Jim Knopf und die Wilde 13
Lummerland!“
„Ist das wahr?“ fragte Sursulapitschi
und klatschte in die Hände. „Ihr seid hier zu Hause! Das wußten wir nicht, als
wir euch hierher brachten.“
Lukas richtete sich ein wenig
schwerfällig auf und blickte sich verwirrt um.
Als er seine kleine Bahnstation sah und
das Haus von Herrn Ärmel und den Kaufladen von Frau Waas und den Berg mit den
beiden ungleichen Gipfeln, zwischen denen das Schloß des Königs Alfons des
Viertel-vor-Zwölften stand, da schob er seine Mütze ins Genick und blickte Jim
mit vielsagendem Nicken an. „Donnerwetter, alter Junge“, brummte er, „ich habe
allmählich den Eindruck, daß wir zwei ganz verflixte Glückspilze sind.“
„Ich glaub’ auch“, bestätigte Jim mit
einem Seufzer, der aus tiefster Seele kam.
„Ich kann es noch gar nicht glauben“,
wandte Lukas sich jetzt an die Seejungfrau, „eine so lange Fahrt konnten wir
doch eigentlich gar nicht überleben in unserer Kajüte.“
„Das hättet ihr auch nicht“, antwortete
Sursulapitschi stolz, „wenn Uschaurischuum nicht dabeigewesen wäre. Er kennt
viele Geheimnisse, und er ist auch ein großer Heilkundiger. Als wir endlich
hier ankamen und er die Türen eurer Kokolomive aufgebrochen hatte, da wart ihr
wie tot. Er zog euch heraus und bettete euch auf den Sand. Als er noch ein
Tröpfchen Leben in euch fand, gab er jedem aus einem Fläschchen, das er immer
bei sich hat, eine geheimnisvolle Medizin. Und dann habt ihr wieder zu atmen
angefangen.“
„Wo ist dieser wunderbare Schildnöck“,
rief Lukas, „daß man ihm seine hilfreiche Hand schütteln kann?“
„Er ist fortgeschwommen“, erklärte die
Seejungfrau, „als er sah, daß ihr gerettet wart. Er wollte sofort wieder zu
Nepomuk zurück, um mit ihm die Aufgabe meines Papas zu lösen. Er läßt euch
schön grüßen und euch tausendmal danken für eure Hilfe. Ohne euch, sagte er,
hätte er wohl niemals mit einem Feuerwesen Freundschaft schließen können.“
„Naja“, brummte Lukas, „das hat sich
eigentlich alles ganz von allein so schön ergeben. Aber sagen Sie bitte Ihrem
Verlobten, daß wir nie vergessen werden, was er für uns getan hat. Und wenn ihr
beiden heiratet, dann besucht uns mal.“
„Das werden wir ganz gewiß“, erwiderte
die Meerprinzessin und wurde dunkelgrün vor Freude. „Ach ja, und daß ich es
nicht vergesse: Mein Papa, der Meerkönig Lormoral, hat gesagt, ihr sollt euch
etwas von ihm wünschen.“
„Molly“, sagte Jim schnell. „Vielleicht
kann er sie suchen lassen und mir wieder zurückbringen.“
„Ich werde es ihm sagen“, antwortete
Sursulapitschi, „und nun lebt wohl, ich will Uschaurischuum rasch
nachschwimmen. Ihr versteht hoffentlich, wir haben uns so lange nicht
gesehen...“
„Schon recht“, sagte Lukas und legte
grüßend zwei Finger an den Schirm seiner Mütze, „grüßen Sie alle recht schön,
und auf Wiedersehen!“
„Auf Wiedersehen!“ rief auch Jim.
Und dann war die kleine Meerprinzessin
verschwunden.
Nun wachte auch Herr Tur Tur auf und
blickte mit großen, erstaunten Augen umher. Die beiden Freunde erklärten ihm,
wo sie waren, und der Scheinriese konnte sich kaum fassen vor Entzücken über
die hübsche kleine Insel, die im rosigen Morgenlicht dalag, und auf der er von
nun an den Beruf des Leuchtturms ausüben durfte. Lukas und Jim schoben zuerst
die dicke Emma an Land und stellten sie unter das Dach der kleinen Bahnstation
auf ihre alten Gleise. Dann lief Jim in das Haus mit dem kleinen Kaufladen und
spornstreichs ans Bett von Frau Waas und umarmte sie. Und dann weckte er auch
Li Si, und nun platzte das kleine Haus fast aus seinen Fugen von der glücklichen
Begrüßung, die in seinem Inneren vor sich ging.
Lukas hatte inzwischen Herrn Ärmel
geweckt und mit dem Scheinriesen bekannt gemacht, und nun standen sie alle drei
oben vor dem Schloß des Königs und trommelten Seine Majestät aus den Federn.
Als Alfons der Viertel-vor-Zwölfte
endlich aus der Tür trat, rief Lukas: „Hier, Majestät, stelle ich Ihnen Herrn
Tur Tur, unseren zukünftigen Leuchtturm, vor.“
Es dauerte eine ganze Weile, bis König
Alfons glaubte, daß Herr Tur Tur wirklich ein Scheinriese war, denn von nahem
gesehen war er ja, wie schon gesagt, sogar noch einen halben Kopf kleiner als
Lukas der Lokomotivführer. Und es war leider unmöglich, Seiner Majestät die
Wahrheit der Sache augenscheinlich zu beweisen, weil man auf Lummerland einfach
nicht weit genug von Herrn Tur Tur weggehen konnte.
Weitere Kostenlose Bücher