Jhereg
Stock, was zwei Vorzüge hat: es war immer hell, und es gab eine große Küche. Die Wohnung eines Jhereg unterscheidet sich durch ein Merkmal von allen anderen: das Fehlen von Zaubersprüchen, die Einbrüche verhindern oder melden. Wieso? Ganz einfach. Kein gewöhnlicher Dieb würde die Wohnung eines Mitglieds der Organisation plündern, höchstens aus Versehen. Wenn solch ein Versehen doch vorkäme, kriegte ich alles innerhalb von zwei Tagen zurück, garantiert. Zwar könnte es sein, daß Kragar dafür ein paar Knochen brechen müßte, aber so würde es kommen. Davon abgesehen gab es nur eine Art von Einbrechern, die in Frage käme, nämlich so jemand wie Kiera; jemand, der den speziellen Auftrag hätte, etwas aus meiner Wohnung zu besorgen. Falls das passieren sollte, gäbe es ohnehin keine Möglichkeit der Abwehr, die sie auch nur ein Tecklaquieken scheren würde. Kiera abhalten? Ha!
Also saßen wir behaglich und sicher in unserer schönen Küche, und ich sagte: »Weißt du, was das Problem ist?«
»Was?«
»Jedesmal, wenn ich mir was überlegen will, wie ich das Ganze zu Ende bringen könnte, fallt mir nur ein, was passiert, wenn ich es nicht schaffe.«
Sie nickte. »Ich kann immer noch nicht glauben, daß der Demon hingehen und bewußt und absichtlich einen neuen Krieg zwischen Dragon und Jhereg anfangen wollte.«
Ich schüttelte den Kopf. »Aber welche Wahl hat er sonst?«
»Na, wenn du in seiner Lage wärst, würdest du es tun?«
»Das ist es ja gerade«, meinte ich. »Ich glaube, ja. Klar, die würden uns zum Frühstück verspeisen und wieder ausspucken, aber wenn Mellar davonkommt, dann bedeutet das den schleichenden Tod für die gesamte Organisation. Wenn jeder Penner auf der Straße glaubt, er könnte den Rat abzocken, dann wird es irgendwann auch einer schaffen. Und dann werden es noch mehr probieren, und alles wird nur noch schlimmer.«
Da ging mir auf, daß ich alles nachplapperte, was der Demon mir erzählt hatte. Aber was machte das schon? Es stimmte doch. Könnte ich Mellar doch nur irgendwie loswerden, ohne einen Krieg – aber natürlich gab es einen Weg. Der Demon hatte ihn selbst gefunden.
Klar, einfach Morrolan umlegen, hatte er sich gedacht. Deshalb hatte er mir damals in der Blauen Flamme die Möglichkeit gegeben, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er war schon ein ehrenwerter Typ, das ließ sich nicht leugnen.
Ich fragte mich, was wohl sein nächster Zug sein würde. Er könnte noch einen Anschlag auf mich versuchen oder auf Morrolan, oder er ließ den Kleinkram sein und machte sich direkt an Mellar. Wahrscheinlich würde er es bei Mellar versuchen, weil die Zeit langsam knapp wurde, jetzt, wo die Leute schon zu reden anfingen. Wie lange noch konnten wir die Sache unter dem Teppich halten? Einen Tag? Zwei, mit ein bißchen Glück? Da fiel mir auf, daß Cawti etwas sagte.
»Du hast recht. Er muß ausgeschaltet werden.«
»Und ich komme nicht an ihn ran, solange er im Schwarzen Schloß ist.«
»Und die Jhereg werden nicht warten, bis er es verlassen hat.«
Jetzt nicht mehr, nein. Wie würde der Angriff dieses Mal aussehen? Egal, innerhalb eines Tages konnten sie nichts auf die Beine stellen, und Morrolan hatte seine Sicherheitssysteme noch einmal verstärkt. Es würde bis morgen warten müssen. Das mußte es einfach. Heute war ich zu nichts mehr zu gebrauchen.
»Wie du gesagt hast«, lachte ich, »ich hab die Wahl zwischen einem Dragon und einem Dzur.«
»Halt mal, Vlad! Wie wäre es mit einem Dzur? Könntest du nicht einen Dzurhelden dazu bringen, ihn für dich zu erledigen? Wir könnten versuchen, einen von den Jüngeren zu bekommen, der Mellars Geschichte nicht kennt, vielleicht einen Magier. Du weißt, wie leicht Dzurhelden zu manipulieren sind.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht gut, Liebste«, sagte ich und dachte an Morrolans Rede von vorhin. »Abgesehen von der Möglichkeit, daß Morrolan dahinterkommt, bin ich einfach nicht bereit, ihm das anzutun.«
»Aber wenn er nie dahinterkommt –«
»Nein. Ich wüßte, daß sein Eid durch mich gebrochen worden wäre. Denk dran, Mellar ist nicht bloß im Hause irgendeines Dragonlords, was schon schlimm genug wäre; Morrolan hat noch einmal unmißverständlich daraufhingewiesen, daß das Schwarze Schloß ihm als Zufluchtsstätte für alle und jeden, den er einlädt, dienen soll. Das bedeutet ihm zu viel, als daß ich es leichtfertig aufs Spiel setzen könnte.«
»Herrje, sind wir heute aber ehrenhaft.«
»Schnauze, Loiosh. Iß
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