Jhereg
das?«
»Eigentlich nicht. Mich überrascht nur, daß sie mir nicht aufgefallen sind.«
»Wahrscheinlich sind sie ziemlich gut.«
»Ja. Danke übrigens.«
»Schon in Ordnung. Gut, daß einer von uns beiden wach bleibt.«
Beim Verlassen des Bankettsaals überlegte ich meinen nächsten Zug. Mal sehen. Ich sollte mich wirklich mit Morrolan absprechen. Aber zuerst wollte ich mit einem der Sicherheitsleute reden und die beiden Leibwächter überwachen lassen. Mir war es lieber, wenn ich ein wenig mehr über sie wußte, bevor ich ihnen bei irgendeiner wichtigen Gelegenheit gegenüberstand.
Das Büro von Morrolans diensthabendem Sicherheitsbeamten lag nur ein paar Türen von der Bibliothek entfernt. Ich trat ohne anzuklopfen ein – die Art meines Jobs stellte mich ein paar Stufen über diesen Kerl.
Das Gesicht, das mich beim Eintreten ansah, gehörte Uliron, und der hätte eigentlich in der nächsten Schicht arbeiten sollen, nicht in dieser. »Was machst du denn hier?« wollte ich wissen. »Wo ist Fentor?«
Das wußte er nicht. »Er wollte dieses Mal mit mir tauschen. Wahrscheinlich hatte er irgendwas vor.«
Das machte mir zu schaffen. »Passiert das öfter?«
»Naja«, sagte er verdutzt, »Morrolan und Ihr habt gesagt, daß wir ruhig mal die Schichten tauschen können, und gestern haben wir es klargemacht.«
»Aber kommt das häufiger vor?«
»Nein, nicht so oft. Ist es wichtig?«
»Das weiß ich nicht. Halt mal einen Moment die Klappe, ich will nachdenken.«
Fentor war ein Tsalmoth und schon über fünfzig Jahre in Morrolans Sicherheitstruppe. Schwer vorstellbar, daß er plötzlich die Hand aufhält, aber man kann jeden unter Druck setzen. Wieso? Was wollten sie?
Das zweite, was ich nicht verstehen konnte, war, warum mir der Tausch so sehr gegen den Strich ging. Klar, die Zeit dafür war nicht so toll, aber sie hatten es vorher auch schon gemacht. Ich war nahe dran, das Ganze als Spinnerei abzutun, aber ich habe eines über meine Vorahnungen gelernt: Sie sind nur dann bedeutungsvoll, wenn ich sie ignoriere.
Ich setzte mich auf den Tisch und versuchte, das Ganze zu ordnen. Irgendwas stimmte hier nicht; das mußte einfach so sein. Ich zog einen Dolch hervor und spielte damit herum.
»Was sagst du dazu, Loiosh?«
»Gar nichts, Boß. Warum glaubst du, da stimmt was nicht?«
»Weiß nicht. Da ist eben ein Bruch im Ablauf, gerade jetzt, wo wir wissen, daß der Demon Mellar an den Kragen will und daß er sich auch nicht davon abbringen läßt, daß Mellar im Schwarzen Schloß ist.«
»Du meinst, jemand will Mellar hier erledigen?«
»Oder jemand trifft Vorbereitungen. Ich weiß es nicht. Das macht mir Sorgen.«
»Aber der Demon hat doch gesagt, daß es keinen Grund gibt, noch einen Krieg zu beginnen. Er hat gesagt, man könnte das umgehen.«
»Stimmt. Das habe ich auch nicht vergessen. Ich weiß nur nicht, wie er das schaffen –«
Ich verstummte. In jenem Augenblick sah ich sehr deutlich vor mir, wie er es schaffen konnte. Natürlich, deshalb hatte der Demon sich meiner Kooperation versichern und mich dann umbringen wollen, als ich sie ihm nicht geben wollte. Oh, Scheiße.
Ich wollte mir nicht die Zeit nehmen, den Gang entlangzurennen. Ich versuchte, Kontakt zu Morrolan herzustellen. Selbstverständlich war es gut möglich, daß ich zu spät kam, aber vielleicht ja nicht. Wenn ich ihn erreichte, würde ich ihn davon überzeugen müssen, daß er das Schwarze Schloß auf keinen Fall verlassen durfte. Ich müßte … mir fiel auf, daß ich ihn nicht erreichen konnte.
Langsam begann ich, automatisch zu handeln – mein Gehirn arbeitete eigenständig und ließ mich wissen, was ich als nächstes zu tun hatte. Ich konzentrierte mich auf Aliera und bekam Antwort.
»Ja, Vlad, was gibt es?«
»Morrolan. Ich kann ihn nicht erreichen, und es ist dringend. Kannst du ihn mit Wegfinder kriegen?«
»Was ist los, Vlad?«
»Wenn wir uns beeilen, dann könnten wir ihn vielleicht noch erwischen, bevor sie ihn nicht wiederbelebbar machen.«
Der Nachhall der Worte in meinem Kopf war noch nicht verklungen, da stand sie auch schon neben mir, mit Wegfinder bereit in ihrer Hand. Hinter mir hörte ich ein Keuchen, da fiel mir Uliron wieder ein.
»Halt hier die Stellung«, sagte ich zu ihm, »und bete.«
Ich steckte den Dolch weg; ich wollte beide Hände frei haben. Wenn ich nicht weiß, was mir bevorsteht, halte ich Hände für wesentlich passender als jede Art von Waffe. Es drängte mich, Bannbrecher auszuwickeln, damit
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