Jhereg
Ausdrücken, aber ich korrigierte ihn nicht. Ich bedachte ihn mit meinem Geduldiger-Mann-der-nur-helfen-will-aber-allmählich-am-Ende-ist-Seufzer. »Wieviel Zeit braucht Ihr?«
»Noch einen Monat, vielleicht zwei.«
Traurig schüttelte ich den Kopf. »Ich fürchte, das ist völlig unmöglich. Dann werdet Ihr wohl doch zum Imperium gehen müssen. Natürlich bedeutet das, daß ein paar unserer Spieltavernen sich in neuen Örtlichkeiten einnisten müssen, und ein ganz bestimmter Geldverleiher wird einen kurzen Urlaub machen müssen, aber ich versichere Euch, daß es uns nicht annähernd so weh tun wird wie Euch.«
Ich erhob mich, machte eine tiefe Verbeugung und wandte mich zur Tür. Er machte keine Anstalten, mich hinauszubegleiten, was ich einigermaßen unhöflich fand, aber unter den gegebenen Umständen wohl auch verständlich. Kurz bevor meine Hand den Türknauf berührte, hielt ich inne und drehte mich noch einmal um. »Es sei denn –«
»Was?« fragte er mißtrauisch.
»Nun ja«, log ich, »mir ist gerade eingefallen, daß Ihr mir unter Umständen bei etwas behilflich sein könntet.«
Er starrte mich lange durchdringend an und versuchte herauszufinden, was für ein Spielchen ich mit ihm spielte, doch ich blieb völlig ausdruckslos. Hätte ich gewollt, daß er die Regeln kennt, dann hätte ich sie ihm aufgeschrieben.
»Und das wäre?« wollte er wissen.
»Ich bin auf der Suche nach etwas, das die Geschichte Eures Hauses betrifft. Vermutlich könnte ich es selbst herausfinden, aber das würde Arbeit bedeuten, und danach ist mir im Moment nicht. Ihr könnt es aber sicher herausfinden. Vielleicht wißt Ihr es sogar schon. Wenn Ihr mir da helfen könntet, wüßte ich das zu schätzen.«
Mißtrauisch war er noch immer, aber allmählich wurde er auch neugierig. »Und welche Form«, fragte er, »würde Eure Dankbarkeit annehmen?«
Ich tat so, als dächte ich darüber nach. »Vermutlich könnte ich eine zweimonatige Verlängerung für Euch erwirken. Ja, ich würde sogar so weit gehen, die Zinsen einzufrieren – wenn Ihr mir diese Information schnell genug besorgen könnt.«
Eine Weile kaute er nachdenklich auf seiner Unterlippe herum, aber ich wußte, ich hatte ihn am Haken. Die Gelegenheit war zu günstig, und er würde sie nicht vorbeiziehen lassen. Und genau so hatte ich es geplant.
»Was wollt Ihr denn wissen?« fragte er schließlich.
Ich griff in eine Innentasche meines Mantels und holte den kleinen Kristall hervor, den ich von Daymar zurückbekommen hatte. Nach kurzer Konzentration erschien Mellars Gesicht. Ich zeigte es ihm.
»Hier«, sagte ich, »kennt Ihr diesen Mann, oder könnt Ihr herausfinden, wer er ist, welche Verbindung er zum Hause der Dzur hat, oder wer seine Eltern sind? Mir würde alles weiterhelfen. Wir wissen, daß er mit Eurem Haus irgendwie verbunden ist. Wenn Ihr genau hinseht, ist es auch in seinem Gesicht zu erkennen.«
Keleth wurde aschfahl, als er Mellar erblickte. Diese Reaktion überraschte mich. Keleth kannte ihn. Seine Lippen wurden zu dünnen Linien, und er wandte sich ab.
»Wer ist er?« fragte ich ihn.
»Ich fürchte«, gab Keleth zurück, »ich kann Euch nicht helfen.«
Jetzt war die Frage nicht ›Soll ich ihn drängen?‹ oder ›Wie sehr soll ich ihn drängen?‹. Vielmehr ging es darum, wie ich ihn drängen konnte. Ich entschloß mich, das Spiel, das ich angefangen hatte, weiterzuspielen.
Achselzuckend steckte ich den Kristall wieder ein. »Es tut mir leid, das zu hören«, sagte ich. »Wie Ihr wünscht. Zweifellos gibt es gute Gründe, diese Informationen nicht weiterzugeben. Trotzdem, es ist eine Schande, daß Euer guter Name in den Dreck gezogen werden muß.« Dann wandte ich mich zum Gehen.
»Wartet, ich –«
Ich drehte mich wieder zu ihm. Langsam wurde mir davon schwindelig. Anscheinend kämpfte er mit sich. Meine Sorgen legten sich; ich konnte erkennen, welche Hälfte gewinnen würde.
Sein Gesicht war eine verzerrte Maske des Zorns, als er sagte: »Verdammter Jhereg! Das kannst du mit mir nicht machen!«
Selbstverständlich gab es keine Antwort auf diese eklatante Fehleinschätzung seiner Lage. Geduldig wartete ich.
Er sank auf dem Stuhl zusammen und barg sein Gesicht in den Händen. »Sein Name«, sagte er schließlich, »ist Leareth. Ich weiß nicht, woher er gekommen ist, oder wer seine Eltern waren. Vor zwölf Jahren tauchte er auf und trat unserem Haus bei.«
»Trat Eurem Haus bei? Wie kann man denn dem Haus der Dzur beitreten?« Das
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