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Jhereg

Jhereg

Titel: Jhereg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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die Wange; entweder wußte sie Bescheid, oder sie ahnte etwas, sagte aber nichts.
    Die Totenbeschwörerin und ich lächelten uns freundlich an, bevor sie sich wieder dem edlen Orca zuwandte, den sie am Haken hatte.
    »Beim Gestirn des Imperiums, Boß; ich schwöre dir, in diesem verdammten Raum hier gibt es mehr Untote als Lebende.«
    Ich warf der Zauberin in Grün einen kalten Blick zu, den sie zurückgab. Unverbindlich nickte ich Sethra der Jüngeren zu, dann sah ich mich gründlich um.
    In einem Winkel des Raumes hatte die Menge etwas Platz gemacht für einen Dzur und einen Dragon, die sich gegenseitig Beleidigungen zuriefen, als Vorbereitung für ein kleines Gemetzel. Neben ihnen stand einer von Morrolans Zauberern, der mit den entsprechenden Zaubersprüchen ernsthafte Kopfverletzungen verhindern und die Regeln des Schlosses in bezug auf Duelle erklären sollte.
    Ich sah mich weiter um, bis ich einen von Morrolans Sicherheitsleuten entdeckte. Ich nickte ihm zu, und er nickte zurück. Langsam näherte er sich mir. Mir fiel auf, daß er es ziemlich gut schaffte, sich durch die Menge zu bewegen, ohne jemandem aufzufallen oder den Eindruck zu erwecken, er würde in eine bestimmte Richtung laufen. Gut. Den würde ich mir merken.
    »Hast du Lord Mellar gesehen?« fragte ich ihn, als er bei mir war.
    Er nickte. »Ich habe ihn im Auge behalten. Er müßte drüben an der Ecke bei der Weinprobe sein.«
    Während wir sprachen, lächelten und nickten wir weiter, als hätten sich nur zufällig entfernte Bekannte getroffen.
    »Gut. Danke.«
    »Muß ich mich auf Schwierigkeiten einstellen?«
    »Jederzeit«, sagte ich. »Aber im Moment nicht besonders. Bleib einfach wachsam.«
    »Jederzeit«, wiederholte er.
    »Ist Morrolan gerade hier? Ich habe ihn nicht gesehen.«
    »Ich auch nicht. Ich glaube, er ist in der Bibliothek.«
    »Gut.«
    Ich ging zur Weinprobe hinüber.
    Ich behielt die eine Seite im Auge, Loiosh die andere. Dabei ritt er auf meiner rechten Schulter, als wollte er die Anwesenden herausfordern, eine Bemerkung über seine Gegenwart zu wagen. Er entdeckte Mellar vor mir.
    »Da ist er, Boß.«
    »Hä? Wo?«
    »Da, an der Wand. Siehst du?«
    »Oh, ja. Danke.«
    Ich näherte mich langsam und beobachtete ihn dabei genau. Eigentlich gab es an ihm gar nichts sonderlich Auffälliges, deshalb war er so schwer zu entdecken gewesen. Er war knapp zwei Meter groß. Dunkelbraune, leicht gewellte Haare fielen ihm fast auf die Schultern. Wahrscheinlich würde eine Dragaeranerin ihn gutaussehend finden, wenn auch nicht übermäßig. Ein bißchen wirkte er wie ein Jhereg. Aufmerksam, still und kontrolliert; höchst gefährlich. ›Leg dich mit mir nicht an‹ stand überall auf ihm geschrieben.
    Er unterhielt sich gerade mit einem Adligen aus dem Hause Hawk, den ich nicht kannte und der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Ahnung hatte, daß Mellar, während er sprach, unablässig die Menge im Auge behielt, vielleicht nur unbewußt, wachsam und suchend … Dann sah er mich.
    Einen Moment lang sahen wir uns an, während ich näher kam, und ich spürte, wie ich einer professionellen Untersuchung unterzogen wurde. Wie viele meiner Waffen und Vorrichtungen konnte er wohl erkennen? Bestimmt einige. Natürlich nicht alle. Ich ging auf ihn zu.
    »Graf Mellar«, grüßte ich. »Wie geht es Euch? Ich bin Vladimir Taltos.«
    Er nickte mir zu. Ich neigte den Kopf. Als der Hawklord meine Stimme hörte, wandte er sich mir zu, sah, daß ich ein Ostländer war, und glotzte mich mißbilligend an. Zu Mellar sagte er: »Sieht aus, als würde Morrolan heutzutage jeden reinlassen.«
    Mellar zuckte mit einem leichten Lächeln die Achseln. Da verbeugte sich der Hawklord und wandte sich ab. »Ein andermal vielleicht, Mylord.«
    »Ja. Sehr erfreut, Mylord.«
    Dann drehte Mellar sich wieder zu mir. »Baronet, nicht wahr?«
    Ich nickte. »Hoffentlich habe ich nichts Wichtiges unterbrochen.«
    »Ganz und gar nicht.«
    Das hier würde anders werden als meine Begegnung mit Keleth, dem Dzurlord. Im Gegensatz zu ihm kannte Mellar alle Regeln. Er hatte meinen Titel benutzt, um mich wissen zu lassen, daß er mich kannte – womit er unterschwellig sagte, daß es womöglich sicher wäre, ihm mehr zu erzählen. Aber ich wußte genauso, wie man dieses Spiel spielte.
    Aber auch in anderer Hinsicht war das eine merkwürdige Unterhaltung. Zuallererst einmal rede ich gewöhnlich nicht mit Leuten, die ich erledigen soll. Ich will nicht in ihre Nähe kommen,

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