Jhereg
wir so nicht lange weitermachen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wenn das erstmal nach draußen dringt –«
»Wäre er besser tot«, beendete der Demon meinen Satz. »Oder jeder kleine Taschendieb im Imperium bildet sich ein, er könnte uns ausnehmen. Und irgendeiner wird es dann auch tun.«
In dem Augenblick fiel mir noch etwas auf. Mir wurde zumindest klar, daß ich diesen Job ganz sicher annehmen konnte. War Mellar erst einmal tot, würde es nichts ausmachen, wenn bekannt würde, was er versucht hatte. Wenn ich den Auftrag jedoch ablehnte, dann wäre ich urplötzlich ein großes Risiko, und schon bald vermutlich eine kleine Leiche.
Wieder einmal schien der Demon meine Gedanken zu erraten.
»Nein«, sagte er knapp. Dann beugte er sich mit ernster Miene vor. »Ich versichere Euch, wenn Ihr ablehnt, wird Euch kein Haar gekrümmt. Ich weiß, daß wir Euch trauen können – das ist einer der Gründe, weshalb wir uns an Euch gewandt haben.«
Ich fragte mich kurz, ob er meine Gedanken las. Wohl nicht. Man kann einem aus dem Ostreich nicht so leicht im Gehirn herumstöbern, und ich bezweifelte, daß ihm das gelingen könnte, ohne daß ich es merkte. Und ich wußte, daß Loiosh es merken würde.
»Wenn Ihr uns allerdings hängen laßt und dann etwas ausplaudert …«
Er beendete den Satz nicht, und ich mußte ein Schaudern unterdrücken.
Ich überlegte noch ein bißchen weiter. »Mir scheint, das Ganze müßte schleunigst erledigt werden.«
Er nickte. »Und deshalb können wir nicht zu Mario. Wir können ihn auf keinen Fall drängen.«
»Und Ihr glaubt, mein Freund ließe sich von Euch drängen?«
Er zuckte die Achseln. »Ich denke, wir bezahlen ihn.«
Da hatte er recht. Wenigstens gab es keine Zeitbegrenzung. Aber ich hatte noch nie zuvor ›Arbeit‹ angenommen, ohne stillschweigend vorauszusetzen, daß ich soviel Zeit wie nötig zur Verfügung hatte. Wie sehr würde es mich behindern, fragte ich mich, wenn ich mich beeilen mußte?
»Habt Ihr irgendeine Vorstellung, wohin er verschwunden ist?«
»Wir nehmen mal stark an, daß er in den Osten ist. Da würde ich zumindest hingehen, wenn ich so etwas durchgezogen hätte.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das paßt nicht zusammen. Dragaeraner werden im Osten ungefähr so behandelt wie Ostländer hier – eher noch schlimmer. Man würde ihn für einen, Ihr entschuldigt den Ausdruck, einen Dämon halten. Er wäre so auffällig wie ein Morgantidolch im Kaiserlichen Palast.«
Er lächelte. »Wohl wahr, aber wir haben da drüben nur ganz wenige Verbündete, also würde es ein Weilchen dauern, bis wir Rückmeldung erhielten. Darüber hinaus haben die besten Zauberinnen der Linken Hand für uns nach ihm gesucht, seit wir erfahren haben, was geschehen ist, aber wir können ihn nicht finden.«
Ich zuckte die Achseln. »Vielleicht hat er eine Sperre errichtet, damit man ihn nicht verfolgen kann.«
»Das hat er.«
»In dem Fall –«
Er schüttelte den Kopf. »Ihr macht Euch keine Vorstellung von der Macht, die wir in diese Angelegenheit stecken. Wir können jede Sperre zerstören, die er aufgestellt hat, egal wie lange er das geplant hat, oder welcher Zauberer die Sperre errichtet hat. Würde er sich irgendwo im Umkreis von hundert Meilen um Adrilankha aufhalten, dann hätten wir sie bereits überwunden, oder zumindest wären wir auf eine größere Gegend gestoßen, die wir nicht durchdringen konnten.«
»Also ist er garantiert nicht in der Nähe der Stadt?«
»Richtig. Natürlich kann es sein, daß er in den Wäldern im Westen ist. Dann sollten wir ihn wahrscheinlich bis morgen oder übermorgen gefunden haben. Aber ich glaube, er ist nach Osten geflohen.«
Ich nickte bedächtig. »Ihr seid also zu mir gekommen, weil Ihr glaubt, ich könnte dort leichter operieren als ein Dragaeraner.«
»So ist es. Und natürlich wissen wir, daß Ihr über ein außergewöhnlich starkes Netzwerk von Informanten verfügt.«
»Mein Netzwerk von Informanten«, gab ich zurück, »reicht nicht bis in den Osten.« Das stimmte sogar fast. Meine Quellen drüben im Heimatland meiner Vorfahren waren spärlich und lagen weit auseinander. Aber warum sollte der Demon alles wissen?
»Na, dann«, meinte er, »das ist ein zusätzlicher Bonus für Euch. Wenn die ganze Sache vorbei ist, werdet Ihr dort wahrscheinlich über etwas verfügen können, das Ihr jetzt noch nicht habt.«
Bei dieser Erwiderung mußte ich lächeln, und ich nickte leicht.
»Ihr wollt also, daß mein Freund sich dorthin
Weitere Kostenlose Bücher