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Jim Knopf und die Wilde 13

Jim Knopf und die Wilde 13

Titel: Jim Knopf und die Wilde 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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eingezogen.
    Schweigend stand die Menschenmenge auf
dem Kai, mitten unter ihr der Kaiser. Alle sahen mit bangem Herzen zu, wie das
Schiff sich langsam entfernte.

    Lukas und Jim waren auf die
Kommandobrücke geklettert zu ihrem alten Freund, dem Kapitän, dessen Gesicht
von Wind und Wetter so gegerbt war, daß es aussah wie ein alter Lederhandschuh.
„Wo soll’s denn nun eigentlich hingehen, Kameraden?“ erkundigte sich der
Kapitän, nachdem sie sich begrüßt hatten. „Damit ich meinem Steuermann Befehle
erteilen kann.“
    „Das wissen wir leider selbst nicht“,
antwortete Lukas und stieß eine große Rauchwolke aus, „der ,Goldene Drache der
Weisheit’ hat gesagt, wir müßten das Schiff einfach treiben lassen. Der Wind
und die Strömung würden es schon an die richtige Stelle führen. Tja, das hat er
gesagt.“
    Der Kapitän musterte die beiden Freunde
verblüfft.
    „Das habt ihr wohl geträumt“, knurrte
er, „oder ihr wollt mich diesmal doch verkohlen. Die Geschichte mit der
schwimmenden Insel damals mag ja noch hingehen, aber das hier geht mir doch
über die Hutschnur.“
    „Nein“, versicherte Jim, „es is’
wirklich so. Der Drache hat sogar gesagt, wenn wir nur ein einziges Mal selbst
steuern, dann fahren wir verkehrt.“
    „Da soll mich doch gleich ein gekochter
Hummer kitzeln“, grollte der Kapitän, Junge, da lachen sogar die Ölsardinen!
Ich bin ja von euch beiden schon einiges gewöhnt, aber so einen verrückten Kurs
ist noch nie ein Seemann gefahren. Na, ihr müßt ja wissen, was ihr wollt.“
    Dem Steuermann wurde also der strikte
Befehl gegeben, das Rad nicht zu berühren und das Schiff treiben zu lassen. Mit
ziemlich bedenklichem Gesicht stand der Mann da und sah zu, wie das Rad sich
von selbst hin- und herdrehte, wenn die Wellen das Steuerruder bewegten.
    In einem seltsamen, scheinbar ziellosen
Zickzack-Kurs segelte das Schiff auf das hohe Meer hinaus. Die Matrosen standen
untätig an die Reling gelehnt und warteten. Eine leichte, kaum spürbare Brise
wehte, und die Fahrt ging nur sehr langsam voran, obwohl alle Segel gesetzt
waren. Die Sonne brütete auf dem Verdeck.
    So verging der Tag.
    Als die Nacht hereinbrach, legten Jim
und Lukas sich ein wenig in ihrer Kajüte nieder, aber die Hitze war
unerträglich. Unruhig warfen sie sich hin und her und konnten keinen rechten
Schlaf finden. Um Mitternacht kam ein frischer Wind auf und trieb das Schiff
eine Weile zu zügiger Fahrt an, aber gegen Morgen flaute er ganz und gar ab. In
vollkommener Windstille lag das Meer spiegelglatt da, keine Welle regte sich
weit und breit.
    Als Jim und Lukas noch vor Morgengrauen
wieder das Deck betraten, waren auch die meisten Leute der Besatzung schon
wieder da, standen schweigend und wartend an der Reling und spuckten ab und zu
in die trägen Fluten.
    Die allgemeine Spannung wuchs von
Minute zu Minute.
    Der einzige, der auf diesem Schiff tief
und seelenruhig schlief, war der winzige Oberbonze. Die Aufregungen der letzten
Tage hatten ihn so erschöpft, daß er sich nach der Abfahrt des Schiffes spornstreichs
in die Schiffsküche, die sogenannte Kombüse, begeben und eine winzige
Schnullerflasche voll Eidechsenmilch ausgetrunken hatte. Das war, wie man sich
erinnern wird, nach seiner Ansicht die zuträglichste Nahrung für Kindeskinder
in seinem zarten Alter. Von plötzlicher Müdigkeit übermannt, hatte er sich ein
kühles Plätzchen zum Schlafen gesucht und sich dazu eine kleine Holzbütte
erwählt. Um es schön dunkel und still zu haben, hatte er sein seidenes,
geblümtes Sonnenschirmchen aufgespannt und über die Öffnung gehängt. Nun
schlief er tief und friedlich, und sein leises Schnarchen klang aus dem Inneren
des Holzgefäßes wie das Summen einer eingeschlossenen Fliege.
    Und Li Si? Die kleine Prinzessin hatte
eine schreckliche Nacht hinter sich. Ihr ganzer Mut war ihr inzwischen abhanden
gekommen. Sie saß hinter den Säcken in ihrem Versteck und fürchtete sich
beinahe zu Tode. Daß es die ganze Zeit über so still auf dem Schiff war, machte
ihre Angst nur noch größer, denn sie meinte schließlich, daß sie ganz mutterseelenallein
an Bord wäre und über den Ozean dahintriebe, den dreizehn Seeräubern entgegen.
    Eben dämmerte das erste Morgengrauen am
östlichen Horizont, als plötzlich ein Windstoß über das Meer herankam und die
Oberfläche des Wassers silbrig kräuselte. Er wehte von Süden. Im gleichen
Moment rief der Matrose, der oben im Mastkorb Ausschau hielt:
    „Schiiiiiff in

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