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Jillian Hunter

Jillian Hunter

Titel: Jillian Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viel Lärm um Stratfield
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..."
    „Vor Langeweile zu sterben, nachdem all meine geistigen Fähigkeiten aus Mangel an Betätigung verdorrt sind", been- dete Chloe den Satz mit einem gutmütigen Seufzer. „Nun, allem Anschein nach geht der Plan auf. Gestern habe ich mich selbst dabei ertappt, wie ich mit den Enten im Teich geredet habe. Meine einzige Hoffnung auf Rettung besteht darin, selbst tot im Bett aufgefunden zu werden, nachdem ich - wenn ich wenigstens etwas Glück habe - von dem Geist von Stratfield geschändet wurde."
    Ihre Tante stöhnte bekümmert. Onkel Humphrey tätschelte geistesabwesend ihre Hand, während er so tat, als werfe er Chloe einen missbilligenden Blick zu. In Wirklichkeit bewun- derte er ihre freimütigen Meinungsäußerungen und genoss ihre Gesellschaft außerordentlich, wie er Chloe gegenüber unter vier Augen zugegeben hatte. Er behauptete, dass sie wahre Wunder dabei gewirkt hatte, seine Tochter Pamela aus ihrem einsamen Schneckenhaus zu locken. Er wusste die Un- berechenbarkeit, die Chloe in das Haus gebracht hatte, zu schätzen, oder zumindest sagte er das. Und Chloe lachte so-

gar über seine Witze, Gott schütze sie. Ihr lieber Onkel war ihr ein treuer Verbündeter.
    „Vielleicht solltest du zu Bett gehen, Chloe", sagte Tante Gwendolyn mit zittriger Stimme. „Delia kann dir eine Tasse heiße Schokolade bringen, wenn du möchtest."
    Chloe ging mit der Haltung der Heldin einer griechischen Tragödie auf die Treppe zu. „Ich nehme nicht an, dass ich stattdessen eine Tasse Sherry bekommen könnte?"
    Pamela folgte ihr hinkend. „Ich sterbe vor Neugier darauf, noch einen Blick in die beiden Reisetruhen werfen zu können, die heute für dich angekommen sind. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Seide und Spitze auf einmal gesehen", flüsterte sie aufgeregt.
    „Oh." Chloe hielt inne und blickte die Treppe hoch. „Ver- mutlich werde ich das alles in Chistlebury nicht brauchen, aber ich bin froh, dass meine Unterwäsche wenigstens dir etwas Freude verschafft. Mit meinen Unterhosen und eurem Geist sollte das ein Jahr voller Skandale für euer Dorf wer- den."
    In einvernehmlichem Schweigen gingen sie die knarrende alte Eichentreppe hinauf, bis Pamela, anscheinend durch den Einfluss ihrer Cousine zu verkommenen Gedanken inspiriert, das Wort ergriff. „Ich schätze, dass jede Menge Frauen dafür beten, dass dieser Geist bei ihnen spukt. Dass er sie heute Nacht heimsucht, um sich mit ihnen sein jenseitiges Vergnü- gen zu machen."
    „Sein jenseitiges Vergnügen?" Chloe lachte herzlich darü- ber und ging den schmalen Gang entlang zu ihrem Zimmer. „Himmel, was für ein Gedanke."
    Was Chloe anging, so glaubte sie nicht an Geister. Zumin- dest hatte sie das bis letzte Woche nicht getan, als sie aus ih- rem Schlafzimmer geblickt und eine einsame männliche Ge- stalt gesehen hatte, die mitten in der Nacht am Rande des verlassenen Anwesens von Stratfield stand.
    War es Stratfields ruheloser Geist gewesen oder sein mensch- licher Cousin, der das Anwesen geerbt hatte? Seltsamerweise hatte die Erscheinung bei ihr eher ein Gefühl der Traurigkeit verursacht als Angst. Dieser Geist hatte eine melancholische Ausstrahlung, wenn er denn wirklich ein Geist war. Zu dem

Zeitpunkt war der Viscount gerade etwas über zwei Wochen tot gewesen. Während ihrer ersten Tage in Sussex war Chloe dem Mann aus Fleisch und Blut ein einziges Mal begegnet, diese Erfahrung hätte man durchaus als beunruhigend be- zeichnen können.
    Sie war auf dem Heimweg vom Apotheker, wo sie eine Be- sorgung für ihre Tante gemacht hatte, in einen starken Regen- schauer geraten. Der Lakai, der sie begleitet hatte, war nach Hause gerannt, um einen Regenschirm zu holen.
    Stratfield war auf seinem Hengst über das Feld galoppiert wie Sir Galahad auf dem Weg in eine Schlacht. Obwohl sie in einer Familie voller Männer aufgewachsen war, die alle aus- gezeichnete Sportler waren, und obwohl sie selbst eine her- vorragende Reiterin war, hatte sein Anblick Chloe doch so beeindruckt, dass sie bis zu den Knöcheln in eine schlammige Pfütze gestiegen war, um diese männliche Erscheinung besser sehen zu können. Unglücklicherweise schien sie ihn nicht an- nähernd so stark zu beeindrucken.
    Bevor sie auch nur ihren Mantel hatte ausschütteln können, hatte er sein Pferd schon herumgerissen, um sie mit offenkun- diger Missbilligung in seinen kalten eisengrauen Augen zu umkreisen. Chloe fand keine Worte, was für sie äußerst unge- wöhnlich war. Allem Anschein nach

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