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Jetzt tu ich erstmal nichts - und dann warte ich ab

Jetzt tu ich erstmal nichts - und dann warte ich ab

Titel: Jetzt tu ich erstmal nichts - und dann warte ich ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malte Leyhausen
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Verhaltensweisen werden durch Belohnungen
     verstärkt. Für jedes artige Sitz und Platz gibt es aus Frauchens Wundertüte ein Leckerchen. Unerwünschtes Benehmen wird dem Zögling mit empfindlichen
     Sanktionen abgewöhnt. Da fliegt schon mal ein Schlüsselbund, wenn der Rottweiler den Rollbraten vernascht. Schon bald wird der Vierbeiner wissen, welches
     Verhalten sich lohnt und welche Tirade für den gesunden Hundeverstand zu gefährlich ist. Den Erfolg dieser Erziehungsmethode nennt man
     Konditionierung.
    Auf unser Thema gemünzt: Soweit jemand mit seinem Aufschiebeverhalten gut durchs Leben gekommen ist, wurde er für seine »schlechten Gewohnheiten«
     belohnt. Die großen Katastrophen blieben aus. Zumindest wogen die Konsequenzen nicht schwer genug, um das eingeschliffene Handlungsmuster
     aufzugeben. Vielmehr überwogen die Vorteile: Der Kick der letzten Minute, der Weg des geringsten Widerstands, die sonnigen Stunden am Baggersee, während
     andere büffelten. In diesem Fall lohnt es sich, eine Kosten-Nutzen-Rechnung zu machen. Vielleicht zählt mein Aufschiebetalent zu meinen
     Schlüssel-Kompetenzen, die mir unterm Strich ein lebenswertes Leben ermöglichen.
    Vielleicht drohten in der Kindheit die Eltern aber auch gleich mit Liebesentzug, wenn der gelernte Aufschieber zu viel Eigeninitiative
     zeigte. Dann wäre der Fluchtinstinkt, bestimmte Herausforderungen möglichst lange zu umgehen, auf die Angst vor »fliegenden Schlüsseln«
     zurückzuführen.
    Das Tückische an der Konditionierung ist, dass man die Angst vor unangenehmen Konsequenzen auch noch spüren kann, wenn man sich längst aus der
     Fluglinie der elterlichen Wurfgeschosse entfernt hat. Dann schützt man sich mit Aufschieberitis womöglich vor einem Phantom. Die Strategie, die in
     Kindertagen überlebenswichtig war, wurde über die Zeit zum Spiegelgefecht. Die vielleicht befürchtete zynische Bemerkung des Vaters und der oft erlittene,
     vernichtende Kommentar der Mutter haben für manche selbst nach Jahrzehnten nichts von ihrer lähmenden Kraft verloren.
    Die gute Nachricht der Verhaltenstherapeuten: Erlerntes Verhalten lässt sich auch wieder verlernen bzw. umlernen. Die bremsenden Phrasen der Eltern,
     die man sich oft als Glaubenssätze einverleibt hat, können durch Gegenkonditionierungen und andere Techniken in einen wertschätzenden Umgang mit sich
     selbst umgemünzt werden. Die Ängste entpuppen sich in der Therapie im Idealfall als Kopfgeburten. Die Spurensuche führt zu den Maßstäben und Bewertungen,
     die als Leitplanken unser Denken, Fühlen und Handeln bestimmen. Themen der Therapie können sein:
Wer hat diese Leitplanken aufgestellt?
Sind es unsere eigenen oder vielmehr die wohlmeinenden Begrenzungen anderer?
Nach welchen Kriterien will ich leben?
Welche Tagesdosis an Fehlern gönne ich mir?
    Wenn man schon selbst sein schärfster Richter ist, dann lohnt es sich, die Gesetze zu entschärfen. Eine geglückte Therapiestärkt das Selbstwertgefühl, wodurch man unabhängiger von der Meinung anderer wird. An die Stelle von Katastrophentreten
     Erfolgs-Szenarien. So wird ein Anreiz geschaffen, seine Projekte in Angriff zu nehmen und durchzuhalten.
     
    Aus Sicht der Psychoanalyse bewirken die frühkindlichen Konflikte – im seelischen Bermuda-Dreieck von Vater, Mutter und Kind – weit
     mehr als eindimensionale Konditionierungen. Doch gehen wir einen Schritt zurück. Die Vorstellung Sigmund Freuds von der menschlichen Seele wird gern mit
     einem Haus verglichen. Unterm Dach wohnt das Über-Ich und sagt uns von oben herab, nach welchen Normen wir zu leben haben, damit unserem Gewissen nicht
     schlecht wird. Im Keller randaliert unterdessen das so genannte Es. Der Teil von uns, der nach dem größtmöglichen Lustgewinn strebt. In der undankbaren
     Sandwich-Position versuchen wir vom Erdgeschoss aus, mit unserem Ich den Hausfrieden zwischen den verfeindeten Parteien Über-Ich und Es zu managen.
    Wenden wir dieses Modell auf das Aufschieben an. Die Entscheidung aus dem Parterre ist plausibel. Das Ich muss sich zwischen zwei Fehlern
     entscheiden. Geht das Ich ein anspruchsvolles Projekt ernsthaft an, so rebelliert das Es wie ein trotziges Kind, weil der Lustgewinn ins Minus
     rutscht. Dem Es nachzugeben und das Vorhaben auf halber Flamme zu kochen, ist mitunter auch keine praktikable Lösung. Denn dann kommen die Störfeuer aus
     dem Dachgeschoss. Das Über-Ich schwingt im Oberstübchen den Handfeger und fordert vollen Einsatz. Als

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