Jim Knopf und die Wilde 13
auf den Rücken des
blauen Hirsches, klopfte ihm auf den Hals und murmelte düster:
„Was die sich einbildet... Prinzessin
Siebengescheit!“
Aber dabei war er traurig, denn er
hatte Li Si in Wirklichkeit sehr lieb und haßte es, mit ihr zu streiten.
Die Prinzessin rannte schnurstracks zu
ihrem Vater, der zusammen mit Lukas auf der Terrasse seines Palastes in der
Abenddämmerung saß.
„Was gibt es denn, Li Si“, erkundigte
sich der Kaiser, als er sie herankommen sah, „du siehst ja so betrübt aus?“
Jim hat gesagt, daß ich nicht mitfahren
darf, weil es nichts für mich ist. Und ich will aber.“
„Da hat Jim ganz recht gehabt“,
antwortete der Kaiser lächelnd, „es ist wirklich besser, du bleibst hier bei
mir.“ Und er strich seiner Tochter begütigend über die Haare.
„Ich will aber mitfahren!“
„Hör mal zu, kleines Fräulein“, sagte
Lukas freundlich, „du kommst ein andermal mit uns. Diesmal geht es wirklich nicht.
Für kleine zarte Mädchen ist ein Kampf mit Seeräubern bestimmt nicht das
Geeignete.“
„Ich fahre aber doch mit“, gab Li Si
trotzig zurück.
„Solche Abenteuer“, meinte Lukas
bedächtig, „hören sich ganz unterhaltsam an, wenn man sie erzählt bekommt. Aber
wenn man sie erlebt, dann ist es oft gar nicht so besonders lustig, das weißt
du doch aus eigener Erfahrung.“
„Und ich fahre trotzdem mit“, murmelte
Li Si.
„Nein“, sagte Lukas ernst, „niemand von
uns kann sich um dich kümmern. Diesmal geht es wirklich nicht.“
„Ich will aber doch“, sagte Li Si.
„Ich verbiete es dir“, antwortete der
Kaiser streng. „Wir wollen nicht weiter darüber reden.“
Die kleine Prinzessin trollte sich. Sie
ging in ihr Zimmer und legte sich ins Bett. Aber ihr Widerspruchsgeist ließ ihr
keine Ruhe. Schlaflos warf sie sich hin und her und dachte nach.
Und mitten in der Nacht, als alle ihre
Kammerfrauen in den Vorzimmern schon fest schliefen und alle Lichter im
kaiserlichen Palast erloschen waren, stand sie auf, zog sich leise an und
schlich — da die große Ebenholzpforte verschlossen war — durch den
Küchenausgang hinaus, den Ping Pong ihr früher gezeigt hatte.
Auf den Straßen war es dunkel und
menschenleer.
Die kleine Prinzessin lief zum Hafen,
und als der wachhabende Matrose gerade einmal auf die andere Seite des Verdecks
hinüberging und sie nicht sehen konnte — stahl sie sich auf das bemalte
Staatsschiff und versteckte sich im Proviantraum hinter ein paar Säcken. „Jim
wird Augen machen“, dachte sie noch, während sie sich bequem zurechtlegte, „ich
fahre doch mit.“ Und mit einem stolzen Lächeln auf den Lippen schlief sie ein.
ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
in dem die große Seeschlacht mit der „Wilden 13“
stattfindet
Als die beiden Freunde am nächsten
Morgen mit dem Kaiser zusammen das Frühstück entnahmen, wunderten sie sich, daß
Li Si nicht kam, um ihnen Lebewohl zu sagen. Der Kaiser ließ sein Töchterchen
rufen, aber es kamen nur die Kammerfrauen und teilten ziemlich aufgeregt mit,
das Kind müsse sich wohl versteckt haben, es sei nirgends zu finden.
„Wahrscheinlich“, meinte Jim betrübt, „is’
sie noch bös wegen gestern und will mir nicht auf Wiedersehen sagen.“
„Das finde ich wirklich nicht nett von
ihr“, sagte der Kaiser ernst, „ein so unfreundliches Verhalten kann ich nur
tadeln.“
„Naja, kleine Prinzessinnen sind eben
kleine Prinzessinnen“, brummte Lukas. „Richten Sie ihr doch jedenfalls schöne
Grüße von uns aus, und wir würden, sobald wir alles hinter uns haben, ganz
bestimmt mit ihr eine schöne Fahrt ins Blaue machen, extra für sie. Dann wird
sie sich schon trösten.“
Da keine Zeit mehr zu verlieren war,
konnten sich die beiden Freunde nicht weiter mit der Suche nach Li Si
aufhalten. Der Kaiser begleitete sie zum Hafen, umarmte sie beide und sprach:
„Möge der Himmel euch beschützen und
möge euer Glück, das euch bis jetzt immer beigestanden hat, euch auch bei
diesem größten Wagnis nicht im Stich lassen. Für mich und mein Volk wird von
nun an die Sonne nicht mehr scheinen, kein frohes Lachen und keine Musik wird
mehr in meinem Reich ertönen, bis zu der Stunde, da ihr gesund und wohlbehalten
zurückkehrt.“
Er ahnte nicht, wie recht er mit diesen
Worten haben sollte!
Die beiden Freunde stiegen auf das
Schiff, wo Ping Pong sie bereits erwartete. Der Augenblick der Abfahrt war
gekommen, der Anker wurde gelichtet und der Landesteg
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