Jhereg
nagende Gefühl nicht abschütteln, das ich bei der Unterhaltung mit Morrolan bekommen hatte. Ich versuchte, mich an den Teil unseres Gesprächs zu erinnern, der es ausgelöst hatte. Irgendwas mit Leibwächter.
»Cawti«, rief ich.
Ihre Stimme kam aus der Küche: »Ja, Schatz?«
»Hast du gewußt, daß Mellar ein paar Leibwächter hat?«
»Nö, aber das überrascht mich nicht.«
»Mich auch nicht. Die müssen ziemlich gut sein, weil sie mich beobachtet haben, als ich mit Mellar sprach, ohne daß ich sie bemerkt habe.«
»Hast du sie Mellar gegenüber erwähnt?«
»Ja. Er schien ein bißchen überrascht.«
»Kann ich mir vorstellen. Du weißt ja, daß du sie abmurksen kannst, oder? Da sie sich offenbar eingeschlichen haben, sind es keine Gäste.«
»Stimmt«, pflichtete ich ihr bei. »Das zeigt auch, wie gut sie sind. Wenn unsere Schutzvorrichtungen nur halb so gut sind, wie ich glaube, dann schafft es kein Amateur, sich einfach so ins Schloß einzuschleichen. Natürlich waren die Wachen damals noch nicht verstärkt, aber trotzdem …«
Cawti war mit dem Aufräumen fertig und setzte sich neben mich. Ich legte meinen Kopf auf ihre Schulter. Da zog sie sich ein bißchen zurück und klopfte mit der Hand auf ihren Schoß. Ausgestreckt legte ich mich hin. Loiosh flog zu uns herüber, setzte sich auf meine Schulter und stupste mich mit dem Kopf an.
Irgendwas an diesen Leibwächtern kam mir immer noch seltsam vor. Ich wußte aber nicht genau was, und das war unglaublich frustrierend. Tatsächlich war an der ganzen Sache etwas faul, das ich nicht genau deuten konnte.
»Glaubst du«, fragte Cawti etwas später, »du könntest einen der Leibwächter bestechen?«
»Was glaubst du?« gab ich zurück. »Wenn du aus einer ganzen Organisation wählen kannst, meinst du nicht, du könntest dort zwei Leute ausfindig machen, denen du völlig vertrauen kannst? Vor allem, wenn du neun Millionen in Gold übrig hast, um sie zu bezahlen?«
»Du hast wohl recht«, gab sie zu. »Aber wir können auch andere Arten von Druck anwenden.«
»In zwei Tagen, Cawti? Das glaube ich nicht.«
Sie nickte und strich mir sanft über die Stirn. »Und«, sagte sie, »selbst wenn wir es könnten, glaube ich kaum, daß es wirklich etwas bringen würde. Wenn wir ihn sowieso nicht erledigen können, hat es keinen Sinn, einen der Leibwächter zu überreden, im richtigen Moment einen Schritt zurück zu machen.«
Kling! Ich hatte es! Nicht viel vielleicht, aber plötzlich wußte ich, was mich gestört hatte. Ruckartig setzte ich mich auf und erschreckte Loiosh, der mich beleidigt anfauchte.
Ich lehnte mich zu Cawti rüber und küßte sie lange und leidenschaftlich.
»Womit habe ich das denn verdient?« fragte sie ein bißchen außer Atem. »Nicht, daß es mich gestört hätte.«
Ich griff ihre Hände, sah ihr tief in die Augen und konzentrierte mich, damit sie an meinen Gedanken teilhaben konnte. Zuerst war sie ein bißchen erschrocken, aber sie gewöhnte sich schnell daran. Ich erinnerte mich an den Moment, wo ich im Eingang gestanden hatte, dann hindurchgelaufen war; dann der Anblick des toten Mörders mit dem Morgantidolch in der Hand. Den ganzen Vorgang ließ ich noch einmal ablaufen, erinnerte mich an Gesichtsausdrücke, Ansichten des Raumes und andere Dinge, die nur einem Mörder aufgefallen sein konnten – und dazu noch Dinge, die einem Mörder aufgefallen wären, wenn es sie gegeben hätte.
»He, Boß, willst du nicht noch mal den Teil zeigen, wo ich den Kerl erwische?«
»Schnauze, Loiosh.«
Cawti nickte und teilte die Erfahrung mit mir. Dann erreichten wir die Stelle, wo Morrolan mir den Dolch übergab, und ich klinkte uns wieder aus.
»So«, sagte ich, »fällt dir irgendwas auf?«
Sie überlegte. »Tja, Mellar machte einen ziemlich ruhigen Eindruck für jemanden, der beinahe getötet worden wäre, noch dazu mit einem Morgantidolch. Aber sonst …«
Ich wedelte mit der Hand. »Wahrscheinlich hat er überhaupt nicht gemerkt, daß es ein Morganti war. Ja, das war seltsam, aber das meinte ich nicht.«
»Dann weiß ich nicht, worauf du anspielst.«
»Ich meine das seltsame Verhalten der Leibwächter bei dem Mordversuch.«
»Aber da haben die Leibwächter doch gar nichts getan.«
»Das ist ja das seltsame Verhalten.«
Langsam nickte sie.
Ich redete weiter. »Wäre die Wache der Dragon nur ein bißchen langsamer gewesen, Mellar wäre niedergemetzelt worden. Das paßt nicht mit unserer Einschätzung zusammen, daß sie kompetent
Weitere Kostenlose Bücher