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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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tanze, desto mehr Spaß macht es mir. Dad war die ganze Zeit hundertprozentig bei der Sache, auch wenn er sich nicht wirklich wie ein Turniertänzer bewegt.Erst in den letzten Minuten beginnt seine Konzentration nachzulassen, was ihn ärgert. Gerade ärgert er sich noch über sich selbst, aber es wird nicht lange dauern, dann bin ich an allem schuld.
    »Du trittst mir auf die Zehen, Eala.«
    »Weil sie da sind, wo sie nicht hingehören«, witzle ich.
    »Sie sind ganz normal an meinen Füßen!«
    Wir tanzen weiter.
    »Links, nicht rechts!«, sagt er. »Wir drehen uns nach links !«
    »Entschuldigung, Jimmy!«
    »Marta kann’s viel besser als du«, sagt er. »Ich hab keine Lust mehr.«
    Mein Gehirn reagiert seltsam verzögert. Seine Worte sollten mich beleidigen, aber sie tun es nicht. Vielleicht liegt es an den Tabletten. Ich habe zum ersten Mal mehr als nur eine genommen. Je mehr ich davon nehme, desto mehr brauche ich, scheint mir.
    »Okay, dann hören wir auf«, sage ich. »Vielleicht versuchen wir’s später noch mal.«
    »Noch ein Tennismatch, Best of three? «, fragt er und greift nach der Wii-Konsole. Er meint nicht drei Sätze, er meint drei Spiele in voller Länge.
    »Ich treff mich gleich mit jemandem«, sage ich.
    »Dann zwei?«
    »Ich sag doch, ich bin verabredet.«
    Ich weiß nicht, warum, aber plötzlich wünsche ich mir, ich könnte ihm was über mich erzählen, zum Beispiel, dass ich einen Jungen treffe. Was eigentlich nicht normal ist, jedenfalls hab ich das letzte Mal, als ich mich mit einem Jungen getroffen habe, alles versucht, um es zu verheimlichen.Vor dem Unfall war das, und ich hab’s so perfekt gemacht, dass er und Mam natürlich merkten, was gespielt wurde. Und wie hat er mich da hochgenommen! Und wie gern würde ich mich jetzt wieder von ihm hochnehmen lassen! Wie schön wäre es, wenn alles wieder normal wäre.
    »Ich treff mich gleich mit jemandem, Jimmy.«
    »Okay, dann nur ein Spiel«, sagt er.
    »Ich treff mich …« Es hat keinen Sinn. »Okay, aber nicht so wild, Jimmy, okay?«
    »Alles paletti. Ich hab Aufschlag.«
    Dann also los. Ich versemmle jeden zweiten Schlag, weil ich es nicht zu langen Ballwechseln kommen lassen will, die ihn unnötig in Fahrt bringen, aber natürlich gefällt ihm das nicht.
    »Du strengst dich überhaupt nicht an«, beschwert er sich.
    Dann versucht er’s auf die schlaue Tour und spielt mir nur noch leichte Bälle auf die Vorhand, statt mich auf der schwachen Rückhandseite unter Druck zu setzen wie sonst. Als ich den Ball trotzdem auf die Tribüne haue und ein paarmal sogar ganz verfehle, wirft er mir erst nur finstere Blicke zu. Aber es dauert nicht lange, dann regt er sich richtig auf. Zwischen den Aufschlägen fingert er an seiner Armbanduhr, und er schlägt auch wieder härter. Zweimal taucht er sogar nach einem virtuellen Ball, obwohl er haushoch in Führung liegt.
    Beim dritten Mal stolpert er dann über die Kante des marokkanischen Bettvorlegers und kann sich nicht mehr halten. Als er aufs Bett stürzt, kracht es zusammen, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Zum Glück ist er nicht verletzt. Er schaut sich erst den Schaden an und dann mich.Dann lächelt er. Ein großes, blödes, irres Lächeln aus großen, blöden, bettelnden Augen, die sagen »Bitte verpetz mich nicht«. Von der Treppe kommen die Geräusche eines Wettrennens nach unten. Mam gewinnt das Rennen und steht als Erste in der Tür.
    »Um Himmels willen, was ist hier los?«
    Dann sieht sie Dad auf dem kaputten Bett. Ihre Hände wühlen sich durch die Haare.
    »Ich bin schuld«, sage ich.
    »Ja, Eala ist schuld«, sagt Dad.
    Mam glaubt ihm nicht, und er weiß es. Er kämpft sich aus den Trümmern des Bettes, und als er wieder auf den Füßen steht, liegt etwas Herausforderndes in seinem Blick.
    »Ich hab das Bett sowieso nicht gemocht«, sagt er. »Es ist zu schmal.«
    Dabei starrt er Mam beharrlich an. Sie versucht, seinem Blick standzuhalten, aber nach ein paar Sekunden ruckt ihr Kopf zur Seite wie bei einem Vogel. Ich weiß, was jetzt kommt, und es macht mich krank. Sean steht hinter Mam und traut sich nicht hereinzukommen. Zum Glück macht Tom sein Nachmittagsschläfchen und braucht das alles nicht mitzuerleben.
    »Ich nehm das Spiel jetzt mit«, sagt Mam. »Wir haben den Unfug satt, alle.«
    Sie will nach der Wii-Konsole greifen, aber Dad stellt sich ihr in den Weg.
    »Nein«, sagt er. »Die gehört mir.«
    Dann bückt er sich und hebt die Konsole auf.
    »Jimmy«, sagt sie, und es

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