JFK -Staatsstreich in Amerika
Commandante en Jefe, als auch die Sowjets über die
Pläne informiert waren. Doch darüber ließen die CIA-Direktoren Kennedy im
Unklaren, und noch bei dem letzten Briefing des Präsidenten behaupteten sie, es
würde Tage dauern, bis Castro seine Truppen gegen die Invasoren mobilisieren
könnte. Tatsächlich standen diese seit Anfang April ebenso in höchster
Alarmbereitschaft wie seine kleine Luftwaffe, die nach den CIA-Plänen durch einen
Angriff von aus Nicaragua startenden, nicht mit US-Hoheitszeichen versehenen
B-26-Bombern ausgeschaltet werden sollte. Dulles und Bissell war vollkommen
bewusst, dass ihr Projekt zum Scheitern verurteilt war; ebenso wie das
Vorhaben, Fidel Castro parallel zu der Invasion durch einen Mordanschlag zu
beseitigen, worüber sie Kennedy ebenfalls nicht informiert hatten. Dass sie
sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dennoch das Einverständnis des
Präsidenten einholten und das »Go« zum Start der Operation gaben, folgte
weitergehenden Überlegungen: Würden die 1 500 Invasoren nach ihrer Landung in
Gefechte mit den Kubanern und in Not geraten, wäre es ein Leichtes, Kennedy zu
einem Einsatz der US-Luftwaffe und einer massiven militärischen Intervention zu
bewegen. Die CIA-Bosse kalkulierten, dass sie in der Hitze der Schlacht und mit
Unterstützung des Chef of Naval Operations und des Joint Chief of Staff,
Admiral Arleigh Burke und General Lyman Lemnitzer, den unerfahrenen Präsidenten
schon weich klopfen würden. »Es war«, notierte Walt Rostow, ein
Sicherheitsberater des Weißen Hauses, »unvorstellbar für sie, dass der
Präsident sie (die Operation) einfach fallen lassen würde.« Doch genau dies
geschah, nachdem die CIA-trainierten Exilkubaner in der Nacht des 17. April
1961 an der Schweinebucht gelandet und sowohl zu Lande als auch durch die nur
zum Teil ausgeschalteten T-33-Jets der kubanischen Armee aus der Luft unter
Feuer geraten waren. Am 18. April beschied Kennedy in einer eilig anberaumten
hitzigen Nachtsitzung seinen Generälen und Geheimdienstchefs am Ende: »Ich will
die Vereinigten Staaten nicht in diese Sache involvieren.« Die alten Haudegen
der Navy und der Armee sowie der CIA-Chef Allen Dulles, der es gewohnt war,
zusammen mit seinem Bruder John Foster als Außenminister die Politik der USA
als Familienbetrieb zu führen, waren ebenso überrascht wie hochgradig empört.
Da zeigte doch der gerade ins Amt gekommene Jungspund ein Rückgrat, mit dem sie
niemals gerechnet hatten. Als am darauffolgenden Tag die Nachricht eintraf,
dass 200 der Brigadisten ums Leben gekommen und 1 200 gefangengenommen worden
waren, saß Allen Dulles mit Richard Nixon, der die Operation von Beginn an
betreut hatte, beim Abendessen und gestand: »Dies ist der schlimmste Tag in
meinem Leben.« Und im Pentagon bezeichnete General Lemnitzer Kennedys Weigerung
eines Militäreinsatzes als »… absolut verwerflich, geradezu kriminell«. 19
Tatsächlich hatte sich der Präsident
aber nur an das gehalten, was er bei den verschiedenen Meetings im Vorfeld und
bei seiner Genehmigung der Operation immer gesagt hatte: dass es keinen
offiziellen Militäreinsatz der USA geben dürfte, um keinen Konflikt mit den
Sowjets zu provozieren, die im Gegenzug die kaum zu verteidigende »Insel«
Westberlin einnehmen könnten, was zu einem regelrechten Krieg unter Einsatz von
Nuklearwaffen führen würde. »Kriminell« hatten sich vielmehr die CIA-Planer und
ihre Unterstützer seitens des Militärs verhalten, die eine derartige Eskalation
des Kubakonflikts billigend in Kauf nehmen wollten und Kennedy deshalb im
Dunkeln darüber ließen, dass die Operation ohne einen massiven Militäreinsatz
nicht gelingen konnte. In einem erst 2005 ans Licht gekommenen, 300-seitigen
internen CIA-Memo vom November 1960 war das absehbare Scheitern des
Invasionsplans ohne militärische Unterstützung sogar schriftlich festgehalten
worden: »Unser Plan … ist nicht durchführbar, außer mit einem gemeinsamen
Einsatz von Agency/DOD (CIA/Pentagon).« 20
So wenig Allen Dulles, seine
CIA-Offiziere und die ranghohen Militärs damit gerechnet hatten, dass der
unerfahrene Neuling im Weißen Haus in der Hitze des Gefechts bei seiner Haltung
bleiben und ihren Wunsch nach einem Militäreinsatz ausschlagen könnte, so wenig
hatten sie auch erwartet, dass er die Verantwortung für das Scheitern der
Operation übernehmen würde. Doch genau das tat Kennedy in einer öffentlichen
Ansprache am 21. April. Ohne seinem Geheimdienst oder den
Weitere Kostenlose Bücher