Jim Knopf und die Wilde 13
anerkennend, „wirklich ein Jammer, daß es nicht mehr hergestellt wird.“
Dann zündeten sie die halbe Kerze an,
die sie mitgebracht hatten, klebten sie auf dem Boden fest und hoben die
Glaswalze aus ihrem Lager. Im gleichen Augenblick erlosch das Licht. Diesmal
blieb es völlig still, keinerlei Getöse war zu hören. Die Höhle war wieder in
Finsternis getaucht. Nur das winzige Kerzenflämmchen verbreitete einen
schwachen Schein.
„So“, brummte Lukas, „komm, Jim, gehen
wir wieder nach oben.“
„Gleich“, antwortete Jim, der mit der
Kerze in der Hand ein paar Schritte an der Wurzel der anderen Klippe
entlangging.
Lukas folgte ihm. „Suchst du was?“
erkundigte er sich.
„Nein“, entgegnete Jim, „ich möcht’
bloß nachschauen, ob das Eisen auf dieser Seite anders is’, weil es doch die
Nachtkraft hat.“ Es sah jedoch ganz genauso aus.
Aber Jim war noch nicht so recht
überzeugt. Irgendein Unterschied mußte sich doch finden lassen. Vielleicht,
wenn man es gründlicher untersuchte — aber dazu war jetzt das Licht zu schwach
und außerdem auch gar keine Zeit.
„Meinst du, Lukas“, fragte er, „ich
darf mir ein Stück mitnehmen?“
„Ich habe nichts dagegen“, antwortete
Lukas schmunzelnd.
Jim hob einen Brocken auf, der fast die
Größe seines Kopfes hatte. Es war das kleinste Stück, das da war.
Lukas nahm die Kerze und sie traten den
Rückweg an. Sie schritten durch den gewundenen Gang, der jetzt wieder finster
war. Nach kurzem erreichten sie den Schacht mit der Wendeltreppe. Schweigend
stiegen sie die unzähligen Stufen aufwärts. Als Jim unter seiner Last immer
mehr zu schnaufen anfing, nahm Lukas Jims Eisenbrocken unter den Arm, und Jim
trug das Licht.
Schließlich waren sie aus dem
fünfeckigen Loch ans Licht gestiegen; da gab Lukas Jim das Stück Eisenwurzel
zurück, um sich endlich seine Stiefel wieder anzuziehen.
„So“, sagte er befriedigt, als das
geschehen war, und ging zur Probe ein paar Schritte auf und ab, „jetzt bewegen
sie sich wieder famos.“ Jim hatte sich ein wenig abseits gesetzt und
untersuchte das Eisenstück, das auf seinem Schoß lag. Mit einem Hammer aus dem
Werkzeugkasten klopfte er daran herum, aber er vermochte nichts Besonderes zu
entdecken. Schließlich griff er nach einem etwa ebenso großen Brocken, der in
der Nähe lag, um ihn mit dem mitgebrachten zu vergleichen. Dabei geschah es,
daß der eiserne Kopf des Hammers so zwischen die zwei Brocken geriet, daß er
sie beide gleichzeitig berührte!
Im selben Augenblick fühlte Lukas, der
gerade das Werkzeug und die Taschenlampe in den Kasten zurückgelegt und diesen
verschlossen hatte, wie ihm die Füße von einer unerklärlichen Kraft unter dem
Körper weggezogen wurden. Auch der Werkzeugkasten, den er noch in der Hand
hielt, strebte mit aller Macht zu Jim hin, ebenso der Gürtel des Jungen, der
auf dem Boden gelegen hatte. Gleich einer Schlange sauste er, mit der Schnalle
voran, auf seinen Besitzer zu. Lukas rutschte, auf dem Boden sitzend und von
seinen genagelten Schuhsohlen und dem Kasten in seiner Hand gezogen,
hinterdrein. Aber zwischen den beiden Freunden lag das fünfeckige Einstiegsloch!
Lukas glitt unaufhaltsam darauf zu, doch ehe er noch irgend etwas rufen konnte,
war er schon darüber hinweggeschwebt und prallte ziemlich unsanft auf Jim.
„Au!“ sagte der junge Forscher
erschrocken. „Warum trittst du mich denn?“
Zum Glück war durch den Anprall der
Hammer zwischen den beiden Brocken herausgeglitten, so daß sie nun wieder ohne
Verbindung waren. Sofort hörte die Magnetkraft auf.
„Tut mir leid, alter Junge“, sagte
Lukas noch ziemlich verdutzt, „ich habe dich nicht getreten. Es hat mir
plötzlich die Füße unter dem Leib weggerissen.“
Er stand auf und rieb sich sein
schmerzendes Hinterteil.
„Was hast du denn da ausprobiert?“
erkundigte er sich.
„Ich hab bloß den Hammer zwischen die
beiden Stücke gehalten“, erklärte Jim, „schau her, so!“ Und er hielt den Hammer
wie vorher zwischen die beiden Eisenbrocken.
Sofort wurden Lukas’ Füße wieder nach
vorne gerissen, so daß die genagelten Sohlen an den beiden Eisenstücken in Jims
Schoß klebten. Genauso verhielten sich der Werkzeugkasten und Jims Gürtel.
„Verflixt!“ ächzte Lukas am Boden.
Als Jim sah, was er angerichtet hatte,
zog er natürlich sofort den Hammer weg und stammelte: „Oh, entschuldige bitte,
Lukas, ich... ich hab nicht gewußt...“
„Schon gut“, brummte Lukas und richtete
sich
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