Jhereg
Eintreten schob ich einen Stuhl zur Seite, damit ich immer mit dem Rücken zur Wand war. Aliera sah mich an und wirkte ein bißchen verwirrt.
»Stimmt was nicht, Vlad?«
»Neinnein.«
Sie wirkte erst erheitert, dann neugierig. »Und da bist du auch wirklich sicher.«
Ich nickte. Wenn ich aus dieser Position jemanden erledigen müßte, wie könnte ich da vorgehen? Mal sehen …
Plötzlich erhob Aliera ihre Hand, und ich erkannte die Geste als Zauberspruch.
Loiosh fauchte empört, als ich zu Boden ging und Bannbrecher aufsprang. Allerdings fühlte ich nicht dieses Klingeln, das normalerweise die Begleiterscheinung war, wenn Bannbrecher gegen mich gerichtete Magie abwehrte. Ich lag da und sah Aliera an, die mich aufmerksam beobachtete.
»Was ist denn bloß in dich gefahren?« fragte sie.
»Was war das für ein Zauber?«
»Ich wollte mir mal deinen genetischen Hintergrund ansehen«, gab sie trocken zurück. »Ich dachte, ich schaue mal nach latenten Teckla-Genen.«
Da brach ich zusammen. Das gab mir endgültig den Rest. Ich saß auf dem Boden, von Lachkrämpfen geschüttelt, und Tränen liefen mir die Wangen hinab. Aliera versuchte derweil herauszufinden, ob sie auch lachen oder mir helfen sollte.
Schließlich, als ich mich wesentlich besser fühlte, beruhigte ich mich wieder, setzte mich in den Sessel und versuchte, zu Atem zu kommen. Immer noch kichernd wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Loiosh flog schnell zu Aliera, leckte ihr kurz das rechte Ohr und kam dann zurück auf meine Schulter.
»Danke«, brachte ich heraus, »das tat gut.«
»Was ist denn eigentlich passiert?«
Erst schüttelte ich den Kopf, dann zuckte ich die Achseln. »Jemand hat gerade versucht, mich umzubringen«, erklärte ich.
Sie sah noch verwirrter aus. »Und?«
Ich wäre um ein Haar erneut in Gelächter ausgebrochen, aber mit gewaltiger Anstrengung konnte ich mich beherrschen.
»Das sind meine latenten Teckla-Gene.«
»Verstehe.«
Ihr Götter! Welch ein Albtraum! So langsam wurde ich aber wieder klar und dachte ans Geschäft. Ich mußte unbedingt sicherstellen, daß Mellar nicht das gleiche durchmachen mußte, was mir gerade passiert war. »Konntest du Mellar mit dieser Sache, was du immer machst, bearbeiten?« fragte ich.
Sie nickte.
»Hat er es bemerkt?«
»Auf keinen Fall«, sagte sie.
»Gut. Und hast du was Interessantes herausgefunden?«
Sie schaute noch einmal merkwürdig drein, so ähnlich wie vorher, als ich hereingekommen war. »Vlad«, wollte sie wissen, »warum hast du nach seinen Genen gefragt? Ich meine, das ist ein kleines Spezialgebiet von mir, aber jeder ist irgendwo Spezialist. Warum hast du ausgerechnet danach gefragt?«
»Ich konnte eben nichts über seinen Hintergrund in Erfahrung bringen, und ich dachte, daß du vielleicht was über seine Eltern erfahren könntest, das uns weiterbringt. Es ist gar nicht so einfach, weißt du. Normalerweise habe ich keine Schwierigkeiten, alles, was ich brauche, über jemanden herauszubekommen, aber dieser Typ ist nicht normal.«
»Da stimme ich dir zu«, sagte sie feurig.
»Was meinst du? Hast du was gefunden?«
Zur Antwort nickte sie vielsagend in Richtung des Weinschränkchens. Ich stand auf und holte eine Flasche Ailour Dessertwein, die ich ihr reichte. Sie hielt sie kurz in der Hand und kühlte sie mit einem Zauberspruch, bevor sie mir den Wein wiedergab. Nachdem ich die Flasche entkorkt und uns eingegossen hatte, nahm sie einen Schluck.
»Oh ja, ich hab was gefunden.«
»Und er hat bestimmt nichts bemerkt?«
»Er hatte keinen schützenden Zauber, und außerdem ist es wirklich eine Kleinigkeit.«
»Gut! Also, was ist es?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ihr Götter, das ist wirklich seltsam.«
»Was denn? Nun sag schon! Du bist schon so schlimm wie Loiosh.«
»Toller Witz. Hoffentlich fällt dir der wieder ein, wenn du das nächste Mal aufwachst und ein toter Teckla auf deinem Kopfkissen liegt.«
Ich überhörte seine Bemerkung. Aliera ging auch nicht auf meine ein. Sie schüttelte nur weiter verwirrt den Kopf. »Vlad«, sagte sie langsam, »er besitzt Dragongene.«
Das mußte ich erst einmal verdauen. »Ganz sicher? Kein Zweifel möglich?«
»Keiner. Wenn ich mir mehr Zeit gelassen hätte, dann wüßte ich sogar, welche Linie des Hauses. Aber das ist noch nicht alles – er ist ein Mischling.«
»Ach was?« war alles, was ich sagen konnte. Mischlinge waren sehr selten, und man ließ sie so gut wie nie in ein Haus, mit Ausnahme der Jhereg.
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