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Jim Knopf und die Wilde 13

Jim Knopf und die Wilde 13

Titel: Jim Knopf und die Wilde 13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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nur nicht böse machen, sonst erleben sie was.“
    Aber die Piraten hatten sich inzwischen
etwas Neues ausgedacht. Sie ließen das Staatsschiff überhaupt nicht mehr so
nahe an sich herankommen, daß man schießen konnte. Manchmal entfernten sie sich
bis zum Horizont, so daß sie kaum noch zu sehen waren. Aber dann hielten sie
plötzlich wieder an, als ob sie nicht weiterkönnten, bis das Staatsschiff ihnen
wieder nachgekommen war. Warum taten sie das? Warum segelten sie nicht einfach
davon? „Ich weiß nicht“, brummte Lukas und schob seine Mütze ins Genick, „die
Geschichte ist mir nicht recht geheuer. Ich habe das unangenehme Gefühl, daß
sie uns in eine Falle locken wollen.“ Und damit sollte er nur allzu recht
behalten.
    Nachdem sie das Piratenschiff, das mit
unglaublicher Wendigkeit sein Spiel mit ihnen trieb, schon über eine Stunde
verfolgt hatten, begann sich der Himmel plötzlich mit schwarzen Wolken zu
bedecken. In Minutenschnelle verwandelte sich das Aussehen des Meeres. Ein
scharfer Wind sprang auf und pfiff in den Segeln. Die Wogen begannen sich höher
und höher zu türmen, und es wurde immer dunkler.
    „Sie locken uns in einen Taifun!“ rief
Lukas dem Kapitän zu und hielt sich seine Mütze fest.
    „Ja“, antwortete der Kapitän, „es ist
klüger, wir geben es für diesmal auf und kehren schleunigst um.“
    „Meinetwegen!“ gab Lukas zurück.
    „Beidrehen!“ befahl der Kapitän. „Wir
wenden!“
    Aber wenn sie glaubten, daß die „Wilde
13“ sie so einfach nach Hause fahren ließ, dann hatten sie sich getäuscht.
Jetzt war der Augenblick gekommen, auf den die Seeräuber gewartet hatten. Mit
toller Geschwindigkeit überholten sie das Staatsschiff und schnitten ihm den
Weg ab.
    „Wir werden’s euch zeigen, ihr Bande!“
schrie der Kapitän wütend. „Steuerbordkanonen, Salve, Feuer!“
    Wieder brüllte der Donner von zehn
Kanonen über das Meer. Und diesmal verfehlten die Kugeln nicht ihr Ziel. Aber
was war das? Anstatt einzuschlagen, prallten die Geschosse von der Wand des
Piratenschiffes ab und kamen wieder zurückgeflogen. Krachend schlugen sie auf
dem eigenen Deck ein.
    „Diese Teufel!“ knurrte Lukas. „Ihr
Schiff ist hermetisch gepanzert!“
    Durch das Sausen des Windes hörte man
das Hohengelächter der Seeräuber und ihr Lied:
     
    „...liebten
den Schnaps und das Meer und das Gold,
    ho,
ho, ho, und ein Faß voller Rum.
    Bis
einst alle dreizehn der Teufel holt,
    ho,
ho, ho, und ein Faß voller Rum.“
     
    „Er wird euch gleich holen“, knirschte
der Kapitän und kommandierte: „Feuer!“
    Alles war in Rauch gehüllt, und
abermals schlugen die zurückkehrenden Kugeln krachend auf dem eigenen Deck ein.
    „Aufhören!“ rief Lukas. „Sehen Sie denn
nicht, Kapitän, daß es nichts nützt zu schießen?“
    „Aber was sollen wir denn tun?“
brüllte der Kapitän durch das Getöse zurück.
    „Wir müssen versuchen, ihnen zu
entkommen!“ antwortete Lukas. Aber das war leichter gesagt als getan, denn nun
eröffneten die Piraten das Feuer. Eine Salve nach der anderen hagelte auf das
Deck des kaiserlichen Schiffes nieder. Die „Wilde 13“ war bald links, bald
rechts, und dabei feuerte sie unaufhörlich.
    „Ho, ho, ho, und ein Faß voller Rum“,
hörte man sie johlen.
    Der Wind, der heulend in die Segel
fuhr, fing nun an, jede Sekunde umzuspringen, kam bald von Norden, dann von
Süden, Osten und Westen. Die blauseidenen Segel hingen schon in Fetzen von den
Rahen.
    „Der Taifun!“ rief Lukas dem Kapitän
zu. „Da ist er!“
    Ja, da war er, der Taifun. Ein
hellblauer Blitz fuhr zischend vom Himmel nieder in den großen Mast des
kaiserlichen Schiffes, der sofort brannte. Ohrenbetäubend dröhnte der Donner.
Haushohe Wellen warfen sich brüllend auf das Schiff und schlugen über ihm
zusammen. Der Sturm tobte und orgelte, als ob die ganze Hölle losgelassen wäre.
Ununterbrochen zuckten grelle Blitze über den pechschwarzen Himmel, und das Donnergetöse
grollte ohne Pause.
    Bald darauf stürzte plötzlich
peitschender Regen vom Himmel nieder und schlug das ganze tobende Meer zu
Schaum, so daß es aussah wie kochende Milch. Doch das war ein Glück, wenn man
in einer solchen Lage überhaupt noch von Glück reden kann, denn die
niederstürzenden Wassermassen löschten das Feuer. Zwischen dem schwarzen Himmel
und dem weißen Meer wurden die beiden Schiffe, das blaue und das mit den
blutroten Segeln, auf und nieder geschleudert.
    Dem Piratenschiff schien der Taifun
nicht das

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