen Menschen redet. Dort kommen scheinbar alle Leute mit sachlicher Kritik bestens zurecht. Um eine praktikable Antwort zu finden, habe ich mich im richtigen Leben umgeschaut. Denn genau dort gibt es sie, diese überempfindlichen Menschen. Und dort habe ich auch die Leute gefunden, die mit diesen hypersensiblen Zeitgenossen zusammenarbeiten oder zusammenleben. Ja, es gibt Möglichkeiten, auch diesen Menschen ein Feedback zu geben.
Die besten Anregungen haben mir – wie so häufig – meine Teilnehmer aus meinen Trainingsseminaren geliefert. Und sie waren es auch, die meine Strategien in ihrem Alltag getestet haben. Im Laufe der letzten Jahre habe ich auf diese Weise vier praxiserprobte Gesprächsstrategien entwickelt.
Mit diesen vier Gesprächstechniken können Sie einem hypersensiblen Menschen ein Feedback geben, ohne dass es zu einer emotionalen Katastrophe kommt. Alle vier Strategien drehen sich im Kern um das Gleiche: eine Rückmeldung geben, aber mit Samthandschuhen.
Vier Strategien, mit denen Sie Ihren hypersensiblen Gesprächspartner kritisieren können
1. Strategie: Betten Sie Ihre Kritik in jede Menge
Bestätigung ein
Behalten Sie das, was Sie kritisieren wollen, im Kopf. Aber sprechen Sie zuerst das an, was gut gelaufen ist. Reden Sie über das Positive, und zwar reichlich. Sagen Sie Ihrem Gegenüber, womit Sie zufrieden sind. Eine dringende Bitte: Reden Sie aufrichtig über das Positive. Lassen Sie es nicht wie eine rhetorische Schleimerei klingen, mit der Sie den anderen nur ködern wollen. (Mehr zum Thema Anerkennung und Wertschätzung finden Sie ab Seite 107)
Nachdem Sie über das Positive gesprochen haben, kommen Sie auf den einen Punkt zu sprechen, der nicht gut läuft. Sagen Sie deutlich, was Sie stört und was Sie gern ändern möchten.
2. Strategie: Kritisieren Sie nicht, korrigieren Sie nur
Vergessen Sie das Wort Kritik. Machen Sie nur Korrekturvorschläge mit einer anschließenden Bestätigung. Kleine Korrekturen mit sofortiger Bestätigung, wenn etwas gut und richtig war, können viele Hypersensible verkraften. Ich selbst benutze diese Form der Verbesserung in Rhetorikkursen, wenn ich mit sehr ängstlichen Teilnehmern arbeite. Wer Angst hat, vor vielen Leuten eine Rede zu halten, fürchtet sich vor allem vor harter Kritik und Ablehnung vonseiten des Publikums. Aus dieser Angst vor negativer Kritik entsteht das Lampenfieber. Um das
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